Experten warnen vor giftigem Jakobskreuzkraut. Es kann bei Pferden Leberschäden auslösen. Landwirte sollen es entfernen

Kreis Pinneberg. Zurzeit blüht das giftige Jakobskreuzkraut an vielen Stellen in der Region. Das Kraut hat sich in den vergangenen 15 Jahren besonders schnell und in ganz Schleswig-Holstein verbreitet. Obwohl die Pflanze heimisch ist, betrachten Experten die Ausbreitung mit Sorge. Denn Jakobskreuzkraut enthält sogenannte Pyrrolizidinalkaloide – Giftstoffe, die bei Aufnahme über die Nahrung besonders für Pferde und Rinder, aber auch für Menschen gefährlich werden können.

Die Alkaloide selbst sind akut nicht giftig, doch werden sie vorzugsweise in der Leber verarbeitet. Die Stoffwechselprodukte können die Leber schädigen. Bei Nutztieren kann es zu Zellschäden bis hin zur Leberzirrhose kommen. Es besteht zudem bei einer großen Menge an aufgenommenem Jakobskreuzkraut eine Vergiftungsgefahr. Normalerweise fressen Pferde und Rinder das Kraut nicht, da es Bitterstoffe enthält. Häufig ist jedoch der Weg über das Tierfutter: Wächst Jakobskreuzkraut auf Mähwiesen, gelangt es oft in Heu und Silage, durch den Trocknungsprozess verschwinden die Bitterstoffe.

Dr. Gertjan Zeeuw, Tierarzt in der Pferdeklinik Seester, bestätigt das Problem. „Das ist häufiger, als man glaubt“, sagt er. Für Pferde sei es gefährlich, wenn sie das Kraut auf der Weide oder über das Heu aufnehmen. Deshalb komme es im Kreis Pinneberg immer wieder zu Vorfällen. Erste Symptome seien Bauchschmerzen, es könne zu Koliken kommen und schließlich zu Vergiftungserscheinungen. „Auch die Leberwerte sind erhöht“, sagt Zeeuw. Zur Behandlung kann er vor allem entkrampfende Mittel geben. Da eine Entgiftung nicht möglich sei, könne es auch zum Tod eines Tieres kommen.

Seit einigen Jahren tritt das Jakobskreuzkraut laut Zeeuw wieder stärker auf. Es sei zwar eine europäische Pflanze und keinesfalls erst in jüngster Zeit eingeschleppt. „Aber jetzt ist es wieder auf dem Vormarsch.“ Einen Grund dafür sieht der Tierarzt darin, dass in der Landwirtschaft weniger Unkrautvernichtungsmittel als früher eingesetzt werden. Viele Landwirte seien noch nicht so vertraut mit der Pflanze. „Aber sie muss entfernt werden“, sagt Zeeuw.

Auch Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) hat Bewirtschafter, Eigentümer und Pächter von Flächen aufgefordert, die Ausbreitung des Krautes zu behindern. „Alle Verantwortlichen für Flächen sind aufgefordert, mit geeigneten Bekämpfungsmaßnahmen gegen eine weitere Ausbreitung vorzugehen“, so Habeck. Aufgrund der Gefahren der Pflanze gilt es laut Inke Rabe, Expertin beim Landesumweltamt, daher, die Ausbreitung des Jakobskreuzkrauts zu stoppen. „Der erste Schritt ist, Einzelpflanzen zu eliminieren. Bei Massenbeständen müssen die Inhaber der Landfläche mulchen oder mähen.“

Ein Pferd müsste etwa 24 bis 48 Kilogramm Jakobskreuzkraut zu sich nehmen, um eine tödliche Menge zu erreichen, eine Kuh 98 Kilogramm. Das klingt viel, doch das die Pyrrolizidinalkaloide nicht vom Körper entgiftet werden können, bleibt das Gift im Körper und kann sich nach und nach anhäufen. Die Gefahr für die Tiere besteht also auch, wenn sie kleine Mengen über einen langen Zeitraum zu sich nehmen.

Auch für Menschen stellt das Jakobskreuzkraut eine, wenn auch geringe, Bedrohung dar. Die Giftstoffe können über Bienen, die das Kraut als Pollen- und Nektarlieferant anfliegen, in den Honig gelangen. Besonders nach dem Ende der Raps- und Obstblüte ist die sonstige Blütenvielfalt gering. In diesem Fall fliegen Bienen verstärkt auch Jakobskreuzkraut an.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung kommt jedoch zu dem Schluss, dass der Verzehr von Honig kein gesundheitliches Risiko darstellt. Mehr Details gibt es in einer Broschüre des Landesumweltamts, die im Internet auf www.schleswig-holstein.de/LLUR zu erhalten ist.