Wolfgang Heine installierte im Südsudan eine Reismühle, verliebte sich in Land und Leute und kämpft weiter für die Armen

Elmshorn . Das Land im Distrikt Northern Bahr el Ghazal im Südsudan ist ein fruchtbares. Es wird vom Nil gespeist. Reis gedeiht hier. Doch die Menschen im jüngsten Land der Welt hungern. Es fehlt an Technik und Know-how, Felder zu bestellen und die Ernte zu verarbeiten. Ein Entwicklungsprojekt der Europäischen Union und deutscher Firmen lieferte deshalb 2012 Landmaschinen und eine Reismühle. Der Elmshorner Wolfgang Heine half, diese in Aweil aufzubauen.

Projekt und Menschen wuchsen ihm ans Herz. Immer wieder kehrt er in eines der ärmsten Länder der Welt zurück. „Es fehlt sogar am Geld, um Benzin für den Generator zu kaufen“, sagt Heine. Natürlich kann er nicht so viel Geld zur Verfügung stellen, wie nötig wäre. „Aber ich werde auf eigene Rechnung zurückkehren, um die Mitarbeiter zu schulen, damit sie die Maschinen selbst warten und reparieren können.“ Denn es fehlt auch an Mechanikern, und die angelieferten Traktoren sind bereits in einem erbärmlichen Zustand. „Wenn ein Projekt ausläuft, kümmert sich niemand mehr darum“, sagt er.

Der 67-Jährige ist gelernter Mühlenbauer. Sein Job führte ihn 1978 erstmals nach Afrika, zunächst nach Libyen, dann Ägypten, Sudan, Kenia. In Tansania befiel ihn „das Afrikavirus“, wie Heine seine Liebe zum schwarzen Kontinent nennt. Er hatte dort eine getreidetechnische Anlage aufgebaut und zum ersten Mal auch Kontakt zur einfachen Bevölkerung, die er als besonders freundlich und ehrlich wahrnahm. Es folgten viele weitere Afrika-Reisen. „Vor drei Jahren kam ich dann erstmals in den Südsudan“, sagt der Rentner. Das Land wächst ihm sofort ans Herz. „Es ist ein sehr reiches armes Land“, sagt Heine. Doch die Politiker schaffen es nicht, das hohe Ölvorkommen so zu nutzen, dass es bei der Bevölkerung ankommt. Sie wirtschaften lieber in ihre eigene Taschen.

Heine kennt die Armut von anderen Reisen. Doch nichts ist vergleichbar mit dem Elend im Südsudan. „Jeden Morgen sah ich die Frauen die alten Reisstrohhaufen hinter der Mühle nach den letzten Körnern absuchen, damit etwas zu essen auf den Tisch kommt“, sagt er. „Ich habe selbst versucht, ein paar Körner Reis aus dem alten Stroh zu schlagen. Es ist mir nicht gelungen.“ Kommt er den Menschen im Stroh nahe, umringen sie ihn sofort und flehen um Geld. Es ist ihm unmöglich, in der Stadt ohne Begleitung eines sudanesischen Mitarbeiters einkaufen zu gehen. Scharen von Kindern hängen sich bei jedem Schritt an ihn. Eine Gruppe von Waisen marschierte jeden Morgen in Reih und Glied und trommelte auf Bottichen und Töpfen. Mit ernsten Gesichtern demonstrieren sie militärische Disziplin und erbetteln so etwas Geld. Die Kinder sind auf sich allein gestellt. „Kein Rotes Kreuz, Misereor, Unicef oder wie sie sonst noch heißen, kümmert sich um sie“, so Heine.

Auch Heine kann nicht jeden retten. Doch immer wieder wächst ihm der ein oder andere besonders ans Herz, den er mit Geld und Wissen unterstützt. „Die Menschen sind wie ein trockener Schwamm, nehmen alles wissbegierig auf“, sagt Heine. Es hat ihm viel Freude bereitet, ihnen etwas beizubringen. Vor vier Jahren lernte er den damals 16 Jahre alten und verwaisten Mamadou Diallo auf einer Baustelle in Mauretanien kennen und nahm ihn unter seine Fittiche. „Mittlerweile spricht er gut Englisch und kann die Wartungen der Anlagen selbst durchführen“, sagt Heine. Von dem Geld, das der junge Mann verdient, ernährt er seine Großfamilie und schickt den jüngeren Bruder in Senegal auf eine weiterführende Schule. Er hat es im Dorf zu hohem Ansehen gebracht. Heine ist stolz auf seinen Ziehsohn.

Normalerweise kam der Reis aus Kenia über die Grenzen zum Nordsudan. Doch nun sind diese im Streit um Ölquellen hermetisch abgeriegelt. Für die Menschen im Südsudan ist es lebenswichtig, sich selbst versorgen zu können. „Unsere Reismühle ist die erste im Land“, sagt Heine. „Alle Politiker gaben sich die Hand in dieser Anlage, um sich selbst vor laufenden Kameras auf die Schultern zu klopfen.“ Sogar Präsident Salva Kiir Mayardit kam.

Wer in Afrika etwas schaffen möchte, muss zunächst mal seine deutschen Tugenden beiseite packen. Damit die Arbeiter morgens dennoch einigermaßen pünktlich erschienen, ließ sich Heine etwas einfallen. Er kaufte Brotfladen und verteilte sie morgens in der ersten Arbeitsstunde. Wer später kam, ging leer aus. Heine reist auch immer mit einer großen Apotheke an, damit er kleinere Verletzungen behandeln kann. Die Arbeiter wissen das zu schätzen, bringen auch Mutter und Vater mit, wenn es darum geht, eine Verbrennung mit Salbe zu behandeln oder eine Wunde zu desinfizieren und zu verbinden. „Es hat ihnen gefallen, weil sich sonst keiner um sie kümmert“, sagt der Helfer.

Heine ist nicht der Typ, der eine Anlage aufbaut und dann mit dem Projekt abschließt. Er hält von Deutschland aus über Skype und Facebook Kontakt zu seinen Leuten. Ein Freund berichtete ihm kürzlich von einem Überfall auf sein Dorf. Die Rebellen töteten elf Menschen. Gibt es überhaupt Hoffnung für die Menschen im Südsudan? „Den Glauben zu verlieren, kann ich meinen Leuten nicht antun“, sagt Heine. Solange er kann, werde er für sie kämpfen.

Wer helfen möchte, zum Beispiel mit Geldspenden, kann sich direkt an Wolfgang Heine unter wolfgangheine@web.de wenden. Er würde sich auch über Mitstreiter freuen, die wissen, wie man Landmaschinen repariert und mit nach Afrika kommen möchten. Er selbst wird demnächst für zwei Wochen in den Kongo fliegen, um im Auftrag eines libanesischen Investors ein Kraftfutterwerk zu warten.