Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg empfängt regelmäßig Bürger zur Sprechstunde. Das Abendblatt war dabei

Pinneberg. Der Tag ist lang für Bürgermeisterin Urte Steinberg, 55. Von 8.30 Uhr bis 20.30 Uhr pflegt die gebürtige Pinnebergerin die Geschicke der 43.000-Einwohner-Stadt in ihrem Dienstzimmer 102 im ersten Stock des Pinneberger Rathauses zu lenken; nur am Freitag macht sie schon gegen 16 Uhr Fofftein. Sie kümmert sich um wichtige Personalien wie den neuen Job des Büroleiters und Pressesprechers sowie den des Leiters des Kommunalen Servicebetriebes. Sie zieht die Fäden, wenn es darum geht, Gewerbe in die Pinnau-Stadt zu bekommen. Sie fährt nach Kiel, um im schleswig-holsteinischen Innenministerium Geld für die klamme Kreisstadt zu bekommen, die sich unter den Rettungsschirm des nördlichsten Bundeslandes begeben hat. Und sie „frisst“ Akten aus allen Bereichen des städtischen Lebens und lässt es sich noch immer nicht nehmen, alle Ausschusssitzungen der Stadt zu besuchen.

„Von Montag bis Donnerstag bin ich vollständig auf meine Arbeit fokussiert“, sagt die parteilose Bürgermeisterin. Manchmal nimmt sie ihre Akten auch mit nach Hause ins Quellental. Dass sie in der Woche mit ihrer 25 Jahre alten Tochter in die „UCI-Kinowelt“ nach Hamburg-Bahrenfeld fährt und die Komödie „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ anschaut, ist eine große Ausnahme.

Rund 70 Stunden zählt die Arbeitswoche von Pinnebergs Bürgermeisterin, „auf eine normale 60-Stunden-Woche“ will sie „hinarbeiten“. So will sie ihrem künftigen Büroleiter „auch Arbeit delegieren". Nicht abtreten hingegen wird Urte Steinberg dreieinhalb Stunden im Monat, die sie Pinnebergern widmet, die zu ihr kommen. In die Bürgersprechstunde in ihrem Dienstzimmer 102 – an jedem ersten Dienstag im Monat nach telefonischer Absprache von 14 bis 16 Uhr. Oder jeden dritten Montag oder Dienstag im Monat, von 16 bis 17.30 Uhr, bei den Bürgern vor Ort: im Schulzentrum Nord, in der Grundschule Waldenau oder in der Grund- und Gemeinschaftsschule im Quellental.

Der Pinneberger Peter Dohse ist 73 Jahre alt und an diesem Nachmittag ziemlich aufgebracht, als er Urte Steinberg vor einer Stellwand mit dem Flächennutzungsplan mit festem Druck die Hand reicht. „Jetzt bin ich bei Ihnen bei der höchsten Stelle, Frau Bürgermeisterin“, sagt Peter Dohse. „So, jetzt muss mal was passieren.“

Peter Dohse wohnt an der Elmshorner Straße, schräg gegenüber der Hans-Claussen-Schule. Sein Problem ist Lärm. Der Lärm, den sein Nachbar, der zwei Grundstücke weiter eine Autowerkstatt betreibt, mache. „Ich kann nicht verstehen, warum diese Werkstatt bei uns mitten im Wohngebiet genehmigt worden ist“, sagt Peter Dohse. Vergangenen Sonntag, da habe der Nachbar auf dem Hof mit dem Hochdruckreiniger gearbeitet. Und jetzt, wo die Temperaturen steigen, da seien die Werkstatttüren meistens auf.

Urte Steinberg hört sich alles, wie auch bei den anderen Besuchern, ruhig an. Eine schnelle Lösung hat sie nicht parat. „Das werde ich prüfen lassen“, sagt die Pinnebergerin, die einen blauen Anzug trägt, dazu ein gestreiftes Hemd in Weiß und hellem Auberginenton, eine Perlenkette und eine goldfarbene Nadel des Rotary Clubs Pinneberg, dem sie seit Januar dieses Jahres als erste – und bislang einzige Frau unter vielen Männern – angehört.

Bis zum Dienstag, 22. April, will die Bürgermeisterin Peter Dohse antworten, ob die Stadt etwas in seinem Sinne zu tun gedenkt. Diesen Termin bekommt auch auch Winfried Zuther, 74 genannt. Er wohnt in Pinneberg an der Berliner Straße. Winfried Zuther ist eher der Typ Gutmensch: Er macht sich Sorgen über Mitmenschen, die vor seiner Haustür stolpern. „Die Baumwurzeln sprießen aus den Ritzen zwischen den Rad- und Fußwegsteinen“, erklärt Zuther der Bürgermeisterin. Die macht sich ein paar Notizen auf einem DIN-A-4-Zettel.

„Ich hoffe, dass mein Besuch dieses Mal etwas nützt“, sagt Winfried Zuther. Unsere Nachbarn waren schon mal bei ihrer Vorgängerin Kristin Alheit wegen des Gehweges. Aber es ist nichts passiert seitdem.“

Auch Karl-Heinz Karsten, 66, besucht an diesem Nachmittag die Bürgermeisterin. Dem Rentner gehört eine Wiese in Thesdorf. Das Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr will das Areal der Feuerwehr für das Pfingstjugendfeuerwehrfest zur Verfügung stellen. Aber es gibt keinen Zaun. Und vor der Kita nebenan liegt noch Erde herum und die Einfahrt sieht nicht so aus, wie es den Vorstellungen von Herrn Karsten entspricht. „Bitte kümmern Sie sich, Frau Bürgermeisterin“, sagt der Pinneberger. Die 55-Jährige notiert es sich und verabschiedet den Rentner. Drei Bürger folgen. Danach widmet sich Urte Steinberg wieder den Akten.