„Die Quer-Welle“ ist die erste Selbsthilfe-Einrichtung für Schwule und Lesben im Kreis

Pinneberg. So ganz sicher scheinen sie sich ihrer Sache noch nicht zu sein. Zwei junge Männer, der eine 29 Jahre alt, der andere 33 Jahre alt, haben in Pinneberg eine Selbsthilfegruppe für Lesben und Schwule gegründet. Jetzt warten sie darauf, dass homosexuelle Frauen und Männer von 16 bis etwa 40 Jahren zu den Treffen der Gruppe kommen. Ihre Nachnamen wollen Philipp, 29, und Thomas, 33, nicht nennen. Und Thomas möchte sich auch nicht fotografieren lassen.

Das Thema Homosexualität scheint, trotz zahlreicher prominenter öffentlicher Bekenntnisse zum Schwulsein wie etwa von Ex-Außenminister Guido Westerwelle oder von Ex-Fußballprofi Thomas Hitzelsperger, noch immer eines zu sein, das mit Tabus belegt ist.

Wer Philipp und Thomas in der Begegnungsstätte und Beratungsstelle „Das Schiff“ der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Pinneberg trifft, der begegnet zwei sehr schüchternen, zurückhaltenden Männern. Beide bezeichnen sich als „beste Freunde“. „Wir haben uns vor zweieinhalb Jahren bei der Arbeit in Hamburg-Altona kennengelernt“, sagt Philipp. Er wohnt in der Hansestadt. Thomas wohnt in Schenefeld.

„Wir wollen eine Gruppe für junge Homosexuelle ins Leben rufen, die sich schwertun, sich zurechtzufinden und Kontakt zu Gleichgesinnten und Gleichaltrigen aufzubauen“, sagt Thomas. Pinneberg haben sie als Ort bewusst gewählt, weil es in der 43.000-Einwohner-Stadt noch keine Treffpunkte für Schwule und Lesben gebe. Und weil Pinneberg von Hamburg aus mit der S-Bahn und der Regionalbahn gut zu erreichen ist. Die Selbsthilfegruppe wendet sich auch an junge Homosexuelle, die im Hamburger Westen leben wie Philipp.

„Die Quer-Welle“ heißt die Gruppe, die Philipp und Thomas gegründet haben. Sie richtet sich an Lesben und Schwule, die sich oft einsam und isoliert fühlen. „Wir suchen Gleichgesinnte, die noch auf der Suche nach ihrer perfekten Welle sind“, sagt Philipp. „Die Gruppe soll ihnen die Möglichkeit bieten, in einem geschützten Rahmen über persönliche Wünsche und Sehnsüchte zu sprechen und eigene Lebenserfahrungen auszutauschen.“

„Die Quer-Welle ist die erste Selbsthilfegruppe für Lesben und Schwule im Kreis Pinneberg“, sagt die Diplom-Pädagogin Kerstin Kreuzhage von der Zentralen Kontaktstelle für Selbsthilfe vom Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes. Insgesamt gebe es im Kreis Pinneberg rund 150 Selbsthilfegruppen, in denen sich Menschen gegenseitig unterstützen.

„Wichtig ist, dass es sich bei unserer Gruppe weder um eine Single-Börse noch um eine Dating-Kontakt-Stelle handelt“, sagt Thomas. „Wir wollen einen Platz schaffen für junge Menschen, die auf der Suche nach freundschaftlichen Kontaktmöglichkeiten sind, um sich gemeinschaftlich besser im Leben zurechtzufinden.“

Auch wenn viele Menschen glaubten, dass es schon viel Akzeptanz für Schwule und Lesben in der Gesellschaft gebe: „Es gibt noch immer eine recht weit verbreitete Abneigung gegenüber Homosexuellen“, sagt Thomas. So sei das Schimpfwort „Schwuchteln“ noch immer an der Tagesordnung bei Homophoben. „Beim Christopher Street Day in Hamburg gab es auch schon Anfeindungen und Beschimpfungen.“

In der Schwulen-Szene in Hamburg, sagt Philipp, würden Introvertiertheit und Schüchternheit als Manko gelten. „Ich selber bin ein introvertierter Mensch. Trotzdem möchte ich einen Weg finden, meine Homosexualität zu leben.“ Die nun neugegründete Gruppe wolle sich um Lesben und Schwule kümmern, die sich nicht kopfüber in die Szene schmeißen wollen, sagt Philipp. „Denn die Szene kann manchmal ein Monster sein.“

Die Selbsthilfegruppe „Die Quer-Welle“ trifft sich jeden 1. und 3. Montag des Monats von 18.30 Uhr bis 20.30 Uhr in der Begegnungsstätte und Beratungsstelle „Das Schiff“ der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Pinneberg am Fahltskamp 30. Interessierte können sich bei der Diplom-Sozialpädagogin Birgit Kast melden (Telefon: 04101/20 87 78; montags von 12 bis 14.30 Uhr und donnerstags von 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr – ein Anrufbeantworter ist außerhalb der Sprechzeiten eingeschaltet.) Es ist aber auch möglich, ohne Anmeldung zu den Treffen der Gruppe zu kommen.