Auwald-Projekt des Uetersener Gymnasiums an der Krückau wird zum Vorbild. Kiel will flächendeckendes Auenprojekt prüfen

Kreis Pinneberg. Klimaforscher der Technischen Universität Hamburg-Harburg warnen seit Jahren vor einer steigenden Hochwassergefahr an der Unterelbe. Jahrzehntelange Begradigungen und Einengungen von Flüssen, intensive Landwirtschaft, die ungebrochene Flächenversiegelung und immer stärkere Platzregen aufgrund des Klimawandels, deren Wassermassen von korsettartigen Flussbecken nicht mehr aufgenommen werden können, könnten künftig den Kommunen, die an Wasserläufen liegen, regelmäßige Hochwasser bescheren. Die Forscher empfehlen daher etwa Renaturierungsmaßnahmen, Wasserrückhaltebecken und ein generelles Umdenken bei Raumplanungen.

Im Kreis Pinneberg sind diese Warnungen nicht auf taube Ohren gestoßen. Im Gegenteil. Generationsübergreifend wird seit mehreren Jahren am aktiven Hochwasserschutz gearbeitet. Auch Schüler des Uetersener Ludwig-Meyn-Gymnasiums (LMG) wirken hierbei mit. Sie kooperieren seit 2002 mit Gemeinden, Kreisjägerschaft und Behörden, um der Hochwassergefahr Einhalt zu gebieten und dabei neue Räume für Flora und Fauna zu schaffen.

Tausende Bäume haben die Schüler des Uetersener Gymnasiums in den vergangenen Jahren jeweils im Frühjahr gepflanzt. Nun sind erneut 2100 Bäume für den LMG-Zukunftswald „Auwald“ am Oberlauf der Krückau gepflanzt worden, der nun auf mehr als 27 Hektar Fläche angewachsen ist und rund 30.000 Bäume umfasst. Unterstützt wurde die jüngste Aktion unter anderem von der Kreisjägerschaft, der Naturschutzbehörde des Kreises, dem Wasserverband Krückau und dem Landesumweltministerium. „Wir machen das hier an diesem Ort, weil am Oberlauf der Krückau bei Langeln der Wasserhaushalt reguliert werden muss, damit der Hochwasserschutz irgendwann funktioniert“, sagt Gerd Janssen, der einst als Lehrer des LMG das Projekt startete und es nun als Ruheständler immer noch freiwillig betreut.

Das Projekt, das auch den biologischen Haushalt regulieren soll, ist für Janssen zu wichtig, als dass er es mit seinem Eintritt in den Ruhestand hätte aufgeben können. Beinahe rastlos ist er weiterhin in dem Auwald-Projekt aktiv und setzt sich zwar vehement, aber dabei immer freundlich dafür ein, die Umwelt wieder etwas natürlicher und damit ausgewogener zu gestalten. So wie an der Krückau bei Langeln. Und Janssen würde gerne weitere Projekte wie den Auwald im Land sehen. „Viele Landwirte sind bereit, ihre Flächen an den Flussläufen für solche Renaturierungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen“, sagt Janssen. Jedoch nur, wenn es Tauschflächen gibt. Die Regierung sei bereits eingeschaltet, sagt der Auwald-Initiator. Seit Jahren fordert er ein landesweites Auenprogramm - mit Erfolg, wie sich jetzt zeigt: Das Land will nun ein solches Programm prüfen.

Und so funktioniert der Hochwasserschutz: „Unser Ziel ist es, mit den Bäumen einen ausgeglichenen Wasserhaushalt in diesem Gebiet zu erreichen“, sagt Janssen. Die Bäume, die an der Krückau gepflanzt werden, darunter Erlen, Flatterulmen, Winterlinden, und Hainbuchen, würden wie ein Schwamm wirken. „Sie nehmen das viele Wasser aus der Erde auf und geben es langsam und regelmäßig wieder an die Umwelt ab“, erklärt Janssen. Das bedeutet, dass im Falle von Starkregen ein Teil des Wassers, das sonst ungebremst in die Krückau strömt, von den Bäumen aufgesogen wird. Das Erdreich wird durch solche Wälder nachhaltig stabilisiert, die Erosion verringert und die Fließgeschwindigkeit der Krückau reduziert. Und damit wird die Hochwassergefahr verringert.

Barmstedts Bürgermeisterin Heike Döpke hat sich bei der jüngsten Baumpflanzaktion ein Bild von der Aktion gemacht, um zu sehen, wie auch Barmstedt sich besser gegen Hochwasser schützen kann. „Wir haben letztes Jahr ein Hochwasser erlebt. Daher ist es guter Anschauungsunterricht in Sachen praktischer Hochwasserschutz, den wir hier erleben“, sagt Döpke. Die Stadt wolle prüfen, ob einfache aber wirkungsvolle Aktionen wie etwa der Auwald auch bei Barmstedt denkbar seien.

Dass außer dem Hochwasserschutz auch gleich noch die ökologische Qualität in der Region gesteigert werden könne, sehen die Beteiligten als großes Plus. Der Auwald filtert Schad- und übermäßige Nährstoffe aus dem Wasser und sorgt auf diese Weise dafür, dass das Wasser in der Krückau eine höhere Qualität als bislang besitzt.

Die ersten Erfolge des gemeinsamen Engagements seien bereits zu spüren. Die Versandung des Flusses wurde gestoppt, sodass sich anspruchsvolle Organismen ansiedeln und auch Bach- und Meerforellen im Fluss wieder fortpflanzen konnten. Auch Bachneunaugen seien nun wieder in dem Fluss heimisch. Dazu würden sich, so Gerd Janssen, noch Schwarzstörche, Eisvögel und seltene Fischotter gesellen. Besonders stolz ist er darauf, dass dank der Hilfe der Schüler die lange in der Region verschollene Blauflügelprachtlibelle wieder an der Krückau zu finden ist.

Hans-Albrecht Hewicker, Vorsitzender der Kreisjägerschaft, ist ebenfalls stolz auf das Erreichte. Die Kreisjägerschaft unterstützt die Schüler seit Jahren, gräbt Löcher für die Setzlinge und hilft, den Pflanzplan perfekt umzusetzen. „Wir Jäger unterstützen gerne diese eindrucksvollen Aktionen des Ludwig-Meyn-Gymnasiums“, sagt Hewicker. Denn darin würden zwei Dinge vorbildlich umgesetzt. Einmal die Erhaltung und Förderung der Artenvielfalt, andererseits das praktische Heranführen junger Menschen an natürliche Zusammenhänge in der Umwelt.