Auf der vierten Kulturnacht in Wedel zauberten und verzauberten Straßenkünstler und Volkstänzer gleichermaßen

Wedel. Bobby ist ein Meister des Verschwindenlassens. Nicht nur, dass der Hamburger Zauberer die Flamme einer Feuerzeuges in seiner Faust zu einem Eiswürfel werden lässt, er kann auch in Nullkommanichts ein handelsübliches Gummiband in seinem Nasenloch verschwinden lassen. Da machte nicht nur der kleine Junge große Augen, der mit offenem Mund stehenblieb und sich auf der vierten Wedeler Kulturnacht buchstäblich verzaubern ließ.

Nicht nur Bobby mischte sich am Sonnabend unter das Publikum. Junge Pantomimen marschierten in Reih und Glied zwischen Rolandstraße und Rosengarten auf und ab, zogen mit Kauderwelsch-Rufen die Blicke auf sich. Venezianische Maskenträger in schillernden Kostümen scharrten Kinder um sich. Ein Stelzenläufer im Matrosenkostüm überragte staksend die Menge. Die Gastronomen hatten bei strahlendem Sonnenschein draußen Tische aufgestellt, Besucher genossen Essen, Trinken und Livemusik.

Stadtpräsidentin Renate Palm hatte das bunte Kulturprogramm gegen 17 Uhr auf der Hauptbühne am Roland eröffnet. Anschließend wirbelten die Mädchen des Tanz- und Gymnastikstudios über das Parkett. Pippi Langstrumpf und ihre Freunde Annika und Tommy wirbelten ein vornehmes Kaffeekränzchen durcheinander. Es folgten Auftritte des Akkordeonorchesters „Viva la Musica“ und der Trommelgruppe „Daly“. Bis Mitternacht rockte die Band „Germanys next Rockmodel“.

Die Villa an der Mühlenstraße war mit Spinnweben verhangen, auf der Treppe leuchteten Grabkerzen, in den Räumen des Jugendtreffs herrschte Schlummerlicht. Für Gänsehaut sorgte auch Dirk Tim, der zu späterer Stunde Horrorliteratur von H. P. Lovecraft vorlas. Der amerikanische Autor inspirierte unter anderem Stephen King, Metallica und Clive Barker. Tim las zwei Kurzgeschichten aus dem Werk des Autoren, der als Tolkien des Horrors bezeichnet wird.

Brasilianisches Flair verströmte die Stadtbücherei. Draußen stimmte eine Samba-Gruppe mit exotischen Rhythmen auf die bevorstehende Fußball-Weltmeisterschaft ein, drinnen gab es brasilianische Tapas, Cocktails und eine Fotoausstellung über das diesjährige WM-Gastgeberland.

Markus Lüpertz führte Gruppen durch das Ernst-Barlach-Museum. Als Schüler mit „Musik für Augen und Ohren“ auftraten, wurde es eng im Geburtshaus des Künstlers. Eltern und Besucher drängten sich in der dritten Etage, um einen Blick auf das Konzert und den Tanz der Kinder vom Musikzentrum Schulauer Hof zu erhaschen.

Im Minutentakt wechselten sich im Rathaus Wedeler Chöre ab und gaben den Zuhörern eine Kostprobe ihres Könnens. Die halbstündigen Aufführungen des Theater Wedels waren so gut besucht, dass alle Sitze belegt waren und die Menschen auf den Treppen im Gang den Ausschnitten aus Gretchen und dem Kabarettprogramm folgten.

Die maritimen Küstenrocker der Band „Land unter“ nahmen die Besucher des Theaterschiffs Batavia mit auf Kaperfahrt. Die Nordlichter spannen mit Witz musikalisches Seemannsgarn, mixten sentimentale Balladen und Gassenhauer. Ringelnatz mit Hannes Grabau und Loriot rundeten das Programm auf dem Kulturdampfer ab.

Im Gartenhaus des Schleswig-Holsteinischen Heimatbundes wechselten sich plattdeutsche Stremels, mit Volkstanz- und Trachtengruppen mit dem Kirchturmbläser ab. Im Bunker an der Pinnauer Straße wurde Disco Fox, Salsa, Swing, Tango und Boogie getanzt. Zumba zum Mitmachen und Tanzaufführungen organiserte auch die Dance Academy Wedel. Schüler der Gebrüder-Humboldt-Schule lasen dem Publikum ihre selbst geschriebenen Texte vor. Und auch das Johann-Rist-Gymnasium präsentierte sich mit Improtheater, Orchesterauftritten und Oberstufenchor. Erst in zwei Jahren verwandelt sich die Altstadt wieder zur bunten Flaniermeile für Tausende von Menschen.