Der Elmshorner Björn Hansen bringt jungen Menschen Nachhaltigkeit mit einer Fahrraddisko nahe

Elmshorn/Hamburg. Bike for your right to party – wer Party machen will, muss strampeln. Zumindest am heutigen Freitag im Hamburger Überseequartier auf der ersten Fahrraddisko. Erst das Publikum selbst – einige Besucher müssen in die Pedale treten – sorgt für die Energie, die der Künstler ihm durch seine Performance zurückgibt. „Ein Kreislauf, bei dem der Künstler auf den Goodwill des Publikums angewiesen ist“, sagt Björn Hansen, der Veranstalter von „Morgenwelt rocks – die Fahrraddisko“.

Der 35-Jährige gründete 2009 mit seinem Kompagnon Matthias Kirketerp die Firma Morgenwelt. Die beiden hatten sich auf der Waldorfschule in Elmshorn kennengelernt. „Wir hatten uns vorgenommen, bei unserer ersten eigenen Veranstaltung, der Nachhaltica in Elmshorn, den Strom für das Bühnenprogramm selbst zu erzeugen“, sagt Hansen.

Was sich einfach anhört, wurde zur echten Herausforderung. „Es herrschten mehr als 40 Grad im Schatten, und die Bühne stand in der Sonne. Wir schafften gerade mal ein Lied auf den Rädern.“ Das war das erste und einzige Mal, dass eine Performance nicht ganz planmäßig ablief. Hansen und seine Mitstreiter haben seitdem dazugelernt und die Technik weiterentwickelt.

Die Fahrräder sind am Hinterrad mit einem Generator ausgestattet. Je mehr Energie benötigt wird, weil zum Beispiel die Musik lauter wird, desto höher ist der Trittwiderstand. Wenn die Radler nicht genügend strampeln, wird nicht ausreichend Strom erzeugt. Der Gig wird unterbrochen. Dann feuert das Publikum die Fahrradfahrer an, bis wieder genügend Power erzeugt wird.

Hansen möchte die jungen Konzertbesucher dazu animieren, bewusst mit Ressourcen umzugehen. „Wir wissen, dass wir zu viel verbrauchen, aber es ist schwer, eingefahrene Gewohnheiten abzulegen“, sagt der Umweltaktivist. Jeder könne sich unter einem Liter Wasser etwas vorstellen. Bei einer Kilowattstunde sei das schwieriger. „Wir nutzen die Schlüsselressource Strom permanent, aber wie viel davon, das ist uns nicht bewusst.“ Durch das Treten in die Pedale macht Hansen dies erfahrbar. Es entsteht ein unmittelbarer Eindruck von Energie, und dass sich ein bewusster Umgang damit lohnt. „Ganz ohne erhobenen Zeigefinger, aber mit hohem Unterhaltungswert“, sagt Hansen. „Wer einmal auf dem Rad geschwitzt hat, lässt das Licht im Flur nicht mehr unnötig brennen.“ Umweltschutz im Rock’n’Roll-Format, nennt er das.

Eine preiswürdige Idee nennen es andere. Die Arbeit von Morgenwelt ist von der Deutschen Unesco Kommission als UN-Dekade-Projekt „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet worden. Auch das Bundeswirtschaftsministerium gemeinsam mit dem Bremer U-Institut für Unternehmerisches Handeln und Denken und dem Kompetenzzentrum für die Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes haben es als Kultur- und Kreativpilot ausgezeichnet. Außerdem ist Morgenwelts „Werkstatt N“ ein Projekt des Deutschen Nachhaltigkeitsrats.

Sein Talent, größere Events mit Ökocharakter zu organisieren, hat Hansen schon früh bewiesen. Zehn Jahre lang veranstaltete er – damals noch Zivildienstleistender – jeweils am Tag der Deutschen Einheit das Streuobstwiesenfest in Elmshorn an der Krückau. Als Unterstützer holte er die Umweltorganisationen Robin Wood und BUND mit ins Boot. 2008 fand das Fest zum letzten Mal statt. Es kamen mehr als 20.000 Besucher. Auch das Umweltfestival Nachhaltica im Steindammpark entwickelte sich zum Publikumsmagneten. Mit dem Event erreichte der Medienbetriebswirt mehr als 15.000 Menschen, die sich über einen Ressourcen schonenden Lebensstil informierten. In diesem Jahr findet es am Wochenende, 17. und 18.Mai, zum fünften Mal statt.

Hansens muskelkraftbetriebenes Stromerzeugungsgerät, das er auch an andere Veranstalter verleiht, kam bereits beim Hurrican- und Melt-Festival zum Einsatz. „Wir sind europaweit unterwegs, waren in Luxemburg, Istanbul und Tallinn“, sagt er. „Mit zehn Fahrrädern können wir eine Musikleistung von 6000 Watt erzeugen“, sagt Hansen.

„One Bike one Speaker“ ist das kleinste Fahrraddisko-Set. Auf einem Rad wird der Strom für eine Aktiv-Box erzeugt für kleinere Indoor-Anlässe mit bis zu 100 Personen. „Wir vermieten das Set mit einer betreuenden Person, die den Auf- und Abbau übernimmt und während der Veranstaltung die Technik überwacht.“ Der Mietpreis liegt zwischen 1300 und 1500 Euro. Die Künstler müssen allerdings ohne wattstarke Verstärker auskommen. Auch die Ressource Mensch hat ihre Grenzen.

Los geht es an diesem Freitag, 11. April, um 21 Uhr im Landsend, Oberhafenquartier in Hamburg, hinter den Deichtorhallen zwischen Hauptbahnhof und Hafencity. Auf der Bühne stehen die Band „A bit on the side“ , Sänger Vince Adam und DJ „Boom le Choc“. Eintritt: sieben Euro. Die Fahrraddisko soll künftig alle acht Wochen stattfinden. Termine werden unter www.fahrraddisko.de, www.facebook.com/morgenweltrocks und www.youtube.com/fahrraddisko veröffentlicht.