Protestler befürchten, dass eine Straße Wohn- und Gewerbegebiete mit sich bringt

Rellingen/Pinneberg. Sie sind zu zehnt – und erhalten immer mehr Zulauf: Besorgte Bürger aus dem Norden Rellingens und dem angrenzenden Bereich Pinnebergs haben sich zusammengetan, um sich gegen die diskutierte Nordumfahrung für Rellingen zu positionieren. „Uns geht es darum, einmal aufzuzeigen, was passieren könnte und welche Folgen ein solches Projekt hätte“, sagt Mitorganisatorin Petra Kucklies. Die Gruppe hat im Juni und Juli bereits zwei Flugblätter in einer Auflage von 700 Stück herausgegeben und an die bei einem Bau betroffenen Haushalte verteilt.

„Vom Bau einer solchen Straße wären mindestens die Hälfte aller Rellinger, Ellerbeker und Tangstedter Bürger betroffen“, sagt Kucklies. Anfang Juni, als das Thema einer möglichen Umgehungsstraße erstmals im Bauausschuss diskutiert wurde, hatten sich betroffene Bürger im Anschluss an die Sitzung zusammengefunden. „Wir sind uns sicher, dass ein solches Projekt nicht nur eine Idee ist, sondern das mehr dahinterstecken muss“, ist die Rellingerin überzeugt.

Ein SPD-Antrag im Verkehrsausschuss sah vor, die Tangstedter Straße im hinteren, sehr kurvenreichen Abschnitt zu begradigen und direkt an die Dorfstraße anzubinden. Von dort aus sollte dann eine Straße weiter in Richtung Ellerbek und Tangstedt führen. Auf diese Weise würde der Verkehrsstrom von Pinneberg Richtung Ellerbek am Ortszentrum Rellingens vorbeiführen. Der Plan der Genossen sah im Bereich Tangstedter Straße auch eine Autobahnauffahrt und -abfahrt vor – die insgesamt fünfte im Rellinger Bereich.

„Die Autobahnanschlussstelle ist unrealistisch“, glaubt Jochen Hilbert, ehemaliger Gemeinderat der Grünen und Mitorganisator des Protestes. Die Nordumfahrung aber, so Hilbert weiter, „die ist noch lange nicht vom Tisch“. Er befürchtet, dass eine derartige Route wichtige Naturlebensräume wie etwa das Rellinger Mühlenautal zerschneiden und damit als Naherholungsgebiet entwerten würde. Und Hilbert denkt noch weiter: „Eine Straße ist teuer und der Agrarverkehr hat heute keine Probleme. Meines Erachtens kann das Ziel nur sein, auf beiden Seiten der Trasse Gewerbe- und Wohngebiete zu errichten.“ Der Ex-Grüne hat ausgerechnet, dass die Besitzer der Agrarflächen im Falle einer Wohngebietsausweisung einen Bruttogewinn von 120 Millionen Euro erzielen könnten. Die jetzt vorhandenen Immobilien würden dagegen deutlich an Wert verlieren.

Anwohnerin Ulrike Ostermann berichtet, dass auf Tangstedter Seite bereits ein neues, kleines Gewerbegebiet entstanden sei. Auch viele junge Familien seien dort zugezogen, weil es bisher kaum Verkehrsbelastung gebe. „Die sind jetzt in Sorge“, sagt Ostermann. Die Anwohnerinitiative hat alle drei Fraktionen des Gemeinderates angeschrieben und um Stellungnahmen gebeten. Während die Grünen das Projekt Nordumfahrung ablehnen, hat sich die CDU in ihrer Antwort weniger deutlich positioniert.

Die Union ist zwar laut ihrem Ortsvorsitzenden Steffen Böhm-Rupprecht strikt gegen einen weiteren Autobahnzubringer, die Idee einer Nordumfahrung jedoch solle sorgfältig geprüft werden. „Es ist einfach, alles Neue erst mal abzulehnen, bringt aber einen nicht weiter“, schreibt der Ortschef an die Bürger. Und er gibt ihnen folgenden Rat: „Denken Sie sich bitte nicht Pläne selbst aus, die Sie dann bekämpfen wollen. Wir halten es für unverantwortlich, Fantasiegebilde zu erschaffen und bei Bürgen den falschen Eindruck zu erwecken, dass eine solche Maßnahme bevorstünde.“

Dass die Fantasie mit ihnen durchgehe, das sehen die Bürger anders. Sie empfinden den Brief des CDU-Ortsvorsitzenden in Teilen als sehr befremdlich. Und auch SPD-Mann Peter Geercken, Vorsitzender des Verkehrsausschusses und Ideengeber der Nordumfahrung inklusive Autobahnzubringer, ist über das Verhalten der Union mehr als verschnupft. „Das ist eine Sauerei, einem Fast-Verbündeten so in den Rücken zu fallen.“

Geercken ärgert sich auch über die Formulierung, die CDU sei von Anfang an gegen einen weiteren Autobahnzubringer gewesen. „Das ist glatt gelogen“, sagt der SPD-Politiker, der auch diesen Punkt im Vorfeld mit der CDU abgestimmt haben will.

Das Thema beschäftigt den Ausschuss für den Verkehr am 2. September

Viel Diskussionsstoff also für die nächste Sitzung des Verkehrsausschusses, die nach der parlamentarischen Sommerpause am Dienstag, 2. September, stattfinden soll. Dann wird das Thema Nordumfahrung wohl oder übel wieder auf der Tagesordnung stehen, Und dann wird auch die Gruppe besorgter Bürger um Petra Kucklies und ihre Mitstreiter wieder im Rathaus anwesend sein. Sie fordern ein Verkehrskonzept für ganz Rellingen und eine ergebnisoffene Prüfung, wie eventuelle Verkehrsprobleme in der Gemeinde behoben werden können. Eine Vorfestlegung auf eine Nordumfahrung für Rellingen dürfe es nicht geben.