250 Unterschriften in vier Tagen gegen reduzierte Öffnungszeiten. Bibliothekschefin hat radikalen Sparvorschlag

Wedel. Antje Alpers kommt mit dem Kopieren gar nicht hinterher, so schnell füllen sich die Vordrucke zur Unterstützung der Wedeler Bücherei mit Unterschriften. Eins ist schon klar: Die Wedeler lieben ihre Bibliothek. Innerhalb von vier Tagen und trotz Sommerferien kamen 250 Unterschriften zur Unterstützung der städtischen Einrichtung zusammen. Die Mitglieder des Fördervereins um ihre Vorsitzende Alpers haben die Aktion gestartet, nachdem die neuen Öffnungszeiten bekannt geworden waren. Aufgrund der Sparmaßnahmen der Stadt und der daraus resultierenden personellen Besetzung bleibt die Einrichtung an zwei Tagen dicht. Von September an können Bibliotheksnutzer montags und mittwochs Bücher damit nur übers Internet vormerken. Wer seine Lektüre abgeben will, kann das über eine Box neben der Tür machen.

„Das ist doch unmöglich. Die Arbeit der Bücherei kommt ganz Wedel zugute. Wir als Förderverein mussten etwas dagegen tun“, sagt Alpers. Sie ist entsetzt, dass eine öffentliche Bücherei, die ein Treffpunkt für Jung und Alt sein sollte, an gleich zwei Tagen geschlossen bleiben soll. Die Resonanz gibt ihr Recht. Christa Grodt, die an diesem Tag den Stand am Eingang der Bücherei besetzt, hat in zwei Stunden zehn neue Unterschriften gesammelt. Sie informiert Besucher und Passanten über die Aktion. Einige kommen gezielt her. Alpers dazu: „Wir führen sehr nette Gespräche. Es fällt oft das Wort Hafen in diesem Zusammenhang. Es ärgert viele, dass Millionen den Umbau fließen und an der Bücherei gespart werden soll.“

Seitdem Wedels Gewerbesteuereinnahmen eingebrochen sind, wird der Gürtel enger geschnallt. Bereits in der ersten Sparrunde traf es die Bücherei. Der Medienetat wurde von 100.000 Euro um zehn Prozent verringert, eine halbe Stelle eingespart und die Gebühren teilweise verdoppelt. So zahlt ein Erwachsener jetzt 28 Euro statt vorher 14 Euro pro Jahr. „Erstaunlicherweise hat sich das bislang nicht niedergeschlagen. Wir verzeichnen keinen Rückgang bei den Nutzerzahlen“, berichtet Wedels Bibliotheksleiterin Andrea Koehn. Etwa 14.000 Menschen besuchen pro Jahr ihre Bücherei, etwa 500 sind es pro Tag. 75.000 Medien hält die Einrichtung am Rosengarten bereit.

So erleichtert Koehn darüber ist, dass die Bücherei die Einschnitte bislang verschmerzen konnte, umso mehr sorgt sie sich um die neuen Kürzungspläne. Denn unter den 100 Sparpunkten einer vertraulichen Vorschlagsliste für die Politiker steht auch die Stadtbücherei. Kürzung von Personal und Öffnungszeiten sowie Schließung der zugehörigen Schulbüchereien stehen zur Haushaltsdebatte an, die nach der Sommerpause geführt wird. Es gilt, rund drei Millionen Euro einzusparen. Die Kürzungen und der vorerst verhängte Einstellungsstopp schlagen bereits bei den Öffnungszeiten der Bücherei durch. „Zwei langjährige Kolleginnen verlassen uns im September. Sie gehen in Rente“, sagt Koehn. Für sie gibt es keinen Ersatz. Eine Stelle wurde jetzt zumindest befristet für ein Jahr ausgeschrieben. Doch wenn ein Kandidat gefunden ist, muss derjenige erst eingearbeitet werden.

Deshalb sieht Koehn vorerst keine Möglichkeit, zu den alten Öffnungszeiten von 35 Stunden pro Woche zurückzukehren. Von September an sind es 28 Stunden. „Dabei wollten wir seit Jahren die Öffnungszeiten ausdehnen“, so Koehn. Für Wedel als eine Stadt mit 35.000 Einwohnern seien 38 Stunden angemessen. Aus Sicht der Bibliotheksleiterin sind die befristet ausgeschriebenen Stellen, die verkürzten Öffnungszeiten und das verringerte Angebot kontraproduktiv – auch im Sinne der Sparfüchse. Denn kürzere Öffnungszeiten und ein schlechteres Angebot verringern den Zuschuss des landesweiten Büchereivereins. 100.000 Euro fließen bislang pro Jahr nach Wedel.

Koehn hat einen eigenen radikaleren Sparansatz: die Bücherei an ihrem jetzigen Standort schließen und mit der Volkshochschule und der Musikschule zusammenlegen. „Mein Traum wäre ein Bildungszentrum in der Bahnhofstraße. Wir würden viele Synergien erzeugen.“ Laut Koehn bräuchte es weniger Büros, die Einrichtungen könnten sich viele Räume teilen. Mit den Leitern von VHS und Musikschule hat Koehn gesprochen, auch sie könnten sich eine Zusammenlegung vorstellen. Einen Standort wüssten sie auch: das Areal der ehemaligen Bücherei an der Bahnhofstraße, das noch der Stadt gehört. Das Gebäude könnte ein Investor bauen und an die städtischen Einrichtungen vermieten. Koehn könnte sich zudem eine integrierte Touristeninformation hier vorstellen. „In anderen europäischen Städten ist es normal, dass Büchereien Anlaufstellen für Touristen sind. Schon jetzt kommen deshalb viele zu uns.“