Polizei erklärt zwischen 2010 und 2014 die Region fünfmal zur geheimen Sonderzone, um Einbrecher jagen zu können

Kreis Pinneberg. Als Hamburgs Polizei im Januar 2014 zentrale Stadtteile für mehrere Tage zum Gefahrengebiet erklärte, war der Protest groß. Eine von der Innenbehörde eingesetzte Arbeitsgruppe rügte später unter anderem die unzureichende Information der Öffentlichkeit. In Schleswig-Holstein wird die Bevölkerung über derartige Maßnahme überhaupt nicht informiert: Zwischen 2010 und 2014 war der gesamte Kreis Pinneberg fünfmal zum Gefahrengebiet erklärt worden, damit die Polizei Jagd auf Einbrecherbanden machen konnte.

Die Ausweisung einer derartigen Sonderzone ermöglicht es den Beamten, anlasslose Kontrollen vorzunehmen. Das heißt konkret: Sie können ohne Grund Taschen und Rucksäcke von Personen kontrollieren, Fahrzeuge anhalten und diese sowie ihre Insassen durchsuchen. „Wir nutzen dieses rechtliche Mittel“, bestätigt Andreas Görs, der Leiter der zuständigen Polizeidirektion Bad Segeberg. Und seine Behörde nutzt es häufig: Der gesamte Kreis Pinneberg war vom 28. Januar bis 24. März 2010, vom 5. Dezember bis 31. Dezember 2011, vom 27. Februar bis 18. März 2012, vom 30. Oktober bis zum 25. Dezember 2012 und durchgehend vom 5. November 2013 bis 31. März 2014 zum Gefahrengebiet erklärt worden.

Laut Landesgesetzgebung kann eine Polizeidirektion eine solche Maßnahme in begründeten Ausnahmefällen für eine Dauer von 28 Tagen anordnen und sie zweimal um jeweils 28 Tage verlängern. Eine weitere Verlängerung bedarf einer richterlichen Genehmigung.

„Ohne stichhaltige Begründung wird kein Richter dies bestätigen“, so Görs weiter. Was den Kreis Pinneberg angeht, lag eine richterliche Genehmigung vor – ausgestellt vom Amtsgericht Bad Segeberg. Dies ist zuständig, weil die Polizeidirektion in Bad Segeberg ihren Sitz hat. „Die Maßnahmen waren ein Erfolg“, rechtfertigt Görs die Ausweisung der Gefahrengebiete. Die Beamten hätten das Dunkelfeld der Einbruchskriminalität erhellen können, wichtige Informationen über die Tätergruppierungen und ihre Vorgehensweisen gewonnen. „Der normale Bürger ist in keiner Weise betroffen“, sagt der Direktionsleiter.

Die Polizisten würden etwa bei Fahrzeugkontrollen nach bestimmten Indikatoren vorgehen, etwa gezielt Fahrzeuge mit auswärtigen beziehungsweise ausländischen Kennzeichen kontrollieren, gezielt nach bestimmten Fahrzeugtypen Ausschau halten oder auch auf das Erscheinungsbild der Fahrer achten.

Der Status eines Gefahrengebietes ermögliche es den Beamten, weitergehende Kontrollen vorzunehmen. „Ansonsten müssten wir uns immer dann, wenn kein besonderer Grund vorliegt, auf den technischen Zustand des Fahrzeugs und die Gültigkeit der Papiere beschränken“, erläutert Görs. Er bezeichnet die Ausweisung von Gefahrengebieten als „überaus praktikables Instrument“, das dazu beitragen würde, „die subjektive Sicherheit der Bürger zu erhöhen“.

An der Entwicklung der Einbruchszahlen im Kreis Pinneberg lässt sich der Erfolg der Gefahrengebietsausweisung indes nicht ablesen. 2010 kam es zu 856 vollendeten Einbrüchen, 2011 waren es 779 Fälle, 2012 schlugen Einbrecher 809 Mal zu und im vorigen Jahr finden sich 841 Taten in den Akten der Polizei. Zum Vergleich: 2003 lag die Anzahl der Einbrüche im Kreisgebiet noch bei 550. In dem Jahr konnte die Polizei 10,4 Prozent der Fälle aufklären. 2013 lag die Aufklärungsquote mit 10,0 Prozent leicht darunter, 2012 betrug sie sogar nur 6,3 Prozent. Den höchsten Wert weisen die Beamten mit 14,8 Prozent im Jahr 2006 aus.

Laut dem Direktionsleiter ist insbesondere der Hamburger Rand von einer massiven Häufung der Einbruchstaten betroffen. Weil die Täter in der Regel über die Hauptein- und Ausfallstraßen die Tatorte aufsuchen, mache es keinen Sinn, Teile des Kreises aus dem Gefahrengebiet auszuklammern. „Wenn die Notwendigkeit dazu besteht, werden wir das Instrument auch in Zukunft für unsere Arbeit nutzen“, betont Görs. Für eine Information der Öffentlichkeit bestehe, rein rechtlich gesehen, keine Notwendigkeit.

Und auch die Kreisbehörde war über das Vorgehen der Polizei nicht informiert. „Uns war das nicht bekannt“, bestätigt Kreisverwaltungs-Sprecher Andreas Köhler. Allerdings habe der Kreis auch keinen rechtlichen Anspruch auf eine Einbindung in das Verfahren. „Es würde aber die gegenseitige Kommunikation verbessern helfen, wenn wir über solche Dinge Kenntnis erhalten würden“, so Köhler.