Hohe Spendenbereitschaft für die Brandopfer in der Beethovenstraße in Elmshorn. Polizei sucht weiter nach Zeugen

Elmshorn. Als es brannte, konnte sich Angelika B. nur mit Nachthemd und Bademantel bekleidet auf die Straße retten. „In der Hand hielt ich mein Handy und den Wohnungsschlüssel“, sagt die 55-Jährige. Sie gehört zu den 169 Elmshornern, die in der Nacht zum 22. Juni bei dem Großbrand in der Beethovenstraße ihr Zuhause verloren. Noch lebt sie mit ihrer Schwester Gerda, Nichte Sylvia und deren zehnjährigem Sohn Merlin, die bei dem Feuer fast alles verloren, im Hotel. Doch zum 1. August können sie gemeinsam eine Vier-Zimmer-Wohnung beziehen. Viel zum Reinstellen haben sie nicht mehr. Das meiste wurde durch das Löschwasser zerstört. Eine Hausratsversicherung hatte keine von ihnen abgeschlossen. Im Spendenlager in der Schulstraße bekommen sie das Nötigste.

Fünf ehrenamtlich Engagierte der Initiative „Hilfe für die Beethovenstraße“ managen die Verteilung der Spenden. Sie werden dabei von Mitarbeitern des Rathauses unterstützt. Die Initiative geht auf Nicole Jung und Nicole Lorentz zurück. Die Frauen hatten nur einen Tag nach dem Feuer die Gruppe auf Facebook gegründet und über das soziale Netzwerk zu Spenden aufgerufen. „Ursprünglich wollten wir die Kleidung, Spielzeug und Hygieneartikel in die Notunterkunft an der Elsa-Brandström-Schule bringen“, sagt Jung. Die Menschen kamen aber schnell im Hotel oder bei Bekannten und Verwandten unter. „Uns bot dann jemand seine frisch angemieteten Räume in der Klostersande 43 als Lager an.“ Später zogen sie auf Initiative der Stadt in die Schulstraße 1 um.

Parallel dazu hatte auch die Stadt zu Spenden aufgerufen, um den Brandopfern Starthilfe zu geben. Viele Bürger und regionale Unternehmen folgten dem Appell. Der Bedarf an Kleidungsstücken, großen Schränken oder Schrankwänden ist dagegen gedeckt. Doch der Bedarf an gut erhaltenen und funktionierenden Elektrogeräten wie Toastern, Wasserkochern, Waschmaschinen oder Kühlschränken, sowie Möbeln, wie Tischen, Betten, Regalen oder Stühlen, ist weiterhin hoch.

Als Hans-Dieter Giesbrecht, Marktleiter im Famila-Warenhaus in Elmshorn, davon hörte, zögerte er nicht und fragte bei seinen Lieferanten nach, was diese entbehren könnten. Am Donnerstag brachte er Bügeleisen, Toaster, Haartrockner und vieles mehr vorbei. Auch andere Firmen und Einrichtungen der Region wie Drogeriemärkte, Peter Kölln, Döllinghareico, der Kirchenkreis Rantzau-Münsterland oder der Lions Club engagierten sich mit Sach- und Geldspenden.

„Wir möchten den vielen Helfern und zahlreichen Spendern danken“, sagt Stadtrat Dirk Moritz. Nur mit ihrem Engagement sei es möglich gewesen, vielen Brandopfern schnell zu helfen. Auch Geld wurde gespendet. Auf dem Spendenkonto gingen bisher rund 15.000 Euro ein, die vom Spendenparlament verwaltet werden. Einzelpersonen spendeten bis zu 1000 Euro. Allein die Klasse der 3b der Astrid-Lindgren-Schule sammelte 118 Euro. Da das Spendenlager an der Schulstraße zum Ende des Monats aufgelöst werden muss, wird dort am Sonnabend, 2. August, ein Flohmarkt veranstaltet. Das eingenommene Geld und der Erlös aus einem Kuchenverkauf gehen auch auf das Spendenkonto. Die restlichen Waren gehen ans Awo-Sozialkaufhaus, die dann die Spendenausgabe weiter betreuen.

Mittlerweile seien 121 Menschen in neuen Wohnungen untergebracht, so der Stadtrat. Da sich nicht alle Betroffenen in der zentralen Anlaufstelle im Rathaus abgemeldet haben, gehen die Mitarbeiter dort von noch circa 30 Personen aus, die bisher bei der Wohnungssuche noch kein Glück hatten. „Die ehrenamtlichen Damen leisten hier auch Seelsorge“, sagt Moritz. Für viele Betroffene sei der Gang ins Spendenlager nicht einfach. „Niemand möchte sich als Bittsteller fühlen.“

Ute Pohl steht jeden Tag neun Stunden in den Räumen des ehemaligen Drogeriemarktes, um Spenden entgegen zu nehmen und gegen Vorlage des Personalausweises zu verteilen. „Die Menschen, die zu uns kommen, sind sehr dankbar“, sagt die Haus-und Familienbetreuerin, die aus gesundheitlichen Gründen ihren Beruf aufgeben musste. Die 56-Jährige hat vier Kinder und zwölf Enkel. Ein 13. ist unterwegs. Über Langeweile kann sie sich nun wirklich nicht beschweren. „Ich mache das hier, weil mir die Arbeit Spaß macht“, sagt Pohl. Und wie die Frau, die drei Tage Jogginghosen trug, weil sie nichts anderes hatte, vor Freude über die Kleiderspenden weinte und sie umarmte, das ging ihr doch sehr nah.

Auf der Suche nach den Verursachern benötigt die Polizei weiterhin Zeugenaussagen. Verschossene Signallichter nach dem WM-Sieg gegen Ghana gelten als Auslöser des Großbrandes. „Wir haben zig Hinweise auf die Signallichter erhalten. Was wir brauchen, sind Hinweise auf die Personen, die sie verschossen haben“, sagt Polizeisprecherin Sandra Mohr. Die Personen seien möglicherweise in einer Gruppe unterwegs gewesen, die sich zwischen der Beethovenstraße und der Star-Tankstelle an der Hamburger Straße bewegte. Hinweise an die Kripo unter 04121/80 30.