Es hat mehr als ein Jahrhundert auf dem Buckel und klingt doch wild und rebellisch wie am Tag seiner Uraufführung.

Quickborn. In den vier brodelnden Sätzen seines Oktetts op. 7 scheint der Komponist George Enescu auf ewig so jung zu bleiben, wie er anno 1900 war, als er es in die Welt setzte – ganze 19 Jahre alt. Es sind vier Sätze, die einen Saal erst totenstill werden lassen können, um das Publikum anschließend komplett von den Stühlen zu reißen.

Gleichzeitig ist das Oktett selbst für so routinierte Praktiker wie die acht handverlesenen Streicher des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg, die das Werk zum Saisonfinale der Freunde der Kammermusik Quickborn im Artur-Grenz-Saal spielten, ein echter Härtetest. Den meisterten die acht Saitenzauberer unter Führung von Mitsuru Shiogai, Vorspielerin der Ersten Violinen im Orchestergraben der Hamburgischen Staatsoper, mit der gesammelten Kaltblütigkeit und Virtuosität ihres Fachs nicht etwa wie eine gut geölte Präzisionsmaschine.

Unter ihren Händen platzte der Geniestreich des jungen Rumänen vielmehr vor fiebriger Lebendigkeit aus allen Nähten. Vom unerhört akkuraten Gänsehaut-Pianissimo zum Abschluss des ersten Satzes bis zum krönenden, druckvoll vorwärts preschenden Feuerwerk im Dreivierteltakt, das Enescu erfreulicherweise von jeder süßlichen Walzerromantik befreit hatte, scheuchten die Musiker ihre staunenden Zuhörer von einer Klangüberraschung zur nächsten.

Zugegeben: Im Vergleich zu dem romantischen Ohrschmeichler, dem Es-Dur-Oktett op. 20 aus der Feder des damals erst 16 Jahre jungen Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy, den die acht Edelstreicher vor der Pause aufs Zauberhafteste interpretiert hatten, wirkte Enescus Zauberwerk bei aller Faszination auch ziemlich anstrengend. Doch die Mühe lohnte sich – schließlich bekommt man einen solchen Festtagsbraten in dieser ungewöhnlichen Besetzung nicht alle Tage vorgesetzt.