Mitarbeiterinnen der Schwangerenberatungsstellen im Kreis Pinneberg begrüßen Gesetzesänderung

Kreis Pinneberg. Frauen, die ihre Schwangerschaft geheim halten, haben große Angst, sich jemandem anzuvertrauen. Sie konnten bisher nur schwer erreicht werden. Einige sind so verzweifelt, dass sie ihr Kind im Verborgenen ohne ärztliche Hilfe zur Welt bringen. Die Bundesregierung hat kürzlich ein Gesetz erlassen, das Schwangeren eine vertrauliche Geburt im rechtssicheren Raum ermöglicht. Für die Mitarbeiterinnen der Schwangerenberatungsstellen im Kreis Pinneberg eine neue Herausforderung, auf die sie sich mit Schulungen vorbereiten. Denn sie sind die erste Anlaufstelle, wenn es um umfassenden Rat und Hilfe geht.

„Jede Schwangere hat in jeder Lebenssituation Anspruch auf Beratung, so lange wie nötig und auch anonym“, sagt Ritva Akerblom von der Awo-Beratungsstelle in Pinneberg. Das Gesetz zur vertraulichen Geburt, das am 1. Mai in Kraft trat, soll Schwangeren mit dem Wunsch nach Anonymität den Weg in eine Beratungsstelle erleichtern. Die Gründe, anonym bleiben zu wollen, sind vielfältig. Das kann eine muslimische Frau sein, die von einem Christen schwanger ist und Angst vor ihrer Familie hat. Oder eine Frau, die eine außereheliche Beziehung eingegangen ist oder eine, die vergewaltigt wurde. „Gemeinsam suchen wir nach Lösungen für die individuelle Lebenslage“, sagt Ritva Akerblom. Alle anvertrauten Informationen sind durch die gesetzliche Schweigepflicht besonders geschützt.

Sollte die Schwangere keinen anderen Ausweg als eine vertrauliche Geburt sehen, wird die Beraterin einen Herkunftsnachweis erstellen. Auf einem Formular werden Name, Geburtsdatum und Anschrift der Frau notiert. Die Beraterinnen müssen die Angaben anhand eines gültigen Ausweises kontrollieren. Für Frauen, die illegal ins Land gekommen sind, kann das ein Problem sein.

Auch die Klinik und der Zeitpunkt der Geburt werden in dem Formular vermerkt. Dieses kommt in einen Umschlag, der mit einem Pseudonym beschriftet wird, das sich die Frau überlegt. Die Umschläge werden im Bundesamt für Familien und zivilgesellschaftliche Aufgaben zentral verwahrt. „Sollte das Kind mit 16 Jahren gern etwas über seine Herkunft erfahren wollen, kann es dort einen Antrag auf Einsicht stellen“, sagt die Beraterin. Die Mutter kann ihre Anonymität wahren, wenn sie das möchte. Sie muss einer Kontaktaufnahme erst zustimmen. Zudem ruht das Sorgerecht der Mutter für mindestens ein Jahr. „So bleibt ihr die Chance, das Kind noch anzunehmen“, sagt Akerblom. Erst nach frühstens einem Jahr wird die Adoption vorbereitet.

Will die Mutter keinen Kontakt, kann das Kind alle drei Jahre einen neuen Antrag stellen. „Es ist ja möglich, dass sich die Lebensumstände der Frau ändern und sie dann einem Kontakt zustimmt“, sagt Ellen Katzmann vom Diakonischen Werk Rantzau-Münsterdorf. Im Gegensatz dazu habe ein Kind, das in einer Babyklappe abgelegt wurde, keine Chance, etwas über seine Herkunft zu erfahren. Diese Menschen litten ein Leben lang unter dem Identitätsverlust. Die Schwangere hat auch die Möglichkeit, dem Kind einen Brief, Fotos oder ein Geschenk zu hinterlegen. Und sie darf einen Namen für das Neugeborene vorschlagen. „Die Frau kann sich aussuchen, in welcher Klinik sie gebärt und welche Hebamme ihr zur Seite stehen soll“, sagt Tatjana Amendt von Donum Vitae in Pinneberg. „Wir melden sie unter ihrem Pseudonym an und teilen den Wunsch zum Kindesnamen mit.“

Mit dem Gesetz werden zum einen Geburtshelfer, die eine anonyme Geburt ermöglichen, aus der rechtlichen Grauzone geholt. Sie hatten bisher gegen das Personengesetz verstoßen. Auch werden sie aus staatlichen Töpfen für ihre Arbeit entlohnt. Zum anderen sollen riskante heimliche Geburten und Fälle, in denen Neugeborene ausgesetzt oder getötet werden, verhindert werden. 2012 wurden in Deutschland laut Kinderhilfswerk Terre des hommes 27 Babys kurz nach der Geburt getötet oder aber unversorgt an versteckten Orten ausgesetzt, wo sie starben. Zehn wurden noch rechtzeitig gefunden.

Unter www.geburt-vertraulich.de finden Schwangere Beratungsstellen. Im Kreis gibt es hier Hilfe: Lisa Schnelten und Nicola Repnow vom Frauentreff Elmshorn (04121/6628), Ritva Akerblom von der Awo-Schwangerenberatung in Pinneberg (04101/205788), Ellen Katzmann vom Diakonischen Werk Rantzau-Münsterdorf (04121/71035), Erdmute Eckhard-Roos von der Beratungsstelle für Frauen und Familie vom Sozialdienst katholischer Frauen (04121/24881) und Tatjana Amendt von Donum Vitae in Pinneberg (04101/8147090).