Die neo-romantische Orgel für die Pinneberger Christuskirche kostet eine halbe Million

Pinneberg. Der Gemeindebrief der evangelisch-lutherischen Christiuskirche in Pinneberg erhielt eine frohe Botschaft: „Liebe Gemeinde, wir haben in unserer Kirchengemeinde viel zu loben und zu danken in diesen Monaten. Am Sonntag nach Pfingsten folgt die Weihe unserer neuen Orgel“, schrieb Pastor Karl-Uwe Reichenbächer.

Daraus wird leider nichts. Die Gemeinde hat gelbe Aufkleber auf den Gemeindebriefen platziert. Die Botschaft: „Orgelweihe und Orgelwochen müssen leider verschoben werden! Neue Termine folgen!“ Seit Februar 2012 fertigt die Meisterwerkstatt für Orgelbau und Restauration Albert Baumhoer eine neue neoromantische Orgel für die Kirchengemeinde an der Bahnhofstraße in Pinneberg. Die Orgelbaufirma hat ihren Sitz in Salzkotten in Ostwestfalen. Sie hat insgesamt drei Mitarbeiter.

Nun musste sich Albert Baumhoer einer Knie-Operation unterziehen und fällt insgesamt sechs Wochen lang aus. Das hat Konsequenzen für die Christuskirchengemeinde: Die für Sonntag, 15. Juni, geplante Orgelweihe und die Orgelwochen vom 14. Juni bis zum 6. Juli können nicht stattfinden. Albert Baumhoer will seine Arbeit bis Ende Juli beenden, am 5. Oktober um 11 Uhr soll die Orgel eingeweiht werden – innerhalb der Orgelwochen.

„Da steckt sehr viel Handarbeit im Bau der Orgel“, sagt Orgelbaumeister Albert Baumhoer. „Ein Großteil der Holzbearbeitung und der Metallbearbeitung erfolgen mit der Hand. Die Orgel, die wir bauen, ist ein absolutes Unikat.“ Die Bauteile für die Baumhoer-Orgel hat das Drei-Mann-Team in Salzkotten – gemeinsam mit Subunternehmern für die Holzbearbeitung – bereits hergestellt. Am 5. März hat die Orgelbaufirma die Orgelteile nach Pinneberg geliefert. Dort lagerten die Orgelpfeifen bis April im Kirchenschiff.

Jetzt wollen Albert Baumhoer und seine beiden Mitarbeiter die Arbeiten Mitte Juni wieder aufnehmen. „Der Spieltisch muss noch geliefert und installiert werden“, sagt Albert Baumhoer. „Und unser Intonateur Hugo Weidemann muss die klangliche Ausarbeitung vornehmen und die Orgelpfeifen an die Akustik anpassen. Danach wird die Orgel gestimmt.“ Für die wichtige Intonation wird Hugo Weidemann Aufschnitte in den Pfeifenkörpern vornehmen, die Pfeifenkörperlänge festlegen und die Pfeifenfüße weiten. Den Großteil der Arbeit hat er bereits im ostwestfälischen Salkotten verrichtet – in Pinneberg muss er nur noch nacharbeiten.

Die ursprüngliche Orgel in der Christuskirche stammt vom Baumeister Ernst Röver. Er stammte aus einer Orgelbauerfamilie aus Stade, die in Norddeutschland regionale Bedeutung erlangt hatte. Röver baute die Pinneberger Orgel 1896 – sechs Jahre, nachdem die Christuskirche errichtet worden war. Die größte von Röver gebaute Orgel mit drei Manualen und 101 Registern entstand 1891 für die Hamburger Nikolaikirche und wurde beim Bombenangriff der britischen Royal Air Force am 28. Juli 1943 während der „Aktion Gomorrha“ zerstört, bei der in der Hansestadt etwa 34.000 Menschen starben und etwa 125.000 verletzt wurden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte ein Lübecker Orgelbauunternehmen die Pinneberger Röver-Orgel bis zum Jahr 1956 umgebaut. Dabei wurden mechanische Verbindungselemente aus Nylon und PVC verwendet. Die brachen im Laufe der Zeit. Die Folge: Die Kirchenmusiker Andreas Polzin und Klaus Schöbel hatten ihre liebe Müh und Not, der umgebauten Röver-Orgel schöne Klänge zu entlocken. „Viele Töne piepsten“, erinnert sich Klaus Schöbel.

Die Gemeinde entschied sich für eine neue Orgel, die so klingen soll wie die Röver-Orgel. Eine halbe Million Euro kostet das Instrument. Dazu wurde die Empore für 85.000 Euro neu gestaltet. 450.000 Euro kommen vom Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein, der Rest von den Spendern für den Orgelbauverein der Christuskirche.