Sechs- bis 15-Jährige aus der Ukraine machen Ausflug nach Appen. Betreuer war selbst vor Jahren zur Erholung in Norddeutschland

Appen. Fische. An Fische, die im Aquarium des Speisesaals schwammen, erinnert sich Maxim Vasilenko. Und an Windräder. „In Deutschland gibt es viele Windräder, die haben wir in der Ukraine kaum.“ Die Erinnerungen kommen hoch, als der 19-Jährige an diesem Nachmittag den Almthof in Appen besucht – mit 25 krebskranken Kindern aus der Ukraine im Alter von sechs bis 15 Jahren. Maxim Vasilenko und weitere Ukrainer betreuen sie gemeinsam mit Mitgliedern des Vereins „Teestube David – Unsere Hilfe zum Leben nach Tschernobyl“ aus Neumünster.

Maxim Vasilenko kommt an diesem Tag als gesunder junger Mann nach Appen. Vor sieben Jahren war er schon einmal in Deutschland, gemeinsam mit 24 krebskranken Kindern. Er ist in Chernigov groß geworden, 90 Kilometer von Tschernobyl entfernt, jenem Schreckensort, in dem am 26. April 1986 der Block 4 des Atomkraftwerkes explodierte. Im Jahr 2000 bekam der Junge Leukämie. Seine Mutter vermute, so erzählt er, dass verstrahlte Lebensmittel die Ursache waren.

„Ich bin wieder gesund und nehme auch keine Medikamente mehr“, sagt Maxim Vasilenko. Die Kinder und Jugendlichen, die er betreut, sollen für einen halben Tag auf dem Erlebnisbauernhof von Maren und Jürgen Pein einmal ihre Krankheit vergessen. Sie essen selbst gebackene Waffeln und trinken Früchtetee. Sie fahren, von einem Trekker gezogen, mit dem Anhänger über den Almthof. Sie streicheln Kühe und toben im Heu. Sie laufen durch ein Labyrinth im Maisfeld und essen zu Abend im Bürgerhaus. Es gibt auch Geschenke – Spielzeug, Plüschtiere, Schulsachen –, die das Deutsche Rote Kreuz in Appen unter dem Vorsitz von Walter Lorenzen gespendet hat. Rolf Heidenberger vom Verein „Appen musiziert“ stellt kleine Koffer zur Verfügung, damit die Ukrainer ihre Sachen in die Heimat transportieren können.

Auch Maxim Vasilenko war vor sieben Jahren auf einem Bauernhof in Schleswig-Holstein. „Der Tag und die vier Wochen in Norddeutschland haben mir viel Kraft gegeben“, sagt er. Kraft brauchen auch die kranken Kinder. Sie waren zur Behandlung in verschiedenen Kinderkliniken, einige ein Jahr lang. Die meisten haben Leukämie, fünf Kinder haben Tumore. Die Chemotherapie haben alle überwunden. Sieben nehmen krebshemmende Medikamente. Zwei haben starke Osteoporose.

In der Fröbelschule in Neumünster bekommen sie gesundes Essen und Ruhe, sie bewegen sich viel. „In unserer Sommerschule stärken wir den Mut der Kinder“, sagt Projektinitiatorin Eberhardine Seelig. „Sie gewöhnen sich wieder an die Schule und erleben, dass sie noch lernen können.“ Täglich gibt es Physiotherapie und Spielsport. Die Gruppe ist viel in der Natur, bastelt und singt. „Sie erkennen, dass das Leben noch viel Schönes für sie bereit hält“, sagt Seelig. „Wir hoffen, dass wir allen Kindern durch die Erholung in Schleswig-Holstein genügend körperliche, geistige und seelische Kraft für ein normales Kinderleben mitgeben können.“

Maxim Vasilenko kennt die Torturen, die eine Krebsbehandlung mit sich bringt. Er studiert mittlerweile Astronomie und eine Programmiersprache. „Ich freue mich, dass ich den kranken Kindern ein wenig von dem zurückgeben kann, was ich an Hilfe und Zuwendung bekommen habe.“