Ausländer fühlen sich diskriminiert. Träger des Sozialkaufhauses in Wedel weist das zurück und zweifelt an Darstellung

Wedel. „Es macht den Anschein, als ob es nicht darum ging, vermeintliche Missstände abzustellen, sondern vielmehr darum, vorsätzlich etwas zu beweisen, was es so gar nicht gibt“, sagt Martin Meers. Der Geschäftsführer des gemeinnützigen Unternehmens Bildung und Arbeit der Arbeiterwohlfahrt (Awo) ist sauer. Sauer über die Welle der Kritik, die über den sozialen Träger hinwegrollte, bevor die Einrichtung darauf angemessen reagieren konnte.

Sauer ist er auch auf die Wedelerin Nancy Gomez und deren öffentlichkeitswirksame Aktion. Nachdem sich zahlreiche ausländische Frauen beschwert hatten, dass sie in der Einrichtung diskriminiert würden und sich vom Träger nicht ernst genommen fühlten, machte Gomez den Selbsttest. Als muslimische Kundin verkleidet ging sie im Wedeler Sozialkaufhaus einkaufen. Ihr Fazit: erschütternd. Sie fühlte sich beobachtet, unfreundlich behandelt und verdächtigt.

„So war es nicht“, sagt Meers. Er war zwar selbst nicht dabei und hat auch nicht mit Gomez oder anderen Kritikern bislang den Kontakt gesucht. Aber er hat mit den angegriffenen Mitarbeitern gesprochen, die eidesstattlich versichern, dass in ihrer Gegenwart nicht geschrien wurde oder sich Kollegen negativ verhalten hätten. Meers, der insgesamt für zwölf Sozialkaufhäuser in Schleswig-Holstein verantwortlich ist, glaubt ihnen. Er ist überzeugt, Gomez habe nach Beweisen gesucht und mit ihrem Verhalten die Reaktionen der anwesenden Mitarbeiter provoziert. So habe sie nicht auf Ansprache reagiert und eigens abgedeckte Möbelstücke angefasst.

„Ich habe nicht gelogen“, sagt dagegen Nancy Gomez. „Niemand hat versucht, mit mir vernünftig zu reden und als ich mich zu erkennen gab, wurde gleich von Zeugen geredet.“ Sie verweist zudem auf zahlreiche ausländische Frauen, die von ähnlichen Erfahrungen berichtet hätten. Etwa 30 Personen haben einen Brief unterzeichnet, der die Einrichtung am 19. Juni erreichte. Darin wird geschildert, dass sich Kunden mit ausländischen Wurzeln von Angestellten ablehnend, misstrauisch und unerwünscht behandelt fühlen. „Sollen sich das alle ausgedacht haben?“, fragt Gomez.

Laut Meers gab es jedoch keine konkreten Beschwerden über Ausländerfeindlichkeit, die an den Träger oder die Einrichtung hergetragen wurden. Vorwürfe der Betroffenen wie Taschenkontrollen, das Filzen von Kinderwagen und Kritik, der man nicht entgegengetreten sei, weist er vehement zurück. „Wir können uns nur durch Lob und Beschwerden verbessern“, sagt er. Deshalb gebe es viele Möglichkeiten, sich bei der Awo auch anonym zu melden und Probleme anzusprechen. Das sei nicht geschehen.

Allerdings muss er auch einräumen, dass er nicht jeden Mitarbeiter und dessen Verhalten im Einzelnen kontrollieren kann. „Wir haben hier wechselnde Leute, da mag die Ansprache auch einmal falsch sein“, so der Geschäftsführer. Deshalb würden die Mitarbeiter geschult. Am Mittwoch waren zwei Politologen der Awo im Wedeler Sozialkaufhaus. Mit den Vertretern des Beratungsnetzwerkes gegen Rechtsextremismus wurde das weitere Vorgehen abgesprochen. An sie können sich Betroffene auch wenden, wenn sie sich über Diskriminierung im Sozialkaufhaus beschweren wollen. Erreichbar sind sie unter der Telefonnummer 04821/7796012.

Auf diese Nummer verweist auch die neue Willkommens-Broschüre, die in allen Sozialkaufhäusern ausliegen wird. Sie wurde in sieben Sprachen verfasst und in einer Auflage von 5000 Exemplaren gedruckt. „Der tägliche Rassismus findet quer durch die Gesellschaft statt. Deshalb haben wir uns doch gerade den Satz ‚Awo für Vielfalt – Awo gegen Rassismus’ zum Leitspruch gemacht“, betont Meers. Er verspricht: „Ich habe kein Interesse daran, etwas unter den Tisch zu kehren. Wir werden uns mit den Frauen in Verbindung setzen.“