Verein Brücke Elmshorn muss Gastronomiebetrieb aufgeben, in dem Menschen mit und ohne Behinderung arbeiten

Elmshorn. Mit flinken Schritten bringt Joost-Bastian Dethjens den Gästen das Frühstück. Jeder Handgriff sitzt. Er lächelt freundlich, wünscht einen guten Appetit und eilt wieder in die Küche. Dabei ist dem 33-Jährige gar nicht nach Lächeln zumute. Denn Ende August wird seine Anstellung im Café „Auszeit am See“ in Elmshorn enden. Nach vier Jahren muss der Treffpunkt am Steindammpark des Vereins Brücke Elmshorn, der Menschen mit und ohne Behinderung beschäftigt, das Integrationsprojekt aufgeben.

Für den Verein ist der Gastronomiebetrieb nicht wirtschaftlich. Die Brücke hatte 2010 das Grundstück von der Stadt gepachtet, die behindertengerechte Immobilie aufwendig auf Pfählen bauen lassen und als Träger das hundertprozentige Tochterunternehmen „Vielfalt inklusive Beschäftigung“ gegründet. Der Verein musste jedoch von Anfang an finanzielle Defizite auffangen. „Die Umsätze reichen nicht, um das relativ große Stammteam von sieben Mitarbeitern weiter zu beschäftigen“, sagt Geschäftsführer Detlef Witthinrich. Ihm fällt die Abwicklung schwer. Alle seien nach Tarif bezahlt worden und festangestellt gewesen. Doch das Geschäft lief nur im Sommer und bei schönem Wetter gut, im Herbst und Winter blieben die Gäste aus.

Der Chef räumt auch konzeptionelle Fehler ein. „Wir haben früh Abstand vom Abendbetrieb genommen“, sagt er. Ein neuer Betreiber stehe vor der Aufgabe, den Restaurantcharakter zu stärken. „Wir wurden zu stark als Café wahrgenommen.“ Eine Ausrichtung, gegen die sich Witthinrich zu Beginn ausgesprochen hatte. Ursprünglich war von einem Treffpunkt mit Abendbetrieb die Rede. Doch das Konzept ließ sich so nicht umsetzen.

Joost-Bastian Dethjens, der wegen einer krankhaften Erweiterung der Flüssigkeitsräume des Gehirns schwerbehindert ist, gehörte von Anfang an zur Stammbesetzung. Er hat als Servicekraft gearbeitet und den Tresen geschmissen. „Mir hat die Arbeit immer sehr viel Spaß gemacht“, sagt er. „Ich habe gern mit Menschen zu tun.“ Das habe er wohl von seinem Vater geerbt, der als Obsthändler gearbeitet hat und dabei viel herumkam. Mit den Kollegen kam Dethjens gut zurecht, hin und wieder habe es mal kleine Auseinandersetzungen gegeben, wie in jedem anderen Betrieb eben auch. Doch das Team sei schnell zusammengewachsen. Und auch der Blick auf den See wird ihm fehlen. „Er hat mich immer an Schweden erinnert“, sagt Dethjens. Als Kind war er mal zwei Wochen mit dem Kanu durch Schweden gepaddelt.

Trotz allem kann Witthinrich der Situation auch etwas Positives abgewinnen. Der Steindammpark habe sich zum Vorteil verändert und sei zu einem beliebten Ausflugsziel für die Elmshorner geworden. Während dort noch vor ein paar Jahren die Polizei häufig im Einsatz war, finden heute regelmäßig Veranstaltungen wie das Festival Nachhaltica statt und locken Ausflügler aus der Umgebung an. „Bis Ende August wollen wir den Betrieb noch aufrechterhalten“, sagt der 61-Jährige, der die Brücke Elmshorn seit 1991 leitet.

Auch die kostenlosen Veranstaltungen werden noch wie geplant laufen. Ein Kabarett mit Oma Frieda alias Jutta Lindner läutet am Donnerstag, 28. August, von 18 Uhr an den Abschied ein. Am letzten Augustwochenende bleibt der Treffpunkt regulär von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Im kommenden Jahr soll dann ein kommerzieller Betreiber den idyllisch gelegenen Gastronomiebetrieb vom Verein Brücke Elmshorn pachten. Das Interesse an dem Objekt sei groß, so Witthinrich. Er habe bereits mit mehr als 20 Interessenten gesprochen.

Mithilfe des Integrationsfachdienstes und des Jobcenters will der Brücke-Chef alle sieben Mitarbeiter bald wieder in Lohn und Arbeit bringen. Drei seien noch auf der Suche. „Die Mitarbeiter konnten vier Jahre lang für den Lebenslauf wertvolle Arbeitserfahrungen sammeln“, sagt er. Sie hätten bewiesen, dass sie über einen längeren Zeitraum belastbar seien. Das könnte auch andere Arbeitgeber überzeugen. Leider hätten jedoch immer noch viele Chefs Bedenken, einen Menschen mit Handicap einzustellen, sei es, weil sie vor dem höheren Urlaubsanspruch zurückschrecken, sich durch den besonderen Kündigungsschutz verunsichert fühlen oder die Belastbarkeit des Mitarbeiters anzweifeln.

Dethjens lässt sich davon nicht entmutigen und hat seine Fühler schon wieder auf dem Arbeitsmarkt ausgestreckt. Er möchte weiterhin in der Gastronomie arbeiten. Vor der Anstellung im „Auszeit am See“ hatte er in einem Biergarten gekellnert. Nun hat er eine Stelle als Aushilfe in der Küche eines Restaurants in Neuendeich in Aussicht. Zuhause herumzusitzen kommt für ihn jedenfalls nicht infrage.