Ratsmehrheit hebt Beschluss von 1946 auf, in dem Horst-Wessel-Platz nach Nazi-Opfer Paul Warnecke umbenannt wurde

Quickborn . Die Stadt Quickborn holt ein dunkles Kapitel der NS-Vergangenheit wieder ein. Der Beschluss der Ratsversammlung von Montagabend, den CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und Grünen fassten, lässt die Frage offen, ob es jetzt rein formal in Quickborn wieder einen Horst-Wessel- Platz gibt. Nach diesem SA-Mann hatten die Nazis offenbar ein kleines Wäldchen am heutigen Harksheider Weg benannt. 1946 hatte der damalige Gemeinderat in Quickborn das Areal einstimmig in Paul-Warnecke-Platz umbenannt, wie der Geschichtsforscher Jörg Penning herausfand.

Dieser Beschluss von 1946 wurde aber nie umgesetzt, sodass die Initiative selbstbewusstes Quickborn eine Würdigung dieses 1933 von den Nazis ermordeten 19 Jahre alten Quickborner Kommunisten forderte und die Stadtverwaltung den Antrag stellte, das Birkenwäldchen formal in Paul-Warnecke-Platz umzubenennen, wie es bereits 1946 beschlossen wurde. Der zuständige Fachausschuss folgte Anfang Mai diesem Vorschlag einstimmig.

Doch nun kippte der Rat mit 15 gegen zehn Stimmen den Beschluss des Ausschusses und entschied stattdessen: „Der Beschluss des Gemeinderats vom 23. April 1946, den Platz am Harksheider Weg (Birkenwäldchen) in Paul- Warnecke-Platz umzubenennen, wird aufgehoben.“ Doch das bedeute in der Konsequenz, sind sich die Initiatoren Jens-Peter Nuckel und Sabine Schaefer- Manizki vom selbstbewussten Quickborn einig, dass er nun wieder Horst-Wessel-Platz heißen müsste. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die CDU das bedacht hat“, wundert sich Schaefer-Maniezki. Der SPD-Vorsitzende Eckhard Schramm kündigt an, diese Frage juristisch prüfen zu lassen.

CDU-Sprecher Bernd Weiher hält das für „kompletten Unsinn“. Seines Wissens habe das Wäldchen in der Bevölkerung nie anders geheißen als „Birkenwäldchen“. Auch seine 1945 aus Ostpreußen nach Quickborn geflüchtete Mutter kenne es nur unter diesem Namen. Um alle Zweifel auszuräumen, wäre es kein Problem, auf der nächsten Ratssitzung klarzustellen, dass dieses Wäldchen namenlos bleiben soll. „Das ist für mich eine reine Formalie.“

Ähnlich sieht es Bürgermeister Thomas Köppl. Nicht jeder historische Beschluss behalte bis heute seine Wirkungskraft, nur weil er nicht umgesetzt wurde. „Der alte Beschluss hat durch Zeitablauf seine Regelungskraft verloren.“ Sein Sprecher Jochen Lattmann ergänzte am Dienstag: „Das Ding hat keinen Namen. Der Name war schon vor mehr als 60 Jahren weg.“

Das Innenministerium teilt dazu auf Nachfrage mit: „Der Beschluss der Quickborner Ratsversammlung vom Montag ist formal nicht zu beanstanden.“ Welche konkreten, praktischen Folgen sich daraus ergäben, könne das Innenministerium naturgemäß nicht beantworten, so Ministeriumssprecher Thomas Giebeler. „Dies ist Aufgabe der Ratsversammlung und der Verwaltung der Stadt Quickborn.“

Während der Ratssitzung hatte sich Bürgermeister Köppl für die Würdigung des ermordeten Warnecke eingesetzt. „Es ist gute Kultur in Quickborn, Menschen zu ehren, die Opfer des NSRegimes waren“, sagte er und erinnerte an das nach Dietrich Bonhoeffer benannte Gymnasium und die nach Lilli Henoch benannte Sporthalle. Warnecke habe gewaltfreien Widerstand gegen die Nazis geleistet und sei hinterrücks erschossen worden, zitierte Köppl die Recherchen von Gymnasiasten, die vor zwei Jahren dazu führten, dass der Kölner Künstler Gunter Demnig einen seiner europaweit verlegten Stolpersteine zum Gedenken an NSOpfer im Namen von Paul Warnecke in Quickborn verlegte.

Warnecke habe damals Zivilcourage gezeigt, plädierte Köppl für die Umbenennung des Wäldchens. „Zivilcourage ist etwas, was wir dringend brauchen in unserer Gesellschaft, egal welche Hautfarbe jemand hat oder welcher Partei er angehört.“ Nach dem CDU/ FDP-Ratsbeschluss soll es eine Warnecke- Hinweistafel zum Gedenken an die damaligen Ereignisse geben. Dazu CDU-Fraktionschef Klaus H. Hensel am Dienstag: „Namensgebungen nach Personen sollten nur dann erfolgen, wenn eine besondere Leistung für die Allgemeinheit gewürdigt werden soll.“ An ein abscheuliches Verbrechen zu erinnern, eigne sich dafür nicht.