Eine Stichprobe in drei Kindertagesstätten zeigt: Die Mahlzeiten sind ausgewogener als es eine aktuelle Bertelsmann-Studie vermuten lässt

Kreis Pinneberg. In der Krippengruppe Wirbelwind hört man nur die Löffel klappern. Mit Appetit essen die Kleinsten der unabhängigen Kita Regenbogen in Halstenbek, die von Eltern gegründet wurde, Kartoffelsuppe. „Wir lassen uns das Essen von der Kreativen Gemeinschaftsverpflegung aus Hamburg liefern und sind damit sehr zufrieden“, sagt Kita-Leiterin Kirsten Osius. Der Hit sei der frischgekochte Kartoffelbrei. „Da mussten wir gerade auf größere Portionen umstellen.“ Das Essen für die fünf Gruppen wird in nach Gruppen sortierten Behältern geliefert. Das erleichtert die Ausgabe.

Laut einer bundesweiten Studie der Bertelsmann-Stiftung bekommen in vielen Kitas die Kinder zu häufig Fleisch und zu wenig Obst und Gemüse. Danach entspricht die Verpflegung nur in jeder dritten Kita dem Standard der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Es fehle zudem an hauswirtschaftlicher Fachkompetenz sowie an adäquater Küchenausstattung. Die Stiftung fordert verbindliche Qualitätsstandards für die Kita-Verpflegung und eine verbindliche Finanzierung. Inzwischen essen bundesweit mehr als 1,8 Millionen Kinder in ihrer Kita Mittag – knapp 80 Prozent der unter Dreijährigen sowie rund 60Prozent der über Dreijährigen.

Wie sieht die Verpflegung in den Kitas im Kreis Pinneberg aus? Eine Stichprobe in drei zufällig ausgewählten Tageseinrichtungen zeigt, dass hier großer Wert auf gesunde Ernährung gelegt wird. In allen drei Häusern gibt es pro Woche einmal Fleisch und einmal Fisch, ansonsten viel frisches Obst und Gemüse. Zutaten werden in einzelnen Schüsseln auf den Tisch gestellt, damit die Kinder sehen, was sie essen. Sie dürfen sich selbst auffüllen. Wer etwas nicht mag, muss es nicht essen, aber wenigstens einmal probieren.

„Dickungsmittel oder dicke Panaden kommen in unserem Haus so gut wie nie vor“, sagt Osius. Reste bleiben selten übrig. Frühstück geben die Eltern in Halstenbek ihren Kinder mit. Am Nachmittag machen die Gruppen ihre „Schmausepause“. Dann gibt es Obst, Gemüsesticks oder auch mal Kekse. Die Ganztagsgruppen dürfen sich beim Wocheneinkauf selbst aussuchen, was sie am Nachmittag essen möchten.

Nur jede dritte Kita beschäftigt laut Bertelsmann Stiftung hauswirtschaftliches Fachpersonal. In der evangelischen Kita Memeler Straße in Elmshorn kochen gleich zwei Hauswirtschafterinnen. Ute Oswald kommt für 30 Stunden in der Woche in die Kita und versorgt jeden Tag etwa 85 Mittagskinder. Hilfe erhält sie von Barbara Binder und derzeit Schülerpraktikantin Vanessa Kesin. An diesem Tag gibt es Nudeln. „Es stand Fisch auf dem Plan, aber der Händler um die Ecke musste schließen“, sagt Binder, die Wert auf regionale Produkte legt. Nun muss erst einmal ein neuer gefunden werden. Obst, Gemüse und Eier kommen vom Bauernhof in Brande-Hörnerkirchen, Milch und Joghurt vom Hof in Rellingen, das Brot von einem Barmstedter Bäcker, der selbst backt. Neben dem Kita-Eingang hängen Fotos. So sehen die Kinder, welche Gerichte sie erwarten: Kartoffelpuffer mit Apfelmus plus Gemüsesticks mit Quark am Donnerstag, Senfei und Obstteller am Freitag.

Dass den Kitas eine zentrale Rolle in Sachen gesunder Ernährung zukommt, zeigt auch die immer größere Zahl zu dicker Kindern. So sind laut Robert-Koch-Institut bereits neun Prozent der Drei- bis Sechsjährigen übergewichtig, knapp drei Prozent adipös.

Einige Eltern glauben, ein „Knoppers“ sei ein vollwertiges Frühstück. Diese Erfahrung hat auch Christiane Carstensen gemacht, die die Kita Memeler Straße leitet. Andere Kinder hätten auch schon mal Verschimmeltes in ihrer Brotdose, weil die Eltern drei Tage lang nicht hineingeschaut haben. „Wir haben uns deswegen entschlossen, täglich auch ein gesundes und vielfältiges Frühstücksbuffet anzubieten.“

Von Oktober an wurde das Buffet drei Monate lang getestet. Dann wurden Eltern und Kinder befragt, ob sie zufrieden sind. 81 Eltern befanden es für gut, 14 waren gegen das neue Angebot. Überraschenderweise vermissten bei den Ganztagskindern die Hälfte ihre von Mutti gefüllte Brotdose. Daher dürfen die Kinder als Übergang noch bis zu den Sommerferien ihre Brotdose am Nachmittag auspacken. Viele Eltern würden auch zu Hause auf eine ausgewogene Ernährung achten. Die Schere zwischen den Extremen werde jedoch größer, so Carstensen.

In der Kita Zauberbaum in Quickborn, deren Träger die Stadt ist, dürfen die Kinder selbst in die Küche. „In einer Woche haben sie die Berufe ihrer Eltern vorgestellt“, sagt die Leiterin Edeltraud Wiege. Ein Vater ist Koch und nahm die Gruppe zu seinem Arbeitsplatz in einem Hotel mit. „Danach wollten die Kinder gern selbst Nudeln machen, was sie dann hier in der Kita auch getan haben.“ Auf dem Außengelände wachsen Kräuter, die von den Kindern zum Beispiel in Quark verarbeitet werden, oder sie bringen Obst vom Wochenmarkt mit und schnippeln sich daraus einen bunten Salat.

Selbst zusammengerührt schmeckt sowieso am besten. Es sei denn, Angela Pohlmann steht am Herd. Die Köchin und eine Beiköchin verköstigen 120 Kinder im Zauberbaum. Das ist nur zu schaffen, wenn die Gruppen nacheinander essen. Trotz der vielen Kinder kann Pohlmann auf individuelle Bedürfnisse eingehen, zum Beispiel, wenn Allergien bestehen oder bestimmte Lebensmittel aus religiösen Gründen nicht gegessen werden dürfen. Brot fürs Frühstücksbuffet bäckt sie selbst.

Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Kita-Essen Ihrer Kinder gemacht? Berichten Sie uns diese per E-Mail an pinneberg@abendblatt.de.