Beim Haseldorfer Tag des schönen Gartens geht es nicht um spektakuläre Blütenpracht, sondern um regionale Idylle

Haseldorf. An zarten Rosenknospen schaukeln die federleichten Tropfen eines Sommerregens. Pfingstrosen prahlen mit ihren duftigen Blüten in puderrosa, schneeweiß und magenta. Elegant ragen die festen Stängel und florettschmalen Blätter der Lilien in den späten Maihimmel. Und das alles wird eingerahmt vom satten Grün knapp kniehoch gestutzter Buchsbaumhecken, wie sie typisch sind für norddeutsche Bauerngärten. Der Garten der historischen Haseldorfer Bandreißerkate ist ein kleines Frühsommerparadies, selbst wenn die Sonne mal nicht scheint.

Hier direkt hinterm Elbdeich gedeihen aber nicht nur Baum und Blume, hier keimte auch eine Idee, die sich mittlerweile zu einem echten Geheimtipp für Gartenliebhaber in der Marsch gemausert hat. Jahr für Jahr lockt der „Tag des schönen Gartens“, den der Kulturverein Haseldorfer Marsch ausrichtet, Dutzende von Besuchern in ausgewählte private Gärten der Gegend. In diesem Jahr ist es am Sonntag, 1. Juni, so weit. Von 11 bis 17 Uhr öffnet die Bandreißerkate ihre Pforten und ihren Garten. Bei Kaffee und Kuchen können Besucher Blüten bestaunen, fachsimpeln und sich über ihr Hobby austauschen. Gleichzeitig öffnen vier weitere Gartenbesitzer in Haselau, Altendeich und Hohenhorst ihre privaten grünen Oasen für die interessierte Öffentlichkeit. Die genauen Adressen liegen im Haseldorfer Elbmarschenhaus und in der Bandreißerkate aus.

Die Aktion ist nicht zu verwechseln mit der landesweiten Veranstaltung „Tag des offenen Gartens“, die am 21. und 22. Juni ihren Höhepunkt hat und an der mehr als 200 Gartenbesitzer in Hamburg und ganz Schleswig-Holstein ihre Gärten für Hunderte von Schaulustigen öffnen, im Gegenteil.

„Uns geht es weniger um Super-Gärten mit spektakulären Gestaltungen oder exotischen Pflanzen, sondern mehr um regionale Authentizität“, sagt Maria Westphal, Zweite Vorsitzende des Kulturvereins Haseldorfer Marsch. „Haus und Garten sollten zusammenpassen, da sollte es eine Verbindung geben.“ Die ehemalige Uetersener Schulleiterin hatte die Idee, sie organisiert die kleine, feine Aktion bis heute. Bei großen Veranstaltungen wie dem „Tag des offenen Gartens“ mit seinen vielen sehenswerten Orten seien die Besucher oft sehr in Eile, um in der kurzen Zeit möglichst viel zu sehen. „Wir wollen kein Garten-Hopping, sondern eine unkomplizierte, unbürokratische Veranstaltung, bei der die Gäste ganz gepflegt Zeit haben“, sagt Maria Westphal.

Diesen geruhsamen Ansatz unterstreicht nicht nur die übersichtliche Zahl von Teilnehmern, sondern auch die Tatsache, dass sich alle Veranstaltungsorte gemütlich mit dem Rad ansteuern lassen. Sie liegen ja nur wenige Kilometer auseinander zwischen der Drehbrücke über die Pinnau im Norden und der Bandreißerkate im Süden eines Rundkurses.

In diesem Jahr sind vier der fünf Schaugärtner zum ersten Mal dabei. Zu sehen gibt es beispielsweise ein handtuchschmales Gelände am Pinnaudeich, das die Besitzerin rund um ihr reetgedecktes Häuschen mit Kübeln, Stauden und Mobiles liebevoll gestaltet hat. Oder einen sehr geräumigen Garten, dessen Blumenpracht die Eigentümer mit allerhand ländlichem Kunsthandwerk geschmackvoll bereichert haben. Lohnend dürfte auch der Blick auf das sonst von der Straße nicht einsehbare Areal einer ehemaligen Staudengärtnerei sein, das die Bewohner in einen kleinen Landschaftspark mit weiten Rasenflächen, Gemüsebeeten und geschwungenen Wegen verwandelt haben. Und wer schon immer mal wissen wollte, was aus der früheren Hohenhorster Schule, gebaut 1910, geworden ist, der hat am Tag des schönen Gartens zumindest Gelegenheit, das von den neuen Eigentümern komplett umgestaltete Außengelände mit Wintergarten, Werkstatt und Hühnerstall unter die Lupe zu nehmen.

Wie viele Jahre sie diese Aktion schon organisiert, weiß Maria Westphal nicht. „Es fing mit Radtouren des Kulturvereins an, irgendwann sind wir auch in Gärten eingekehrt, und dann haben immer mehr Leute angeboten, ihren Garten zur Verfügung zu stellen.“ Als langjährige Gastgeberin in ihrem eigenen Garten in Haselau weiß sie, mit welchem Ansturm zu rechnen ist: „Vor zwei Jahren kamen 60 Leute, die ersten standen gleich um 11 Uhr an der Pforte.“ Sie habe sich über das Interesse gefreut. „Ich habe ganz neue Menschen kennengelernt, die mich auch gleich in ihre Gärten eingeladen haben.“ Maria Westphal selbst hackt, jätet und pflanzt mit Leib und Seele. In jeder Stadt, die sie besucht, steht der Botanische Garten auf dem Pflichtprogramm, von Paris über Berlin bis New York. Sie liebt die englische Gartenkunst, besichtigte grüne Paradiese in England, Schottland und Holland, wandelte auf den Spuren des Landschaftsarchitekten Caspar Voght, der den Hamburger Jenischpark anlegte. „Für mich ist der Garten ein Ort der Erholung. Beim Unkrautzupfen kann ich wunderbar meinen Gedanken nachhängen.“ Die schweißtreibende Plackerei betrachte sie nicht als Arbeit. „Ich nenne es Gartenyoga.“