Kiels Wirtschafts-Ressortchef Reinhard Meyer ist oft in der Region und Mitglied im Schenefelder SPD-Ortsverein

Kreis Pinneberg. Reinhard Meyer hatte die Wahl, welches Kennzeichen sein Dienstwagen haben sollte. Der schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister hätte sich wie viele seiner Kollegen für die Initialen KI der Landeshauptstadt entscheiden können oder vielleicht für das Kürzel HL der hübschen Hansestadt Lübeck. Doch Meyer fährt ausgerechnet mit dem in Autofahrerkreisen so ungeliebten PI durchs Land. Zufall, ein Fehlgriff?

Im Gegenteil. „Es war eine ganz bewusste Entscheidung“, sagt Meyer. Es sei sein Bekenntnis zur Region. Der Region, die dem Sozialdemokraten besonders am Herzen liegt. Das macht sich nicht nur am Kennzeichen bemerkbar. Der 54 Jahre alte Hamburger, der im Juni 2012 das Ministeramt für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein übernommen hat, ist häufig auf Veranstaltungen in der Region anzutreffen, so wie an diesem Freitag. Er besucht mit Hamburgs Senator Frank Horch die Firma Autoflug in Rellingen.

Zuvor hat Meyer schon den XFEL-Tunnel in Schenefeld durchschritten, den Startschuss für den Aufzug am Krupunder Bahnhof gegeben, war bei der Eröffnung der Karpfensaison in Bokel und hat sich beim Pinneberger Verband über die Baumschulregion informiert. Und auch als es in Borstel-Hohenraden um eine von Bürgern geforderte Temporeduzierung ging, machte sich der Verkehrsminister persönlich ein Bild. Im April tingelt er durch die Rathäuser, am 7. April ist er in Schenefeld. Zudem stehen Besuche in Wedel und beim Landrat an.

Ganz bewusst nimmt Meyer so viele Termine im Kreisgebiet war. Das liegt zum einen daran, dass die Region auf seinem Arbeitsweg zwischen Hamburg und Kiel liegt. Zum anderen versteht er sich als ein Sprachrohr der Region im Landeshaus. Denn aus seiner Sicht wurden Pinneberg und das Hamburger Umland oft zu stiefmütterlich behandelt.

„Das Hamburger Umland ist wirtschaftlich sehr stark. Hier gibt es viele erfolgreiche Unternehmen, eine geringe Arbeitslosigkeit. Manche glauben deshalb, das läuft schon von allein, darum muss man sich nicht kümmern. Ich sehe das anders. Weil die Region stark ist, müssen wir sehen, wie wir das erhalten oder ausbauen können“, so Meyer. Dazu gehören Verkehrsprojekte wie die geplante Elbfähre zwischen Wedel und Jork, die Meyer ausdrücklich befürwortet, aber auch der ÖPNV-Ausbau und Überlegungen wie die zu einem Technologiepark in Schenefeld.

Überhaupt hat er zu Schenefeld ein besonderes Verhältnis. Hier ist er in den SPD-Ortsverein eingetreten. Der Hamburger, der vor seiner Ministerzeit Chef der Staatskanzlei in Mecklenburg-Vorpommern war, suchte nach einem Ortsverein in der Nähe seines Wohnortes in den Elbvororten. Der mittlerweile verstorbene langjährige SPD-Landtagsabgeordnete Bernd Schröder empfahl die Schenefelder Sozialdemokraten.

Zur Begrüßung des prominentesten Mitgliedes in dem Ortsverein überreichte Vorstandschef Gerhard Manthei ihm einen grünen Jutebeutel mit Stadtwappen und umfangreichem Infomaterial über die Düpenaustadt. Bürgermeisterin Christiane Küchenhof (SPD) nutzte die Gelegenheit und sprach einige Themen an. Unter anderem brennt ihr eine Temporeduzierung an der Blankeneser Chaussee unter den Nägeln. Bislang gab es zum gewünschten Tempo 30 vor allem vor der Schule von der Kreisbehörde immer ein Nein. Meyer will dies nun im April bei einem Treffen mit Küchenhof besprechen.

An anderer Stelle hat der direkte Draht zum „Pinneberg-Minister“ bereits gefruchtet. „Ich habe den Eindruck, dass viele Entscheidungen nicht bürgernah genug sind“, sagt Meyer. Er vertraut auf das Wissen der Menschen vor Ort. „Sie können besser einschätzen, wo es gerade brennt.“ Deshalb kann es nach einem Besuch des Ministers manchmal ganz schnell gehen.

So wie in Wedel. Jahrelang forderten von Verkehrslärm geplagte Altstadtanwohner an der Bundesstraße431 Entlastung – zumindest durch ein Tempolimit. Lange Zeit gab es dazu von den übergeordneten Straßenbehörden eine Absage. Nach einem Besuch von Meyer wurde vor kurzem ein Tempo-30-Schild aufgestellt, das zumindest nachts für weniger Lärm sorgt.

Generell müsse der Verkehr auf Bundesstraßen fließen, was Tempo 30 meist verbiete, so Meyer. Aber es müsse in berechtigten Fällen Ausnahmen von der Regel geben. Die durch die Altstadt dicht an den Häusern vorbeiknatternden Autos und Lastwagen waren dem Minister eine solche Ausnahme wert. Auch in Borstel-Hohenraden hat er Verständnis für die Argumente der Anwohner. Er spricht sich für eine Tempobegrenzung auf der Landesstraße76 aus, besonders vor der Schule und dem Kindergarten könnte er sich das vorstellen.

Er will auch weiterhin den direkten Kontakt zu den Pinnebergern suchen und von ihnen erfahren, was sie bewegt. „Ich möchte ein Gefühl bekommen, worüber die Menschen diskutieren“, erklärt Meyer. „Mich ärgern selbst doch auch Verwaltungsentscheidungen, die nicht vernünftig scheinen.“