Der neue GAB-Chef Jens Ohde will mit Fernwärme aus kompostierbaren Resten 1050 Pinneberger Haushalte versorgen

Kreis Pinneberg. Erst 100 Tage im Amt, aber schon reichlich Ideen für die Zukunft: Jens Ohde ist der Nachfolger des nach 21 Jahren altersbedingt ausgeschiedenen Geschäftsführers der Gesellschaft für Abfallbehandlung (GAB) in Tornesch und Kummerfeld, Gerd Doose. Jetzt plant der 52-Jährige den Ausbau der Biomüllkompostierungsanlage um eine Vergärungsstufe.

Mit Hilfe der 6,5-Millionen-Euro-Investition soll aus dem Biomüll künftig Strom und Wärme erzeugt werden. Die Abwärme könnte 1050 Haushalte in Pinneberg mit Fernwärme versorgen. Mit Pinnebergs Stadtwerkeleiter Henning Fuchs ist Ohde sich bereits einig. Seit 25 Jahren versorgt die GAB etwa 3500 Pinneberger Haushalte mit Fernwärme, die noch in der Müllverbrennungsanlage erzeugt wird. „Mittelfristig wollen wir die Zahl unserer Fernwärmekunden um 50 Prozent erhöhen“, kündigt Werkleiter Fuchs an.

Ohde, seit Jahresbeginn bei der GAB, ist ein erfahrener Abfallexperte. Er war zuständig für die Müllverbrennungsanlagen der Hamburger Stadtreinigung, bevor er vier Jahre das norddeutsche Geschäft des französischen Müllkonzerns Veolia geleitet hat. Er sei für 1200 Mitarbeiter in 28 Betriebsstätten und einen Jahresumsatz von 200 Millionen Euro verantwortlich gewesen, sagt er. Dagegen sind die 200 Mitarbeiter und 45 Millionen Euro Umsatz der GAB überschaubarer, eine Gesellschaft, die je zur Hälfte dem Kreis Pinneberg und dem privaten Müllentsorger Remondis gehört. Die Berufung in den Kreis Pinneberg ist für den Hamburger Ohde „eine glückliche Fügung“ gewesen. „Es macht mich stolz, ein so facettenreiches Unternehmen wie die GAB zu leiten, das mein Vorgänger Gerd Doose gut aufgestellt hinterlassen hat.“

Ohde will jetzt die Weichen für die Zukunft stellen, für die er mehrgleisige Pläne hat. So soll die Abfallverarbeitung künftig erheblich mehr Strom und Fernwärme erzeugen. 2016 werden die Nachbarkreise Steinburg und Dithmarschen ihre Restabfälle nicht mehr in Tornesch verbrennen lassen. Dann müssen etwa 15.000 Tonnen zusätzlich zu dem Kreis Pinneberger Hausmüllaufkommen von 65.000 Tonnen auf dem Markt akquiriert werden, um den abgeschriebenen Müllofen weiterhin auf Volllast fahren zu können.

Der 2018 auslaufende Entsorgungsvertrag für die etwa 140.000 Privathaushalte im Kreis Pinneberg, der dann neu ausgeschrieben werden muss, soll möglichst mit der GAB verlängert werden. „Wir werden im scharfen Wettbewerb ein Angebot abgeben müssen, das der Kreis nicht ablehnen kann.“ Eine Taskforce aus den Betriebsleitern der Tochtergesellschaften soll diese Aufgaben lösen. „Ich möchte mit allen Mitarbeitern ein neues Wir-Gefühl schaffen.“

40.000 Tonnen Bioabfall werden jetzt schon in Tornesch kompostiert

Bei dem Verpackungs-, Kunststoff-, Altholz- und Papiermüll, der bislang auf dem GAB-Gelände in Tornesch-Ahrenlohe nur in seine sortenreinen Bestandteile sortiert wird, will Ohde erstmals auch in die Vermarktung einsteigen. „Müll von A nach B fahren kann jeder“, sagt er. „Die Herausforderung der Abfallbranche wird künftig sein, etwas Sinnvolles mit dem Müll anzustellen, um sich von der reinen Kreislauf- in die Rohstoffwirtschaft weiterzuentwickeln.“ Diesen lukrativen Markt dürfe man nicht nur den Anbietern des Dualen Systems überlassen, die die sortierten Recyclingreste überwiegend ins Ausland verschiffen würden. „Wenn wir qualitativ hochwertige Kunststoffe wie PE und PP aus dem Verpackungsmüll heraustrennen, können wir damit auch die deutsche Kunststoff- und Automobilindustrie beliefern.“

Auf offene Ohren bei der Pinneberger Kreis- und Stadtpolitik dürfte Ohdes Vorhaben stoßen, die 1996 in Betrieb gegangene Biokompostierungsanlage um eine strom- und wärmeerzeugende Vergärungsstufe zu erweitern. 40.000 Tonnen Bioabfall aus den Kreisen Pinneberg und Steinburg sowie der Stadt Norderstedt werden dort zurzeit zu Kompost verarbeitet. Vor allem die energiereichhaltigen Speisereste in diesen organischen Abfällen sollen künftig Strom und Abwärme erzeugen, erklärt Ohde. Nach Ostern wollen der GAB-Chef und Pinnebergs Werkleiter Fuchs den Fernwärmevertrag aus dem Jahr 1986 mit Hilfe der geplanten Bioabfallanlage, die Methangas freisetzen wird, ausweiten.

Helmuth Kruse, Vorsitzender des Umweltausschusses des Pinneberger Kreistages, sagt dazu: „Es ist nur konsequent, wenn wir die vorhandene Energie aus dem Wertstoff Bioabfall herausholen. Für den Kreis Pinneberg wäre das praktizierter Klimaschutz, den wir selbst konkret umsetzen könnten.“