Thesdorfer Schüler werden mit einem Projekt auf das Leben nach der Schule vorbereitet

Pinneberg. Das Itzehoer Unternehmen „adventure learning“ beschäftigt sich mit „Young Potentials“, schafft eine „Work-Life-Balance“ oder bereitet auf einen „Project-Kick-Off“ vor. Und weil die moderne Geschäftssprache sich vor allem durch viel Entlehntes aus dem angelsächsischen Raum auszeichnet, verwundert es nicht, dass auch ein gemeinsames Projekt der Firma mit der Pinneberger Johann-Comenius-Schule einen englischen Namen trägt. „Accelerate“, also „Gas geben“, heißt das Programm, welches seit 2013 einmal pro Schuljahr für die Schüler des elften Jahrgangs Pflicht ist.

Das „frühzeitige Umschauen“ beginnt an der Thesdorfer Gemeinschaftsschule schon in der achten Klasse mit einem ersten Berufspraktikum. Von da an werden die Schüler bis zu ihrem Abschluss immer wieder mit dem späteren Arbeitsleben konfrontiert, ob nun durch Informationsabende, Berufsfindungstests oder Uni-Tage. Das „Accelerate“-Projekt hebt sich vom restlichen Angebot jedoch ab, meint Schulleiterin Uta Holst-Timm: „Die Schüler werden wirkungsvoll für den Weg nach der Schule sensibilisiert. Ich finde es wichtig, dass eben auch die Soft-Skills vermittelt werden, so werden Fähigkeiten erkannt und gefördert, nicht nur Fertigkeiten.“

Von der Idee, ein ganzes Wochenende wertvolle Freizeit in das Projekt zu stecken, scheinen anfangs zwar nicht alle Teilnehmer etwas zu halten. Im Nachhinein ist die Rückmeldung vieler Schüler aber positiv: „Man hat schon viel gelernt. Wie man selbstbewusster rüberkommt, ein Thema verkauft – Sachen, die man eben auch im Schulalltag anwenden kann“, berichtet der 17-jährige Tjard Neubert, der in diesem Halbjahr an dem Programm teilgenommen hat. Doch die Auswirkungen auf den Schulalltag sind nur das sekundäre Ziel, vorbereiten soll das Training hauptsächlich auf ein orientiertes Leben nach der Schule.

Ein Beispiel dafür ist das erfolgreiche Führen eines Bewerbungsgespräches. Findet man in unzähligen „Bewerbungsratgebern“ und auf mindestens ebenso vielen, teils semiseriösen, Internetseiten Tipps für den perfekten Ablauf eines solchen, ist die Strategie des jungen Unternehmens doch etwas anders. Berufserfahrene Trainer, aus den Personalabteilungen von Unternehmen wie DB Schenker, Philips oder McKinsey beschäftigen sich professionell und individuell mit den Schülern und bringen Stärken zum Vorschein, die Schwächen ausgleichen können. Dies zu bewerkstelligen, ist bei 85 Elftklässlern eine anspruchsvolle Aufgabe für Geschäftsführer Jan Friedrichs und sein Team: „Ein solches Wochenende wird von je vier Trainern und drei Organisatoren begleitet, so lässt sich eine solch große Gruppe aufteilen. Erst das macht eine individuelle Beobachtung und Einschätzung eines Schülers möglich.“

Die Schüler werden am Anfang des Wochenendes in Gruppen aufgeteilt, unabhängig von Klassen- und Freundeskreiszugehörigkeit. Über die zwei Tage zirkulieren dann vier Gruppen á etwa 20 Mitglieder durch die verschiedenen Angebote der anwesenden Trainer. Diese beinhalten das Erstellen eines Interessen- und Stärkenprofils, die erfolgreiche Selbstpräsentation im Bewerbungsprozess, Teamarbeit im Auswahlverfahren und im Beruf, sowie allgemeine Strukturen, die einen erfolgreichen Einstieg in die Ausbildungs- und Berufswelt gewährleisten sollen.

Die Trainings finden in den Räumlichkeiten der Nordakademie statt, so wird bewusst ein Rahmen außerhalb der Schule geschaffen. „Wir sagen nicht, dass wir Wissen besser vermitteln als die Schule, wir machen es mit anderen Techniken, anderer Struktur und einer anderen Zielsetzung“, erklärt Jan Friedrichs. Daher auch der Wechsel der Lernumgebung. Die Nordakademie unterstützt das Projekt mit den kostenlos bereitgestellten Räumlichkeiten und projektbegleitendem Material wie Flipcharts. Auch den Schülern gefällt der Tapetenwechsel, es würde Spaß machen „aus der Schule raus zu kommen und aktive Arbeit in unbekannten Räumen zu betreiben“, sagt die sechzehnjährige Alicia Meyer.

Inklusive Verpflegung kostet das zweitägige Projekt 28 Euro pro Schüler, 15 Euro werden von jedem Schüler, oder dessen Eltern, selbst getragen. Für die restliche Finanzierung kommen der Förderverein der Schule und die Bürgerstiftung der VR Bank Pinneberg auf. Ein Engagement, das sich lohnt. Die Schüler jedenfalls berichten, ihnen hätte das Programm geholfen, eine Richtung einzuschlagen oder das Selbstbewusstsein gebracht, einen Traum auch verfolgen zu wollen.