Beim Tornescher Suur-Supp-Eten steht das Plattdeutsche im Fokus. Ungewöhnlich viele Kinder und Jugendliche lernen im örtlichen Krink aktiv die traditionelle Sprache

Tornesch. Für ihre Fans ist die Suur Supp wie Schleswig-Holstein zum Löffeln. Anders als andere traditionelle Gerichte wie Grünkohl und Labskaus spiegelt die Saure Suppe, an der eigentlich nur ein paar Tropfen Essig zum Abschmecken tatsächlich sauer sind, nicht nur allgemeine norddeutsche Küchensitten, sondern speziell die kulinarischen Vorlieben der Vormütter und -väter zwischen Nord- und Ostsee im Rahmen der damals zur Verfügung stehenden Zutaten wider.

Als waschechtes Stück Heimatgeschichte passt der deftige Klassiker mit Schinkenknochen und Speck, Kasseler, Backobst und Suppenkraut also perfekt ins Konzept der Kulturgemeinschaft Tornesch, deren Mitglieder sich die Pflege von plattdeutscher Sprache und ländlichen Bräuchen auf die Fahnen geschrieben haben. Seit 28 Jahren laden sie einmal pro Jahr zum offiziellen Suur-Supp-Eten (Saure-Suppe-Essen), das seit 1987 im Heimathaus Tornesch stattfindet.

Die Suppenparty unter den liebevoll restaurierten Balken des ehemaligen Bauernhauses am Riedweg 3 ist Kult. Annähernd 200 Portionen werden die Aktiven am Donnerstag, 10., und Freitag, 11. April, ausgeben.

Wer kocht die Suppe eigentlich? „Das überlassen wir seit vielen Jahren den Profis von der Elmshorner Margarethenklause“, sagt Hannelore Körner, seit 2001 Leiterin des Plattdeutschen Jugend- und Kinderkrinks in der Kulturgemeinschaft. Sie hatte zusammen mit anderen Vereinsmitgliedern die Idee mit der Suppe. „Wir haben uns dafür entschieden, weil es mal etwas anderes ist als Grünkohl.“ Für private Anlässe kocht sie die Suppe aber noch selbst. Für eilige Köche ist die Leckerei allerdings nichts. „So zwei Stunden darf sie durchaus köcheln“, sagt die Expertin.

Eigentlich führt der Titel der stilvollen Löffelei in die Irre. Nicht das, was auf dem Teller liegt, steht an diesen beiden Tagen im Mittelpunkt, sondern plattdeutsche Lieder, Tänze, Sketche, Gedichte und Theaterstücke. Denn Tornesch ist eine Hochburg der aktiv gepflegten niederdeutschen Sprache. Und das liegt vor allem am Nachwuchs. Anders als in vielen anderen Orten engagieren sich außer den Erwachsenen überdurchschnittlich viele Kinder und Jugendliche im Krink. Sie lernen Lieder und Gedichte, sie üben Sketche, schreiben eigene Theaterstücke und bringen sie auf die Bühne. Mittlerweile sind es so viele geworden, dass Hannelore Körner, Krink-Leiterin und engagierte Sprachenlehrerin der Kinder, ihre Schützlinge je nach Alter in drei Nachwuchs-Gruppen eingeteilt hat. Beim Suur-Supp-Eten gestalten sie im Wechsel mit den Esinger Danzmüüs (Tanzmäusen) und den Erwachsenen des Krinks das Programm. Plattdeutsch-Ikone Johanna Kastendieck, Gründerin und ehemaliges Mitglied der Liekedeeler, singt die Solopartien des Suur-Supp-Lieds, Hannelore Körner begleitet sie auf dem Akkordeon

Was fasziniert die Jugendlichen am Plattdeutschen? „Das Zusammensein in der Gruppe ist toll“, sagt Nick, 16. Nadine, 19, nickt: „Wir sind hier alle Freunde geworden, machen einfach viel zusammen.“ Zena, 9, mag vor allem die Gedichte und liebt wie Sonja, 13, das Theaterspielen: „Es ist toll, dass uns viele Leute zugucken und applaudieren. Außerdem wird man cooler, wenn man ein paar Mal auf der Bühne gestanden hat.“

Nach jeweils mehr als zehn Krink-Jahren ist das öffentliche Platt-Schnacken für Nadine, Nick und Falk, 19, beinahe zur Routine geworden. Doch Nick erinnert sich gut an den einen Satz, den er vor zehn Jahren bei seinem allerersten Bühnenauftritt sagen sollte: „Kiek mol, do kümmt jo ook all de Meisjes.“ Wie alle anderen Kinder hier auch kannte der Gymnasiast das Plattdeutsche damals höchstens vom Hören. Sprechen konnte er es nicht. Also lernte er es wie eine Fremdsprache, Vokabel für Vokabel, Woche für Woche beim Krink in der Johannes-Schwennesen-Schule. „Manchmal verwechsle ich auch Plattdeutsch mit Englisch“, sagt Svenja, 13. Sie fand es am Anfang schwierig, sich die Namen der Farben zu merken. Und stolperte gelegentlich über ein geschriebenes Doppel-„a“, das auf Platt als „o“ gesprochen wird.

„Wir gehen spielerisch an die Sprache heran, wir singen viel“, sagt Körner. Sie selbst musste sich die Sprache ebenfalls erst mühsam aneignen und liebt sie heute: „Platt ist so eine gemütliche Sprache.“ Über ihr Akkordeonspiel kam sie vor mehr als 20 Jahren zum Krink. Sie liebt die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen. „Sie sind so kreativ und erfinderisch, sie bringen bei unseren Stücken viele eigene Ideen ein.“

Das Suur-Supp-Eten beginnt am Donnerstag, 10. April, und Freitag, 11. April, jeweils um 19 Uhr im Heimathaus, Riedweg 3. Karten für das Essen kann man unter Telefon 04122/526 30 für zwölf Euro pro Person bestellen. Das Begleitprogramm, das die Tanzmäuse und Krink-Schauspieler mit Liedern, Sketchen und Theater bestreiten, ist kostenlos zu genießen.