Verein sagt Teilnahme am Fußballcamp in Schenefeld wegen Abstiegskampf erst ab und macht dann Rolle rückwärts

Schenefeld. Erik Meijer, Sergej Barbarez, Collin Benjamin, Jonathan Pitroipa, Timothée Atouba, Tomás Rincón: Sie alle kamen in den vergangenen Jahren zum Fußballcamp von Blau-Weiß 96, sahen sich das Training in Schenefeld an und gewannen damit die Herzen der kleinen HSV-Fans im Sturm. Doch seit es mit dem Gewinnen nicht mehr so richtig beim Hamburger Bundesligisten läuft, holpert es auch mit dem traditionellen Besuch des Trainingscamps. Und so litt auch der Kontakt zu den jungen Fußballfans.

Nachdem im vergangenen Jahr bereits nur durch Beziehungen und gute Kontakte noch Fabian Graudenz, HSV-Spieler in der Regionalliga, als Überraschungsgast verpflichtet werden konnte, sah diesmal alles danach aus, als wenn gar kein Vertreter des Hamburger Sportvereins kommen würde.

Per SMS erhielt Trainerin und Organisatorin Conni Thau die Nachricht vom HSV, dass es diesmal nicht möglich sei, jemanden zu schicken. Als Grund wurde die schwierige Situation des Vereins genannt, der erstmals in seiner Geschichte vor dem Abstieg in die zweite Bundesliga steht. Dabei ist der Besuch des Überraschungsgastes aus den Reihen des HSV für viele Teilnehmer der Höhepunkt des Fußballcamps. Bis kurz vor dem Besuch war nie bekannt, wer vorbeischaut – aber wer es auch war, die Kinder waren begeistert. Stets löcherten sie die Profis mit Fragen, holten sich Autogramme und konnten mit ein wenig Glück sogar ein bisschen mit den Stars trainieren. Das war für viele Ansporn, weiter an ihrer Technik zu feilen.

Bei der 14. Auflage des viertägigen Camps, das von ehrenamtlichen Helfern und Sponsoren jedes Jahr in den Osterferien auf die Beine gestellt wird, sollte es also erstmals keinen HSV-Botschafter geben, kein Profi zum Anfassen. Für Thau und das Helferteam aus acht Trainern und Eltern war es keine leichte Aufgabe, dies den 75 Jungen und Mädchen beizubringen. Am Montag startete das Fußballcamp, bis Mittwoch – dem Tag, an dem sonst immer der Profi vorbeikam, wartete Thau. Am Morgen überbrachte sie den Kindern im Alter von sechs bis 13 Jahren dann die schlechte Nachricht. „Die Kinder waren sehr traurig. Sie freuen sich auf den Star zum Anfassen“, berichtete Thau dem Abendblatt. Andreas Wilken, Leiter der Fußballabteilung bei Blau-Weiß und HSV-Dauerkartenbesitzer, sagte: „Das ist das falsche Signal. Man hätte gerade in dieser sportlichen Situation zwei Vertreter schicken sollen, um den Fans zu zeigen, dass man für sie da ist.“

Dabei hatte HSV-Fan Luca aus Halstenbek noch davon geträumt, vielleicht sogar seinen Lieblingsspieler Hakan Calhanoglu zu treffen. „Ich hätte ihn gefragt, wie er seine gute Freistoßtechnik hinkriegt“, sagte der Elfjährige. Er gehe gern ins HSV-Stadion und wolle das weiterhin tun, auch wenn es derzeit schlecht um den Verein steht. Luca sagte: „Man unterstützt doch seinen Verein, egal ob er gewinnt oder verliert.“

Für Luca eine klare Sache. Andersherum scheint das nicht ganz so klar zu sein. Auf Abendblatt-Nachfrage drückte Tobias Hauke, Mitarbeiter in der HSV-Medienabteilung, zunächst sein Bedauern aus, dass die lange Tradition diesmal nicht fortgeführt werden könne. Er verwies auf die sportliche Situation des Vereins. Doch ist nicht angesichts der Lage der Kontakt zu den Fans gerade wichtig? Und ist denn wirklich kein Spieler, vielleicht einer der Verletzten, kurz entbehrlich? Immerhin wohnen einige der Profis sogar in Schenefeld und Umgebung. Aber auch vom Trainingsplatz am Volksparkstadion sind es überschaubare sieben Kilometer bis zum Sportplatz Achter de Weiden in Schenefeld. Die Pressestelle wiegelte ab. Dafür klingelte in Schenefeld überraschend das Telefon.

Denn plötzlich geht es doch. Der Hamburger Sportverein hat es möglich gemacht und trotz schwieriger Lage einen Spieler gefunden, der für einen kurzen Besuch nach Schenefeld kommt. An diesem Freitag soll HSV-Star Tolgay Arslan den Fans eine große Freude bereiten. Der gesperrte Spieler ist am Sonnabend beim Spiel gegen den FC Bayern München nicht dabei und will sich Zeit für die Nachwuchsfußballer nehmen, die zum Abschluss des Camps traditionell eine Fußball-WM nachspielen. Siegerehrung ist um 15 Uhr auf dem Sportplatz Achter de Weiden.