Johannes und Simon Kunze machen aus Sportler-Kneipen in Wedel und Pinneberg angesagte Treffs inklusive WM-Tribüne

Wedel/Pinneberg. „Vereinsheim“ – das Wort allein hat schon etwas Verstaubtes an sich. Wer Vereinsheim hört, denkt an mit Holz vertäfelte Deckenwände, an schlichte zweckmäßige Möbel und schummrige Beleuchtung. So ganz anders sieht es in Wedel und Pinneberg aus. Sitztribünen wie im Stadion, gemütliche Polstermöbel zum Reinfläzen und natürlich überall Bildschirme zum Sportschauen: Hinter diesem „Highlight“, wie die Sportsbars heißen, verbirgt sich ein Geschwisterpaar mit Schenefelder Wurzeln. Simon und Johannes Kunze sind 27 und 29 Jahre alt und die Chefs von derzeit zwei Vereinsheimen im Kreis Pinneberg.

Vor zwei Jahren tat der Wedeler Turn- und Sportverein (TSV) mit den Brüdern zwei junge Pächter mit Tatendrang und guten Ideen auf. Johannes Kunze hatte zuvor den Terrassenbereich des Fünf-Sterne-Hotels Louis C. Jacob an der Hamburger Elbchaussee geleitet. Sein Bruder führte Hotels in Wien. Schuld an der sportlich-gastronomischen Allianz ist der Steuerberater des TSV. Er kümmert sich nämlich auch um die Finanzen von Johannes Kunze. Er brachte den Gastronom und den Hotelfachmann mit dem Sportverein auf Pächter- und Konzeptsuche zusammen.

Man wurde sich einig – und zwar für fünf Jahre. Mit neuen Ideen und viel Engagement krempelten die Brüder die alte Kneipe komplett um. „Wir haben vier Wochen lang Tag und Nacht gearbeitet und den Laden komplett entkernt“, erinnert sich Johannes Kunze.

Es hat sich gelohnt. Das „Highlight“ ist in ein Besuchermagnet für Sportler aller Art geworden. Auch an diesem Sonnabend wird es wohl wieder eng. Wenn der HSV gegen den Abstieg in die Zweite Bundesliga kämpft, dann lockt das viele Fußballfans aus Wedel und Umgebung vor die sieben Bildschirme plus Großleinwand und auf die Tribüne mit 22 Plätzen in der Schulauer Straße.

Genau das ist die Idee des Wedeler Konzepts: Die Sportsbar soll Treffpunkt für Vereinsmitglieder sein, ihren Zusammenhalt stärken und gleichzeitig soll die Gastronomie eine Anlaufstelle für Außenstehende sein, die so vielleicht auch eine Beziehung zum Sportverein aufbauen. Besonders gut klappte das zur Fußball-Europameisterschaft. Bis zu 200 Besucher drängten sich laut den Kunzes bei den Deutschland-Spielen im „Highlight“, das sich dank angrenzendem Tanzsaal und mobiler Wand leicht vergrößern lässt. Das Konzept kommt nicht nur bei Gästen gut an, sondern hat auch für Aufmerksamkeit bei anderen Vereinen gesorgt. Aus Henstedt-Ulzburg, Hamburg-Eimsbüttel und -Fuhlsbüttel sowie Orten im Kreis Pinneberg kamen Tennisvereine, Fußballclubs und Luftfahrtfans nach Wedel, die ebenfalls die Kunze-Brüder als Pächter für sich gewinnen wollten.

„Viele Vereine haben sich das Konzept angesehen, weil es das Vereinsheim an sich nicht mehr gibt“, erklärt sich Johannes Kunze das rege Interesse. Das sieht auch Uwe Hönke so. „Das klassische Konzept funktioniert nicht mehr“, sagt der Geschäftsführer des größten Sportvereins im Kreis, dem VfL Pinneberg. Das Nutzerverhalten und die Haltung gegenüber dem Verein haben sich geändert. Man identifiziere sich weniger damit, bevorzuge kurze und flexible Mitgliedschaften. „Deshalb wird es auch für die klassische Vereinsgastronomie schwieriger“, so Hönke. Der VfL hätte mit den Pächtern bislang viel Glück gehabt, im Vergleich zu anderen Vereinen, bei denen Hönke eine ständige Fluktuation beobachtet. Doch auch der VfL stand nach zehn Jahren 2013 plötzlich ohne Pächter da. Hönke, der in Holm lebt, wusste um die Verwandlung des Wedeler Vereinsheims und suchte den Kontakt zu den Kunze-Brüdern. Mit Erfolg. Sie sprangen kurzfristig ein.

Aus der Interimszeit soll jetzt eine dauerhafte Verbindung werden, darin sind sich die Kunzes und der VfL einig. In den kommenden Wochen werden die Details geklärt und der Vertrag voraussichtlich unterzeichnet. Dann wollen die Brüder auch mit der Schulleitung des Johannes-Brahms-Gymnasiums über die geplante Fortführung der Schülerverpflegung sprechen.

Klar ist auch, dass noch umgebaut wird. Während der Delegiertenversammlung am Donnerstag, 15. Mai, stellt die Vereinsführung die Pläne vor. Unter anderem soll ein neuer Eingangsbereich mit Infopoint für Mitglieder und Besucher entstehen. Zudem wird über eine Terrasse beziehungsweise Außenplätze nachgedacht. Bislang sind laut Hönke für die Umbauarbeiten, die in den Sommerferien losgehen und von denen alle Sparten profitieren sollen, rund 250.000 Euro eingeplant. Auch in Wedel wird umgebaut beziehungsweise angebaut. Passend zur Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien, die im Juni startet, wird die Terrasse um 50 auf dann 120 Plätze erweitert.