Vor dem WM-Finale traf das Abendblatt auf zwei Argentinier, die am Sonntag im Polostall und auf St. Pauli einen Triumph ihres Landes bejubeln wollen

Wedel. Wenn am Sonntag (Anpfiff: 21 Uhr MESZ) in Rio de Janeiro die deutsche Nationalmannschaft zum vierten Mal Fußball-Weltmeister werden will, fiebert der ganze Norden mit dem Team von Bundestrainer Jocham Löw. Wirklich der ganze Norden? Nein! Denn nahe der Düpenau, am Stadtrand von Schenefeld, hofft beispielsweise ein gutes Dutzend Argentinier auf einen Triumph der Mannschaft um Superstar Lionel Messi.

Wie bei allen WM-Spielen ihres Landes werden sich Facundo Basualdo und Antonio Canelo wieder mit ihren Landsleuten in einem der Polo-Ställe im Grenzgebiet von Schleswig-Holstein und Hamburg treffen, um dort gemeinsam vor dem Fernseher das WM-Finale zu verfolgen. Doch bevor dort wie regelmäßig auch der Grill angeschmissen wird, nahmen sich Basualdo und Canelo noch die Zeit, um mit dem Abendblatt-Team in der Wedeler Highlight-Sportsbar die Partie schon einmal am Kickertisch durchzuspielen und dabei über Fußball, ihre Heimat und das Leben in Deutschland zu sprechen.

Die beiden argentinischen Bereiter komplettierten damit die vielfältige Runde von Menschen aus der Region, die die Reporter auf dem Weg ins Finale trafen. Wohlgemerkt auf dem nachempfunden Weg der echten deutschen Nationalmannschaft. Ließen doch die sportlichen Leistungen der Journalisten beim Kickern häufig zu wünschen übrig. Doch das Ergebnis war dabei anders als auf dem grünen Rasen in Brasilien auch nicht die Hauptsache.

So erzählten die Portugiesen Nuno Palma e Santos und Filipe Fernades von ihrem Leben als Dressurreiter auf dem Gut Haidehof am Klövensteen. Die ghanischen Nachwuchskicker Kevin Mununkum (VfL Pinneberg) und Justin Osman (BW Ellas) berichteten, wie sie die WM-Spiele mit der Schule und dem Training im Verein unter einen Hut bringen. Und zum Abschluss der Gruppenphase nahm es dann Ex-Basketballprofi Wilbert Olinde für die Vereinigten Staaten gleich mit zwei Reportern auf und philosophierte dabei auch noch über eine Kräfteverschiebung im US-Sport zugunsten des Fußballs.

Sogar ein früher algerischer Nationalspieler stand mit Tahar Chikhi vor dem Achtelfinale am Tisch. Der heutige Geschäftsführer eines Pflanzengroßhandels und Hobby-Tennisspieler des TC Prisdorf sprach über den Stolz seiner Landsleute und das Problem, seit jeher im Fußball gute Einzelspieler gerhabt zu haben, jedoch keine homogene Mannschaft. Michèle Durand, die gemeinsam mit Amesse Ghiery für Frankreich antrat, verriet eine Runde später, wie einst die mittlerweile verstorbene Trabsportlegende Kurt Hörmann ihr Herz eroberte und sie auch das von ihren Eltern verhasste Deutschland lieben lernte.

Kunstvoll ging es mit Karin Weißenbacher zu. Die Leiterin des Galerie-Atelier III in Barmstedt erläuterte zudem, warum sie als gebürtige Bralianerin der Meinung ist, dass die WM in ihrer Heimat für ein neues Selbstbewusstsein gesorgt hat. Wohlgemerkt nicht mit Blick auf das sportliche Geschehen, sondern den Mut, Missstände in Bereichen wie Bildung oder Ernährung anzuprangern.

Einig waren sich alle Mitstreiter darin, wie sehr sie das Leben in Deutschlands Norden schätzen. Dies betonten zum Abschluss auch noch einmal die Argentinier Basualdo und Canelo. Basualdo arbeitet in der Win Poloschule von Deutschlands bestem Polospieler Thomas Winter, Canelo quasi nebenan für Uwe Schröder (Tom Tailor) auf dem Hof Düpenautal.

Polo ist neben Fußball die Nationalsportart Argentiniens. Basualdo und Canelo sind Experten im Training und in der Pflege der Pferde, in Spielen wirken sie hingegen nicht mit. Ganz anders beim Fußball. Denn immer montags treffen sich die Mitarbeiter der Polo-ställe, um gemeinsam dem runden Leder nachzujagen. Mittendrin das Duo aus Buenos Aires, das auch am Kickertisch gut mit dem Ball umgehen konnte und dabei immer wieder die Künste von Torhüter Sergio Romero beschwor.

Letztlich feierten die Argentinier auch dank ihrer Defensivkünste einen knappen Sieg. Sollte das auch im WM-Finale der Fall sein, wollen Basualdo und Canelo erst im Stall und dann auf St. Pauli feiern. Heiße Pflaster sind die Großstadt-Argentinier schließlich gewöhnt. „Die Kriminalität ist in den Städten weiter ein Problem“, sagt Basualdo. „Trotzdem gefällt den meisten Deutschen, die einmal da waren, Argentinien sehr. Ich kann einen Besuch nur empfehlen.“ Im Land des Weltmeisters? Basualdo meint ja. Er tippt auf ein 2:1 mit Toren von Messi und Di Maria.