SPD wirft CDU vor, nur Besserverdiener in Uetersen haben zu wollen. Union ist empört

Uetersen. Die Uetersener SPD kritisiert die anderen Ratsparteien aufgrund ihrer Wohnungsmarktpolitik. In einer aktuellen Stunde hatte SPD-Ratsherr Jan Baumann der CDU/FDP/BfB-Gruppe und auch den Grünen vorgeworfen, gegen einen geförderten Wohnungsbau in der Rosenstadt zu sein. Der CDU wurde insbesondere vorgeworfen, sozial schwache Mietergruppen in Uetersen nicht haben zu wollen. CDU und Grüne haben diese Vorwürfe vehement zurückgewiesen.

Die Ursache des Zwists ist der kürzlich erfolgte Absprung des Investors Semmelhaack beim Wohnungsbauprojekt am Bleekerstift. Der Elmshorner Investor hatte seine Pläne, dort ein neues Wohngebiet zu schaffen, wovon 40 Prozent öffentlich gefördert sein sollten, aus unternehmerischen Gründen aufgegeben. Er will sich auf jene Projekte konzentrieren, die schneller zu realisieren sind als in Uetersen. „Wir sind der Meinung, dass die ablehnende Botschaft, welche drei der hier im Rat vertretenen Parteien dem Investor entgegen hielten, eine entscheidender Grund sind“, sagte Baumann. Die Sozialdemokraten hätten als einzige das Projekt am Bleekerstift von Beginn an unterstützt. Für die SPD sei schwer zu verstehen, weshalb die anderen Parteien offen ihre Ablehnung gezeigt hätten.

„Außer tatsächlich noch zu lösenden Verkehrsfragen wurde ein Argument immer wieder genannt. ‚Wir wollen hier keinen öffentlich geförderten Wohnungsbau‘. Hinter vorgehaltener Hand hörte man es noch deutlicher, ‚solche Mieterklientel haben wir in Uetersen schon genug!‘“, sagte Baumann. Dabei sei gerade öffentlich geförderter Wohnraum in Uetersen notwendig.

Uetersen habe mit den teuersten Wohnungsmarkt im ganzen Land. Lediglich 153 öffentlich geförderte Wohnungen seien in Uetersen noch vorhanden – bei sinkender Tendenz. Daher benötige die Rosenstadt dringend mindestens 330 solcher Wohnungen. Im gesamten Kreis würden gar mehr als 5500 öffentlich geförderte Wohnungen momentan fehlen.

Aufgrund der Entwicklungen der Mieten und Grundstückspreise in der Region müsse gezielt von Seiten der Politik gegengesteuert werden, weil sich der frei finanzierte Wohnungsbau nur bei Wohnungen für Besserverdiener lohne, so der SPD-Ratsherr. Er rief die Parteien auf, ihre Haltung zu überdenken und gemeinsam für ausreichend finanzierbaren sozialen Wohnraum in Uetersen zu sorgen, wie er etwa für Handwerker, Kita-Mitarbeiter und andere Angestellte aus der Mitte der Gesellschaft notwendig sei.

CDU-Fraktionschef Andreas Stief wies die Vorwürfe der SPD vehement zurück. „Uns wird zweierlei unterstellt. Erstens, wir wollen den sozialen Wohnungsbau nicht. Zweitens, dass wir eine bestimmte Klientel hier nicht haben wollen. Das geht nicht, dagegen verwehre ich mich“, sagt Stief. Dass das Thema Wohnungsbau in Uetersen diskutiert werden müsse, sei zweifelsfrei richtig, denn es bestehe ein Bedarf an Wohnungen, vor allem für jene, die kein großes Einkommen hätten. Die Art und Weise, wie die SPD das Thema behandle, sei aber unangemessen. Es sei nicht in Ordnung, den Absprung von Semmelhaack als Vorwand zu nehmen und diesen Einzelfall in einer aktuellen Stunde breitzutreten.

„Die Entscheidung des Investors war eine unternehmerische Entscheidung, das muss man respektieren“, so der CDU-Fraktionschef. Natürlich sei die Entscheidung aus Uetersener Sicht bedauerlich. „Aber dann müssen die Fraktionen zusammenrücken und Lösungen finden und nicht sich gegenseitig die Schuld zuschreiben.“

Die Rosenstadt brauche sozialen Wohnraum, das stelle niemand in Abrede, aber er müsse ausgewogen geschaffen werden. Es sei ein Fehler, massiv an einer Stelle öffentlich geförderte Wohnungen zu schaffen und damit langfristig Brennpunkte zu schaffen. „Diesen Fehler haben wir schon einmal in Uetersen begangen“, sagt Stief. Es müsse auf die gesamte Stadt geschaut werden und eine gesunde Durchmischung der sozialen Schichten geschaffen werden.

Der CDU-Fraktionschef schlägt daher vor, etwa alternative Nutzungskonzepte für leer stehende Geschäfte zu erarbeiten. Ladenflächen könnten in Wohnraum umgewandelt werden, wenn die Stadt und die Investoren zusammenrücken würden. Genau diese Themen könnten in der vor wenigen Monaten gegründeten Arbeitsgruppe Stadtentwicklung behandelt werden. Die Umwandlung der Flächen sei aber nur über frei finanzierte Investitionen zu schaffen. Ob die Besitzer der Flächen mitspielen, müsse somit im Einzelfall geklärt werden. Doch kurzfristig ließe sich hier sicherlich einiges bewegen, so die Einschätzung von Stief.