Es war vorhersehbar, dass ich mich nicht bremsen kann. Das schöne Wetter der vergangenen Tage und der noch so entfernt wirkende Termin für die Gartenübergabe am 3. Mai taten ihr Übriges.

Weil ich meine Anfangseuphorie für das Erntezeitprojekt nicht an dem Acker auslassen konnte, habe ich mir andere Betätigungs-Felder gesucht. Anfangs machte ich es richtig, konzentrierte meine Energie auf das Anreichern meines mehr als lückenhaften Wissensschatzes über Grünzeug jeglicher Art. Dank fürsorglicher Kollegen steht mir dafür auch die nötige Literatur zur Verfügung.

Nach Start meiner Acker-Kolumne fanden sich drei Bücher auf meinem Schreibtisch: „Die kleine Aussteiger-Fibel. Landleben für Anfänger von A bis Z“, „Feldversuch – Unser Stück Land vor den Türen der Stadt“ und „Schöner Mist – Mein Leben als Landei“. Feldversuch? Der Titel passt zu meinem Projekt. Nach 60 Seiten, in denen mir der Münchener Max Scharnigg erläutert, wie akribisch er und seine Frau sich auf ihre Premiere als Ackerpächter vorbereitet haben, bin ich fix und alle. Die beiden nehmen die Sache sehr ernst! Sie warten nicht auf den Start der Gartensaison auf den vorbereiteten Feldern, sondern sie züchten für ihren geplanten Gemüseanbau vor. Was Scharniggs können, kann ich auch.

Aus Theorie erwächst Aktionismus. Ich startete das kraus’sche Anzuchtprogramm auf dem Balkon. In sechs Pflanzenkästen wohnen jetzt Bohnen, Kürbisse, Gurken, Paprika und meine Moneymaker-Tomaten. Der Hinweis auf der Verpackung, dass gerade Tomaten und Paprika kälteempfindlich sind und gern in einem Gewächshaus vorwärmen möchten, wurde in den Wind geschlagen. Schon der Volksmund weiß: Nur die Harten kommen in den Garten. Ich befürchte nur, dass von dem Spruch meine Pflanzen nichts wussten. Zwei Wochen sind ergebnislos verstrichen. Während der Chef mir brühwarm unter die Nase reibt, dass seine drei Jahre alte Tochter mit ihren Tomaten mehr Erfolg hat als ich, blicke ich jeden Tag aufs gleiche Elend. Nichts. Kein grüner Durchbruch zu vermelden. Dabei stehen sie windgeschützt an der warmen Hauswand in einer Nische. Ich gieße und das nicht zu doll und warte, was mir nicht liegt. Ich hab sogar mit ihnen gesprochen, quasi angefleht. Nichts. Die Florenzer Universität hatte mit einem musikalischen Experiment beim Weinbau Erfolg. Dank Kompositionen von Mozart wuchsen die Pflanzen. Ich verwerfe diese klassische Verzweiflungstat.

Eine gartenerfahrene Kollegin schüttelt über meine Versuchsschilderung, mein Gemüsebeet fürs Ackerexperiment mit selbst gezüchteten Pflanzen zu bestücken, mitleidig den Kopf. „Tomaten sind empfindlich. Die kannst du nur im Gewächshaus anzüchten oder in der Wohnung“, sagt sie. Vernichtendes Urteil. Was denn aus dem Spruch: „Nur die Harten kommen in Garten“ geworden sei? Der sei Quatsch. Hilft jetzt vielleicht Dünger? „Auf keinen Fall“. Umsiedeln? „Lieber nicht.“ Sie gibt mir die Weisheit ihrer Mutter mit auf den Weg: „Gärtner brauchen Geduld.“ Das wird eine viel schwierige Aufgabe, als ich gedacht hätte.