Mit Erste-Hilfe-Systemen und einem federnden Fahrradlenker sind Erfinder Carsten Kröger Markterfolge gelungen

Klein Nordende. Das Gute liegt in der Einfachheit. Das hat Carsten Kröger bereits als junger Mann auf einer Reise mit einem umgebauten Lkw quer durch Afrika erfahren. Was fürs Leben gilt, trifft auch auf die Erfindungen des 51-Jährigen zu. Gibt man bei Google „Erste Hilfe Systeme" ein, erscheint Krögers Internetseite Pflastamann ganz oben. Dort vertreibt der Erfinder aus Klein Nordende seine Verbandskästen. Was daran neu sein soll? Sie sind 20 Jahre haltbar und müssen nicht wie Kästen anderer Hersteller nach fünf Jahren ausgetauscht werden. Denn die Verbandstoffe sind nach sterilen und unsterilen Produkten getrennt.

„Die Menschen sollen wegwerfen und neu kaufen“, sagt Kröger über andere Systeme. „Wir müssen umdenken und dürfen nicht so leichtfertig mit unseren Rohstoffen umgehen.“ Alle Erste-Hilfe-Produkte, die im Alltag benötigt werden, wie zum Beispiel Pflaster sind in seinem Kasten frei zugänglich platziert. Zieht man eins raus, löst sich auf einer Seite die Schutzfolie vom Klebeband. Das Pflaster muss benutzt werden. „Das versiegelte Fach mit den gesetzlich vorgeschriebenen Produkten muss bei kleinen Verletzungen nicht angebrochen werden und bleibt maximal 20 Jahre steril“, sagt Kröger. Das lästige Nachkontrollieren, ob auch alles da ist, entfällt. Das spart Zeit und Geld.

Zeit sparen, darum geht es auch bei seiner optimierten Anleitung zur Ersten Hilfe. „Das ist die erste Anleitung für Erste-Hilfe-Maßnahmen, die ohne Worte auskommt“, sagt Kröger und zeigt eine laminierte Karte. Damit ist sie international verständlich. „Und Bilder sind schneller.“ Auch das Verbandbuch, in dem auch kleinere Unfälle schnell eingetragen werden können, hat Kröger optimiert. Es hat nun einen Durchschlag, sodass nicht nur wie bisher der Betrieb ein Exemplar erhält, sondern auch der Verletzte. Außerdem können die Protokolle so aus dem Unfallbuch herausgetrennt werden, dass der Vorgang anonym bleibt, aber jederzeit schnell in der Ablage wiedergefunden werden kann. „Die Blätter werden nicht wie üblich von einer Heftklammer zusammengehalten, sondern sind mit einer Naht verbunden“, sagt Kröger. So könnten keine Blätter unbemerkt entfernt werden. Klingt einfach, gab es aber vorher so nicht.

„Ich nehme das, was da ist, und optimiere es oder füge das Beste aus allem neu zusammen“, sagt Kröger. So klebt an jedem seiner Verbandskästen ein Klick-fix-Halter mit einem Kugelschreiber an einer Teleschnur. Weil man sonst nie einen Stift zur Hand hat, wenn man ihn braucht.

Kröger, der keine Ausbildung hat, machte sich nach dem zweijährigen Trip durch Afrika in der Gastronomie selbstständig und führte acht Jahre lang den Langeloher Hof in Elmshorn. Nach der Pleite fand er eine Anstellung im Verkauf eines Familienbetriebs, der Erste-Hilfe-Systeme vertrieb. Dort entwickelte Kröger immer neue Ideen, wie man die Systeme optimieren könnte. Damit wagte er noch einmal den Sprung in die Selbstständigkeit.

Seine Garage wurde zum Testlabor. Seit 2010 sind die Pflastamann-Produkte auf dem Markt. Das kleinste System kostet 139 Euro. Gerade konnte er Aral als Kunde gewinnen. Die Firma bewies schon mit einer Helmablage auf ihren Tankstellen-Toiletten ihr Gespür für innovative Ideen. Auch Edeka Nord beliefert er.

Seine Verbandskästen liefert Kröger wenn möglich mit dem Fahrrad aus. Das war nicht immer komfortabel. „Durch die vollgepumpten Reifen spürte ich jedes Schlagloch“, sagt er. Irgendwann schmerzten die Handgelenke. Doch um Unebenheiten abzufedern, gab es bisher nur Lösungen für den Vorbau des Rades. „Dieser ging oft kaputt“, sagt Kröger. Auch die Federgabel sei anfällig, da sie schnell roste.

Also machte der Erfinder sich so seine Gedanken. Das Ergebnis: schwingungsentkoppelte Federelemente für den aus Schwungmetall gearbeiteten Fahrradlenker. Dafür lässt er einen Stahllenker auf Griffhöhe abschneiden und mit Langmuttern verschweißen, sodass Schwingmetalle hinter den Griffen befestigt werden können. Ein halbes Jahr lang wurde Krögers Erfindung in der DIN-Prüfung getestet, bis sie für den Markt zugelassen wurde. Alle seine Zulieferer kommen aus der Region. Das ist doppelt nachhaltig: Er fördert die lokale Wirtschaft und kann alle Partner mit dem Rad erreichen.

Der Name für das Produkt: Chick´n Wings, frei nach dem Motto „chic, no wings“, da auch der Trizeps trainiert werde, so Kröger. Schlabbrige Oberarme sollen so Vergangenheit sein. Der Schwingmetall-Lenker sei leicht nachrüstbar und biete bei konstanter Fahrsicherheit mehr Komfort. Damit beim Radeln gute Laune aufkommt, hat Kröger eine Musikanlage mit stufenloser Schaltung an sein Fahrrad montiert, die er über sein Handy bedienen kann.

Mit seiner Erfindung ist er auch an die Deutsche Post herangetreten. „Einige Zusteller hatten mir von Schmerzen in den Handgelenken berichtet.“ Doch das Unternehmen habe den Wert seiner Lenker noch nicht erkannt. Eine ältere Dame aus der Nachbarschaft war schlauer. Sie hat sich die Schwingmetalle an den Griffen ihres Rollators anbauen lassen, weil ihr die Arthritis in den Knochen sitzt. Mit dem Ergebnis war sie so glücklich, dass sie dem Erfinder eine Torte zum Geburtstag brachte.

Carsten Kröger lässt nichts unversucht und versucht auch auf dem chinesischen Markt sein Glück. „Ein Bekannter hat meine Erfindung auf der Taipei International Cycle Show, Asiens größter Fahrradmesse, vorgestellt“, sagt er. Noch hat er dort keinen Hersteller für sich gewinnen können, auch wenn die Erfindung auf großes Interesse gestoßen sei. Keine Angst vor Plagiaten? „Ich dachte, ich gehe es offensiv an“, sagt Kröger optimistisch. Acht Händler in Hamburg und Schleswig-Holstein, darunter Böttcher Fahrräder in Heide und Gräber-Räder in Hamburg-Wandsbek, haben seinen Lenker für 169 Euro bereits ins Sortiment aufgenommen.

Und weil Kröger stetig mehr Waren ausliefern muss, brauchte er einen größeren Anhänger. Kurzerhand konstruierte er aus einer Leiter und mehreren Boxen den ersten fünf Meter langen Fahrradanhänger. Für Testfahrten sucht er nun Fahrradkuriere.