Erfolgsideen aus der Region: Die Firma HellermannTyton erwirtschaftet mit Kabelbündelsystemen jährlich Millionen von Euro. Und das in 34 Ländern

Tornesch. Wohl fast jeder Bundesbürger und ebenso Millionen Menschen in anderen Ländern der Welt haben bereits ein Stück Tornesch in der Hand gehabt. Und das freut Stephan Jungermann. Der Chef des Unternehmens HellermannTyton kann auf eine erfolgreiche Firmengeschichte zurückblicken. Eine Erfolgsstory, die mit einem Begriff am treffendsten beschrieben werden kann: Kabelbinder.

Immer dort, wo mehrere Kabel zusammengebunden werden müssen, um den berühmten Kabelsalat zu verhindern, kommen die Produkte des Tornescher Unternehmens zum Einsatz. In Computern, in Flugzeugen, Autos, beim Häuserbau und wenn etwa in der heimischen Werkstatt an einem Modellauto gebastelt wird. Doch nur wenige Menschen wissen, dass es Produkte aus Tornesch sind, die ihr Leben weniger verwirrend machen. „In der Branche ist unsere Firma weithin bekannt, aber Fremde wissen nicht, was Hellermann Tyton ist“, sagt Jungermann. Auch er habe gegenüber Freunden und Bekannte öfter erklären müssen, womit er eigentlich sein Geld verdient. Kabelbinder? Es gibt Firmen, die sich nur damit beschäftigen? Gibt es - und das intensiv.

Die Herausforderungen an das Unternehmen seien nicht ganz ohne, gibt Jungermann zu. „Unsere Produkte sind nicht nur die kleinen Kabelbinder, die aus Baumärkten bekannt sind“, sagt der Manager. Viele der Kabelbündelungslösungen sind sehr komplex. Beispielsweise ein Bündelungssystem zu entwerfen, um Kabel passgenau entlang einer Karosserie zwischen Motorkomponenten hindurch zu führen. Das Ganze gut isoliert gegen Hitze oder Kälte, geschützt gegen Feuer und dabei möglichst leicht und auch formstabil. Dafür werden beispielsweise Glasfaser verstärkte Kunststoffe eingesetzt. Eine ganze Mannschaft von Ingenieuren entwirft diese High-Tech-Komponenten, die teilweise bis zu 280 Grad Hitze aushalten und zugleich das Gewicht um bis zu drei Drittel gegenüber den konventionellen Werkstoffen reduzieren.

Um zu wissen, was die Kunden in aller Welt brauchen, hat Hellermann Tyton auch eine ganze Schar von Außendienstmitarbeitern, die sich die Probleme vor Ort anschauen und mit den Kunden Lösungsansätze prüfen und besprechen. So stehen bei Airbus öfter Besuche an, um beispielsweise mehr als einen Meter lange Kabelbindungssysteme zu entwickeln.

Auch wenn das Tornescher Unternehmen vieles selbst entwickelt, ist die Firma dennoch auf andere Unternehmen angewiesen, um ihre Produkte produzieren zu können. So werden die verschiedenen Granulate, die für die Kunststoffproduktion nötig sind, bei Chemiekonzernen eingekauft. In Tornesch und in den anderen Werken des Unternehmens werden dann aus den Granulaten Zehntausende Artikel gemäß den Wünschen der Kunden hergestellt.

Die Liste der Kunden ist lang und international weit gestreut, denn die Tornescher Firma ist innerhalb von wenigen Jahrzenten zu einem globalen Unternehmen gewachsen. Angefangen hatte alles 1935 mit der Erfindung einer Patent-Hülle zum Schutz von elektrischen Leitungen, die Paul Hellermann in Hamburg entwarf. Die Erfindung fand guten Absatz und ermöglichte dem Unternehmen ein stabiles Wachstum. 1945 etwa wurden Tüllen entwickelt, mit denen schadhafte Hausleitungen mit Fahrradgummiventilen repariert werden konnten.

Ab den 1950er Jahren ging es mit dem Unternehmen dann stark bergauf. Die zunehmende Technisierung der Welt machte die Produkte des damals noch unter dem Namen Hellermann firmierenden Unternehmens begehrt. 1957 wurde die Firma in die Bowthorpe blc UK eingegliedert, 1962 folgte die Gründung von Hellermann in Frankreich. Damit wurde die Firma international. 1964 stiegen die Verantwortlichen in die Kabelbinderfertigung in England ein, und vier Jahre später wurde in den USA das Unternehmen Tyton gegründet. Fortan wurden unter dem Namen Tyton sowie Hellermann in mehreren Ländern Standorte errichtet. Erst 1999 wurden die Namen zusammengeführt zu HellermannTyton. Eine Maßnahme, die sich, so Jungermann, gelohnt habe und auch notwendig gewesen sei, um das Profil zu stärken. Im Folgejahr zog die Firma von Pinneberg nach Tornesch um.

Inzwischen ist HellermannTyton in 34 Ländern mit knapp 3300 Mitarbeitern tätig und seit 2013 auch börsennotiert. „Der Gang an die Börse war ein großer Erfolg für uns“, sagt der Firmenmanager. Nach den schweren Zeiten mit Kurzarbeit im Jahr 2004 sei das Unternehmen spätestens seit 2009 wieder stark im Aufwind. Das zeige auch ein Blick auf die Zahlen: Der Konzernumsatz stieg alleine von 2012 auf 2013 um vier Prozent auf 538 Millionen Euro, in Südafrika beträgt der Marktanteil fast 90 Prozent. Ein neues Technologiezentrum wurde in Tornesch eingerichtet, und im Jahr 2013 konnten 75 neue Mitarbeiter eingestellt werden – weitere werden ständig gesucht.

Gibt es da noch Herausforderungen? „Ja sicher. Wir grübeln immer, wie wir Dinge noch besser machen können“, sagt Stephan Jungermann. Verbesserungspotenziale gebe es immer und überall.