Intendant erklärt seine SHMF-Strategie und verrät, dass er auf Justin Timberlake steht

Wedel. 14 Konzerte an fünf Spielorten – so viel Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF) gab es noch nie im Kreis Pinneberg. Von diesem Montag, 31. März, an gibt’s die Karten für das Festival auch vor Ort zu kaufen. Im Abendblatt-Gespräch verrät der neue Intendant Christian Kuhnt, bei welchen Veranstaltungen Fans schnell zugreifen sollten, warum die Region so gut vertreten ist und warum er keinen Unterschied zwischen Musik von Johann Sebastian Bach und der von Justin Timberlake macht.

Hamburger Abendblatt:

Ein zugiger Bootsschuppen in Wedel, ein alter Rinderstall wie in Haseldorf oder die Elmshorner Reithalle: Warum sind solche Spielstätten genau das richtige für das SHMF?

Christian Kuhnt:

Wir hoffen, dass wir so Hemmschwellen abbauen können. Das SHMF kommt direkt zu den Menschen. Außerdem machen die vielen unterschiedlichen Spielorte den Reiz aus.

Nach welchen Kriterien suchen Sie die Spielstätten aus?

Kuhnt:

Es müssen schon einige Voraussetzungen erfüllt sein. Vor allem muss die Spielstätte zu uns, zu unserem Programm passen. Wichtig ist auch, dass wir uns willkommen fühlen. Wir reagieren auch sehr schnell, wenn wir dazu eingeladen werden, uns neue Orte anzusehen.

Aber es kommen doch sicherlich viele auf Sie zu mit möglichen Spielstätten. Was gibt da den Ausschlag, wonach suchen sie aus?

Kuhnt:

Ja, wir haben viele Anfragen. Aber es kann gar nicht zu viele Spielstätten geben. Die Konzertzahl ist im Vergleich zum Vorjahr von 118 auf 164 Konzerte gestiegen. In Haseldorf hat sich die Zahl von drei auf sechs verdoppelt. In Schenefeld und Wedel ist das SHMF nach einer Pause wieder vertreten. Das ist gut so. Wir wollen wieder mehr in die Fläche gehen.

Inwieweit spielen Sponsoren vor Ort eine Rolle? Kann man sich ein SHMF-Konzert kaufen?

Kuhnt:

Die Sponsoren spielen eine große Rolle, sie sind unsere Partner. Der Leiter der Sparkasse vor Ort zum Beispiel – die Sparkassen-Finanzgruppe ist von Anbeginn einer unserer Hauptsponsoren – ist ein perfekter Netzwerker. Und auf solche Netzwerker sind wir angewiesen. Und zur Frage der Finanzierung: Ja, sie können sich ein SHMF-Konzert kaufen, genauso wie sie sich das Programm mit einem Ticket einkaufen können. Das heißt aber nicht, dass Sponsoren Einfluss auf die Gestaltung nehmen.

14 Konzerte an fünf Spielstätten allein im Kreis Pinneberg: Was empfehlen Sie den Pinnebergern bei dieser großen Auswahl?

Kuhnt:

Alles. Jedes Konzert ist gut, sonst wäre es nicht im Programm.

Nein, jetzt mal im Ernst. Was empfehlen Sie denen, die sich eben nur ein Ticket leisten können oder wollen?

Kuhnt:

Die Pinneberger haben es so gut. Es ist schon etwas Besonderes, dass sie alle Veranstaltungen vor der Haustür haben, die die drei neuen Säulen des SHMF ausmachen – die klassischen Konzerte, die sich dem Komponisten Felix Mendelssohn widmen, Auftritte unserer Portrait-Künstlerin Sol Gabetta und den nicht-klassischen Bereich. Also drei Tickets kann man sich leisten. Dann würde ich den Pinnebergern das Artemis Quartett in Haseldorf, Sol Gabetta in Elmshorn und ein Konzert aus unserer neuen Reihe „Luustern“ empfehlen – das ist Plattdeutsch und bedeutet „Lauschen“: zum Beispiel in Schenefeld das Konzert mit Etta Scollo und Christian Redl oder Axel Prahl in Wedel. Der singende Tatort-Kommissar im Bootsschuppen vor dieser herrlichen Kulisse – das hat schon was. Das SHMF gehört auch nach Wedel, deshalb haben wir uns für die kommenden drei Jahre auf diesen Spielort gern festgelegt.

Warum haben Sie sich von dem bewährten Länderschwerpunkt des Festivals verabschiedet?

Kuhnt:

Es war Zeit dafür. Er hatte auch etwas Schablonenhaftes. Kunst braucht Freiheit. Was den Reiz am Länderschwerpunkt ausmachte, war die Auseinandersetzung mit einer fremden Kultur. Das will ich für Schleswig-Holstein erreichen. Hier sind so viele Künstler geboren oder Zuhause. Wir können uns leisten, etwas stolzer auf die Musik des Nordens zu sein.

Was hören Sie privat für Musik?

Kuhnt:

Ich liebe Balladen zum Beispiel von Elton John, aber ich mag auch Justin Timberlake. Für sein Konzert in Hamburg habe ich Karten. Im Auto höre im Moment „Deine Freunde". Das ist eine Kinder-Hip-Hop-Band.

Ich bin etwas überrascht, dass Sie jetzt nichts Klassischeres gesagt haben.

Kuhnt:

Also, wenn Sie nach der Musik gefragt hätten, auf die ich am wenigsten verzichten kann, dann hätte ich Ihnen Johann Sebastian Bach genannt. Er ist mein musikalisches Zentrum. Von ihm geht alles aus.

Auch Timberlake und Hip-Hop?

Kuhnt:

Ich trenne überhaupt nicht zwischen den Genres. Für mich gibt es nur gute und schlechte Musik. Natürlich bleibt klassische Musik der Schwerpunkt des SHMF, aber es gibt viele Wege zur Musik und die können eben auch über Hip-Hop oder Popmusik führen.

Von was träumt der neue Intendant des SHMF?

Kuhnt:

Die Anzahl an Konzerten so drastisch zu erhöhen und auch das Profil durch den Verzicht auf den Länderschwerpunkt zu verändern, war ein Wagnis. Die erste positive Resonanz im Kartenvorverkauf macht mir Mut. Wenn das so anhält, hat sich bereits ein Traum von mir erfüllt. Wir wollen so viele Menschen wie möglich erreichen. Das geht nur, wenn wir unseren Weg weitergehen, Entdeckungen präsentieren und originell sind. Wir müssen einfach Trüffelschweine sein.

Tickets für die örtlichen Konzerte sind ab sofort an folgenden Vorverkaufsstellen erhältlich: Stadttheater Elmshorn, Königstraße 56; Theaterkasse Moorrege (für Haseldorf), Wedeler Chaussee 26; Galerie Gaedigk Rellingen, Am Rathausplatz 17; Reisen-Tickets.de Wedel (auch für Schenefeld), Bahnhofstraße 29.