Restaurator Tim Pahl erneuert Bauwerke wie die Hamburger Lombardsbrücke

Wedel/Hamburg. Ein bisschen Glück gehöre immer dazu, um einen guten Auftrag zu bekommen, meint Tim Pahl. Aber diesmal konnte der Steinmetz und Restaurator aus Wedel dem Glück ein wenig nachhelfen, indem er kurzfristig bereit war, Arbeiten an der Hamburger Lombardsbrücke zu übernehmen. Die Brücke von 1868 leidet unter der enormen Verkehrsbelastung, täglich muss sie Erschütterung durch zahlreiche Autos, Lastwagen und vor allem Züge aushalten. Mit der Zeit hatte die Balustrade zahlreiche Risse bekommen, einige der Streben – sogenannte Baluster – wackelten bereits.

Nun hat Tim Pahl das beliebte Fotomotiv zwischen Binnen- und Außenalster wieder auf Vordermann gebracht. Knapp 50 der Sandsteinbaluster hat er erneuert, teilweise ausgetauscht und mit Edelstahldübeln wieder sicher verankert. „Wir wollten möglichst viel von der Orginalsubstanz erhalten“, sagt Pahl, während er unter grauem Himmel die letzen Mörtelarbeiten erledigt. Der leichte Nieselregen, in den sich feine Tropfen der Alsterfontäne mischen, und die Autos, die lautstark auf der Straße vorbeirauschen, stören ihn überhaupt nicht.

Tim Pahl trägt Wollpullover und Arbeitshose, wird der Regen zu stark, kann er im Führerhaus seines 30 Jahre alten Prischenwagens eine Pause einlegen. Mithilfe seines Auszubildenden Henrik Smrka hat er etwa vier Wochen lang Risse ausgebessert sowie 23 Baluster, die noch als Ersatzteile beim Bezirk Mitte eingelagert waren, komplett neu eingesetzt. „Natürlich hätte ich die Abgüsse auch gern selbst gemacht“, sagt der geprüfte Restaurator. „Aber ich werde anbieten, weitere als Reserve für spätere Ausbesserungsarbeiten herzustellen.“

Dass er einmal ein Handwerk erlernen würde, war dem gebürtigen Wedeler schon früh klar. Nach Praktika und einer Ausbildung zum Steinmetz, ging er als Geselle nach Süddeutschland. Dort gebe es einfach mehr Möglichkeiten, mit verschiedenen Sandsteinsorten zu arbeiten, sagt Tim Pahl. „Hier in Norddeutschland arbeiten wir meistens mit Oberkirchener Sandstein, auch das Hamburger Rathaus ist aus diesem Material.“ Auch seinem Lehrling wird er raten, im Süden seinen beruflichen Horizont zu erweitern. Denn Pahl ist überzeugt: „Wenn man seinen Beruf mag, will man doch immer etwas lernen, was man noch nicht kann.“ Deshalb schaut er zum Beispiel im Italienurlaub auch gern in einem Marmorsteinbruch vorbei. Dabei interessieren ihn nicht nur die Materialien, sondern auch die Baukultur und Denkmalgeschichte in verschiedenen Regionen.

Tim Pahl ist in den Norden zurückgekehrt, mittlerweile wohnt er in Hetlingen an der Elbe. 1998 hat sich mit einer kleinen Werkstatt am Friedhof in Wedel selbstständig gemacht. Zum Team gehören auch zwei Gesellen sowie Pahls Ehefrau, die die Büroarbeit erledigt. Dort fertigt der Steinmetzmeister Grabmale sowie Bänke, Brunnen oder Sonnenuhren aus Naturstein.

Außerdem hat er sich seit einigen Jahren auf Restaurierungen spezialisiert, sie machen mittlerweile etwa die Hälfte seiner Aufträge aus. So hat er eine Kirche in Klein Wesenberg bei Lübeck restauriert und die Sandsteinfassade eines alten Kontorhauses in Bremen. Bei solch umfangreichen Aufträgen wie in Bremen arbeitet er Hand in Hand mit anderen Gewerken. Für den Museumsteil des Ohlsdorfer Friedhofs hat er ein historisches Grabmal erneuert, und demnächst wird er in Uetersen den Altar in der katholischen Kirche restaurieren.

Das traditionelle Handwerk mit den Möglichkeiten moderner Technik zu verbinden, sei eine Herausforderung, sagt Tim Pahl. Sein Arbeitswerkzeug wählt er deshalb jedesmal gründlich aus, lässt sich bei Bedarf auch spezielle Werkzeuge schmieden. Immer folgt er dem Grundsatz: So wenig wie möglich, so viel wie nötig. „Das Schöne am Restaurieren ist, dass wir Werte erhalten können“, sagt der 45-Jährige. „Irgendwann trete ich selbst ab. Es ist ein schöner Gedanke, dass später einmal jemand die Brücke sieht und sich fragt: Wer hat das gemacht?“

Die Arbeiten an der inneren Balustrade der Lombardsbrücke sind weitgehend abgeschlossen. Spaziergänger, die die Aussicht genießen, können sich wieder gefahrlos ans Geländer lehnen. Tim Pahl hofft nun auf einen Folgeauftrag. Zum Glück hat die Brücke zur Außenalster hin noch eine zweite Balustrade.