Pinneberg: Die drei Täter waren mit einer Schreckschusspistole bewaffnet und gerieten in einen Kugelhagel der Polizei

Pinneberg. Acht Wochen nach dem filmreifen Überfall auf das Spielcasino Novolino in Pinneberg hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen die drei Täter erhoben. Zwei 23 und 24 Jahre alte Männer müssen sich wegen gemeinschaftlichen Raubes mit Waffen verantworten, der 26-jährige Fahrer des Fluchtwagens wegen Beihilfe zum Raub. Laut Anklageschrift bestand die Bewaffnung der Räuber aus einer Schreckschusspistole.

Damit ist klar, dass alle am Tatort abgefeuerten Schüsse aus Polizeiwaffen stammen. Eine Kugel traf den 24 Jahre alten Räuber ins Bein, sechs Projektile durchsiebten die Eingangstür des Casinos, auch eine Fensterscheibe wurde offenbar getroffen.

Die Staatsanwaltschaft lässt prüfen, ob die Polizisten in Notwehr handelten

„Es läuft ein Ermittlungsverfahren gegen die eingesetzten Beamten wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung im Amt“, bestätigt Uwe Dreeßen, Sprecher der Staatsanwaltschaft Itzehoe. Dabei werde geprüft, ob die Polizisten in Notwehr handelten, als sie am Morgen des 2. April das Feuer auf die Räuber eröffneten. Sollte sich eine Notwehrsituation bestätigen, werde das Verfahren gegen die Beamten eingestellt, so der Oberstaatsanwalt weiter.

Laut Anklageschrift betraten die 23 und 24 Jahre alten Männer, die ihr Gesicht hinter Sturmhauben verbargen, um kurz nach 5 Uhr einen Bereich des Spielcasinos Novolino. Das Etablissement der Extra Games Entertainment GmbH ist in unterschiedliche Spielbereiche mit separaten Eingängen aufgeteilt und liegt in der Straße Am Hafen. Kurz vor Schließung der „Daddelhalle“ waren dort noch zwei Gäste und eine Aufsicht anwesend.

Die Räuber bedrohten die Personen mit einer Gaspistole vom Typ Walther P22, die kaum von einer echten Waffe zu unterscheiden ist, und schüchterten sie mittels massiver Drohungen ein. Dann fesselten sie die beiden Gäste und die Aufsicht, der sie zuvor den Tresorschlüssel abgenommen hatten, mit Klebeband. Aus dem Tresor entnahmen die Männer 1500 Euro und steckten das Geld in eine Tasche.

Was die Räuber nicht ahnten: Zum Zeitpunkt des Überfalls befand sich nach Abendblatt-Informationen eine weitere Mitarbeiterin in einem Nebenraum. Sie schloss sich dort ein und informierte per Handy die Polizei über das Geschehen. Die Leitstelle schickte sofort alle verfügbaren Streifenwagen zum Einsatzort.

Offenbar sah der im Fluchtwagen wartende Komplize das Unheil kommen und warnte seine noch im Gebäude befindlichen Kumpanen. So gelang dem 23 Jahre alten Räuber in letzter Sekunde die Flucht durch ein Fenster. Er ist dann offenbar über das Gelände des Motorbootclubs Pinneberg oder über den benachbarten Bauspielplatz entkommen, hat eventuell auch die Pinnau durchschwommen.

Der 24-jährige Haupttäter, der auch die Waffe bei sich führte, geriet dann in eine Konfrontation mit den eintreffenden Polizeikräften, in deren Verlauf die Schüsse fielen.

Was dort genau passierte, ist Gegenstand des parallel geführten Ermittlungsverfahrens gegen die Beamten. Dieses soll nach Abendblatt-Informationen kurz vor dem Abschluss stehen.

Sicher ist bislang nur, dass der 24-Jährige von einer Polizeikugel im Bein getroffen und nach kurzer Flucht von den eingesetzten Beamten überwältigt wurde. Dabei verletzte sich ein Polizist am Knie, ein anderer erlitt aufgrund der vorherigen Schussabgabe ein Knalltrauma. Der angeschossene Räuber kam ins Krankenhaus. Das erbeutete Geld konnte ebenso wie die von den Tätern benutzte Schreckschusswaffe sichergestellt werden. Auch die zur Maskierung genutzten Sturmhauben stellten die Beamten sicher.

Den beiden Haupttätern droht eine Gefängnisstrafe nicht unter fünf Jahren

Inzwischen sitzt der 24-Jährige in Untersuchungshaft. Er hat ein umfassendes Geständnis abgelegt. Noch am Nachmittag des 2. April nahm die Polizei auch den 23-jährigen Komplizen fest. Auch gegen ihn wurde ein Haftbefehl erlassen. Beide Männer stammen aus Pinneberg und sind bereits aufgrund von Gewaltdelikten vorbestraft. „Zwei der drei Täter haben sich geständig eingelassen“, bestätigt Oberstaatsanwalt Dreeßen.

Im Laufe der Ermittlungen konnte auch der Fluchthelfer identifiziert werden. Der 26 Jahre alte Pinneberger befindet sich bis zum Prozess auf freien Fuß. Während er mit einer Bewährungsstrafe davonkommen dürfte, droht seinen Komplizen eine längere Zeit hinter Gitter.

Die Mindeststrafe für einen bewaffneten Raubüberfall liegt bei fünf Jahren Haft. Angesichts der brutalen Vorgehensweise und möglicher Vorstrafen dürfte der Richterspruch deutlich darüber liegen. Das Verfahren wird vor der Ersten Großen Strafkammer des Landgerichts Itzehoe verhandelt. Einen Prozesstermin gibt es noch nicht.