Kreisverkehrsgesellschaft will künftig stärker auf Elektrobusse setzen, das Land die neue Technik aber nicht fördern

Kreis Pinneberg. Hans-Jürgen Lamla kann zufrieden auf die vergangenen 20 Jahre zurückschauen. Der Geschäftsführer hat mit der Kreisverkehrsgesellschaft in Pinneberg (KViP)in jenen Jahren einen rasanten Aufstieg und auch rasante Veränderungen erlebt. Und der Chef hat vieles davon initiiert. Ohne Lamla stünde die KViP nicht dort wo sie derzeit steht, loben ihn seine Weggefährten aus Wirtschaft und Politik. In den vergangenen Jahren habe es der Geschäftsführer geschafft, die Akzeptanz des Öffentlichen Personennahverkehrs massiv zu stärken, lobt auch Landrat Oliver Stolz.

„Die Busse sind voll. Und nun leistet die KViP Pionierarbeit im Bereich der Elektromobilität“, sagt der Landrat. Dieses sei so, weil Lamla voll hinter einem entsprechenden Projekt stehe. Lamla, der als Visionär und Macher gilt, will das Unternehmen schrittweise mit Elektrobussen ausstatten. Zum 20-jährigen Bestehen vor rund 250 geladenen Gästen konnte Lamla jüngst den Gästen die ersten Erfolge dieser Geschäftspolitik präsentieren. Der erste Elektrobus ist inzwischen im Liniendienst unterwegs, bis Ende des Jahres will die KViP als erste Kraftverkehrsgesellschaft in Deutschland einen elektronisch angetriebenen Gelenkbus im Linienverkehr einsetzen.

„Der Elektrobus wird sich durchsetzen“, sagt Lamla. Die Feldversuche hätten gezeigt, dass die Technik funktioniere. Der erste Schritt, er sei nun getätigt worden. Nun gelte es, das Projekt konsequent umzusetzen. Das ist allerdings nicht leicht. Und das weiß auch Lamla. Den Uetersener Geschäftsführer ärgert es, dass die Anschaffung der Busse nach wie vor teuer ist, teurer als sie seiner Meinung nach sein müsste. Denn während mit Hybridmotoren betriebene Busse, die von Herstellern selbst nur als Übergangstechnologie bezeichnet werden, finanziell vom Land gefördert werden, ist dies bei den umweltfreundlicheren Elektrobussen nicht der Fall. Für Lamla nicht nachvollziehbar: „Da muss etwas umgeswitched werden“, sagt der Geschäftsführer.

Verkehrsstaatssekretär Frank Nägele sieht wenig Chancen für eine Kursänderung. Das Land wolle mit seinen Förderprogrammen eine Wertschöpfung erreichen. Das bedeutet, regionale Technologien sollen unterstützt werden. Da die meisten Elektrobusse aus China kommen, sei es nicht von Vorteil für das Land, Elektrobusse zu fördern. Nägele spricht von technologieorientierter Förderung. Das kann Lamla nicht verstehen. Denn etwa die Hälfte der Bustechnologie komme aus Deutschland. „Es sind deutsch-chinesische Koproduktionen. Das ist von Berlin so gewollt“, sagt Lamla. Zu argumentieren, das Fördergeld käme einzig China zugute, sei falsch.

Unterstützung erhält Lamla von Stolz und von Jens Schröder von der Fachhochschule Flensburg. „Wir haben keine Elektrobushersteller im Land Schleswig-Holstein. Insofern führt die Argumentation ins Leere. Zudem kann man auch eingesetzte Forschung fördern“, urteilt Schröder. Stolz meint, dass die Förderung der Hybridbusse nicht zielführender sei, denn die Förderung von Diesel würde auch keine deutsche Wertschöpfung bedeuten. „Deutschland muss sich auf den Weg machen, Technologien entwicklen, fördern und auch umsetzen“, meint Stolz.

Der Branche fehlen noch standartisierte Ladesysteme für E-Busse

Auch Martin Schmitz vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen ist überzeugt, dass eine Förderung von E-Bussen kommen müsse. „Es gibt eine Förderung für Leuchtturmprojekte, doch nun muss der nächste Schritt eingeleitet werden, nämlich für die Serienbeschaffung“, ist er überzeugt. Ein praktikables Modell sieht er in einer finanziellen Förderung eines jeden Kilometers, der mit Elektrobussen gefahren werde. Damit werde ein Anreiz geschaffen, Elektrobusse anzuschaffen und konsequent einzusetzen.

In der Theorie sei das alles schön und gut, doch in der Praxis gebe es noch ganz andere Probleme, die gelöst werden müssten, meint Heinrich Klingenberg von HySolutions in Hamburg, die zur Hamburger Hochbahn AG gehört. „Es gibt noch keine Standards für die Busse,“ klagt er. Jeder Bushersteller habe eigene Ladesysteme, die Unternehmen wie den HVV vor große Probleme stellen. Eine Vielzahl unterschiedlicher Ladestationen müsste für die Busse bereitgehalten werden. Das sei gerade in Städten, in denen der Baugrund knapp sei, nicht leicht zu realisieren, zudem seien die Investitionskosten enorm. Auch müssten mehr Stellflächen innerhalb der Städte für Busse geschaffen werden, um diese aufladen zu können. „In Hamburg ist das nicht so leicht zu schaffen“, sagt Klingenberg. Ein weiteres Problem ist noch die Reichweite. Viele Busse haben in den Feldversuchen im Kreis Pinneberg und darüber hinaus gezeigt, dass 250 Kilometer mit einer Stromladung zu schaffen sind. Das reiche für den normalen Tagesbetrieb aus. In Bremen wird gerade die Vorgabe, 380 Kilometer mit einer Ladung zu fahren, im Feldversuch geprüft. Laut Ingenieuren sei das auch machbar. Für noch längere Strecken reiche der „Saft aus den Batterien“ aber noch nicht. Das bedeutet, dass Überlandverkehre und Langstreckenbusse zwangsläufig mit Dieselmotoren betrieben werden müssten. „Auf Kurzstrecken hat der E-Bus eine Zukunft. Ich schätze, dass bis 2020 bis zu 20 Prozent der Busse in Deutschland einen elektrischen Antrieb haben werden“, sagt Jens Schröder.

Die Frage der Wirtschaftlichkeit ist für den Kreis entscheidend

Dieses ambitionierte Ziel sei aber nur erreichbar, wenn sich das Ganze auch rechne. „Es geht bei dem Thema Elektromobilität natürlich um Umweltpolitik, es geht für uns als Kreis aber vor allem darum, ob wir es wirtschaftlich betreiben können“, sagt Landrat Stolz. Lamla glaubt, dass das geht. Vielleicht nicht sofort, aber langfristig schon. Denn Technologien würden sich ständig weiterentwickeln und daher auch irgendwann günstiger werden. Das gelte für Mobiltelefone und Computer ebenso wie für Elektrobusse.

Das Land will dabei vorerst aber nicht helfend unter die Arme greifen. Die Förderung für die Kreise sei, so Nägele, derzeit auf 20 Millionen Euro gedeckelt. Ein Abzweigen von Geld für Elektrobusse sei somit nicht möglich. „Wir freuen uns über Ansätze wie in Pinneberg. Es ist aber nicht der Mittelpunkt unserer Politik“, sagt der Verkehrsstaatssekretär.