Brasilianerin Karin Weißenbacher über ihr Heimatland, Fußball und was das Halbfinale für beide bedeutet

Kreis Pinneberg. Wenn an diesem Dienstag um 22 Uhr das WM-Halbfinale zwischen Brasilien und Deutschland angepfiffen wird, kann Karin Weißenbacher ganz entspannt bleiben. Die gebürtige Brasilianerin gönnt es beiden Mannschaften, ins Finale zu kommen. „Den Brasilianern vielleicht ein bisschen mehr“, sagt sie augenzwinkernd. „Ich gewinne auf jeden Fall.“ Dass die schwere Verletzung ihres Superstars Neymar die Brasilianer arg schwächen wird, glaubt sie nicht. „Die werden sich bestimmt eine andere Strategie ausdenken, die zum Erfolg führt.“ 2:1 für Brasilien tippt sie. Für diesen Ausgang sprach auch das Tischfußball-Match, bei dem sich Weißenbacher knapp gegen den Abendblatt-Reporter durchsetzen konnte.

Die Deutschen könnten neben der Eleganz am Ball einiges lernen von ihrem Halbfinalgegner, glaubt Weißenbacher. Damit spielt sie auf die Mentalität der Menschen in ihrem Heimatland an, die temperamentvoller seien als die kühleren Nordeuropäer. „Der lässige Lebensstil, entspannter mit der Zeit umzugehen, das Leben zu genießen, mal Fünfe gerade sein zu lassen, würde den Deutschen gut tun“, ist sie überzeugt. Umgekehrt könnten sich die Brasilianer ein wenig Disziplin und das Einhalten von Absprachen von den Deutschen abschauen, sagt sie. Auch wenn auf der Nationalflagge Ordnung und Fortschritt stehen. „Ich bin die Pünktliche in unserer Familie.“

Als Kind kam sie mit ihren Eltern, Vater Deutscher, Mutter Brasilianerin, nach Deutschland. In Brasilien wurde sie geboren wie ihre beide älteren Brüder. Der eine, Albert, lebt heute noch in Brasilien, wo er für eine deutsche Firma arbeitet. Der andere, Klaus, ist Professor an der renommierten Berkeley-Universität in San Francisco. Karin Weißenbacher, die in Ellerbek aufgewachsen ist, ist freischaffende Künstlerin, Malerin und Bildhauerin. Seit 19 Jahren betreibt sie das Galerie-Atelier III auf der Barmstedter Schlossinsel, wo jedes Jahr zahlreiche Ausstellungen laufen. Zurzeit sind gerade wieder Länderwochen, die sie vor einigen Jahren initiiert hat. In diesem Jahr dreht sich natürlich passend zur WM alles um Brasilien. Die Musik, Kunst, Literatur und Weltanschauung des südamerikanischen Landes wird den Barmstedtern so bei einer Vielzahl von Veranstaltungen nahegebracht. Sogar das Kinderfest am Wochenende stand im Zeichen Brasiliens.

Auch der Fußball habe in ihrer Familie einen hohen Stellenwert, erzählt Karin Weißenbacher. Ihr Neffe, Julius Ramcke, 17, sei wegen seines fußballerischen Talents gerade von einigen Profi-Scouts entdeckt worden. Jetzt geht er auf ein Wirtschafts- und Fußball-College in den USA.

Die WM im eigenen Land habe den Brasilianern viel gebracht, ist Weißenbacher überzeugt. „Die WM hat ihnen ein neues Selbstbewusstsein gegeben. Sie trauen sich mehr, Missstände in Bildung, Ernährung, Kleidung und Korruption öffentlich anzuprangern.“ Aber auch hier in Deutschland ist die bekanntlich Euphorie groß. „Wenn man diese Kraft für ein umwelt- oder sozialpolitisches Problem einsetzen würde, könnte man die Welt verändern.“

Am Austragungsort der Abendblatt-WM-Kickerduelle, der Wedeler Highlight-Sportsbar an der Bekstraße, gibt es passend zum Brasilien-Spiel übrigens Caipirinhas zu günstigen Preisen. Ab 20 Uhr geht es dort los.