Polizisten suchen bei Elmshorner nach Kleidungsstücken, finden aber Polenböller und Anabolika

Elmshorn. Eine angebliche Körperverletzung wurde Oliver G. zum Verhängnis. Weil Polizisten den offenbar im Hamburger Milieu bekannten 37-Jährigen auf einer Videoaufzeichnung als Schläger wiedererkannten, beantragten sie einen Durchsuchungsbefehl für das Haus des Mannes in Elmshorn. Beweise für seine Tatbeteiligung fanden sie zwar keine, wohl aber 14 sogenannte Polenböller und Anabolika in nicht geringer Menge, die zu Dopingzwecken dienen. Und so fand sich der bullige Mann am Mittwoch wegen Verstößen gegen das Arzneimittel- sowie Sprengstoffgesetz als Angeklagter vor dem Amtsgericht Elmshorn wieder.

Ausgangspunkt des Verfahrens war eine Schlägerei in der La Paloma Bar in der Nähe des Hans-Albers-Platzes in Hamburg, bei der ein Mann seinem Kontrahenten mit einem einzigen Faustschlag einen Schädelbasisbruch und damit lebensgefährliche Verletzungen zufügte. Nach Sichtung des Videomaterials machten Hamburger Milieu-Ermittler Oliver G. als Täter aus. Um ihn überführen zu können, fehlte nur noch die auffällige Kleidung, die der Mann auf dem Videomaterial trug. Und die hofften die Ermittler bei der Durchsuchung in Elmshorn zu finden.

Stattdessen stießen sie nur auf die illegalen Sprengkörper und die Dopingmittel. Zufallsfunde, die Verteidiger Andreas Beurskens auf den Plan riefen. Immer wieder hakte er beim Zeugen Paul K., der als Ermittler bei der Durchsuchung dabei war, nach, wie die Polizisten auf die Beweismittel gestoßen waren. So gibt es, was Zufallsfunde bei Durchsuchungen angeht, Regeln in der Strafprozessordnung. Gegenstände, die in keiner Beziehung zur eigentlichen Tat stehen, jedoch auf eine andere strafbare Handlung hindeuten, dürfen nur dann strafrechtlich verwertet werden, wenn die Beamten wirklich zufällig auf sie gestoßen sind und nicht gezielt nach verwertbaren Dingen gesucht haben.

Laut Paul K. waren die Polenböller in ihrer geöffneten Kiste, die auf einem Fensterbrett stand, nicht zu übersehen. An die Auffindesituation der Dopingmittel konnte sich die Polizist nicht mehr explizit erinnern. Daher beantragte Beurskens, dass dieser Anklagepunkt nicht vor Gericht verwertet werden darf. Er argumentierte außerdem damit, dass die Durchsuchung unrechtmäßig war, weil sie nicht von einem Richter angeordnet worden war.

Um den Antrag zu entkräften, hätte Amtsrichter Jörg Diestelmeier einen Fortsetzungstermin ansetzen und alle Beteiligten als Zeugen laden müssen – sämtliche bei der Durchsuchung eingesetzten Beamten, die zuständige Staatsanwältin aus Hamburg und die dortige Richterin, die laut Vermerk telefonisch über die polizeiliche Maßnahme in Kenntnis gesetzt worden war. Um eine langwierige und teure Beweisaufnahme zu vermeiden, einigten sich die Verteidigung und Staatsanwalt Peter Müller-Rakow auf einen Kompromiss. Die Verteidigung zog den zuvor eingelegten Einspruch gegen einen Strafbefehl von 30 Tagessätzen zu 15 Euro, mit dem die Staatsanwaltschaft den Besitz der Polenböller ahnden wollte, zurück. Im Gegenzug stellt die Anklagebehörde das Verfahren wegen der Dopingmittel ein. In Sachen der Schlägerei in der La Paloma Bar dauern die Ermittlungen an.