Reisende nicht aufhalten

15./16. März: „Neun Künstler treten aus der Kulturpreis-Jury aus"

Wer dem Runden Tisch der Kulturschaffenden beigewohnt hat, fasste sich bereits beim ersten, über die Medien verbreiteten „Nachspiel“ an den Kopf. „Notizen aus der Provinz" könnte das Stück heißen. Nun folgt die Fortsetzung mit einem inszenierten „Showdown“.

Im Nachhinein wird einiges klar. Einer der Hauptprotagonisten schrieb einen Brief, der von eitler Selbstbespiegelung nur so trotzte. Im Notfall sollte alles beim Alten bleiben: „The same procedure as every year.“

Optimal wäre jedoch das Zimmern einer Wagenburg von Fachleuten mit Diplom. Als wenn praktizierenden Künstlern, die mit den Entscheidungen der Jury in den letzten Jahren nicht einverstanden waren, mit einem neuen (!) Regelwerk von vornherein der Beitritt in die Jury verwehrt werden müsse.

Nun stellen sich die neuen Vergaberichtlinien als ein Kompromiss dar, und schon spielt ein Teil der Jury nicht mehr mit. Nun, der Preis ist immerhin ein staatlicher, und warum eine maßvolle Beteiligung der politischen Vertretung mit nur beratender Stimme von Übel sein soll, während ein FDP-Fraktionsvorsitzender seit Jahren als Vorsitzender der Jury von den rebellierenden Kunstexperten dort anstandslos geduldet wird, erschließt sich nicht.

Eben so wenig erschließt sich die Kompetenz dieses Kommunalpolitikers, mit der er meint, sich ein Urteil über den Sachverstand des Runden Tisches erlauben zu können. Was man unter maßvoller Transparenz versteht, ist beim Runden Tisch eingehend erörtert worden. Es werden Kriterien der Preisfindung veröffentlicht und sollen an der Person des Preisträgers begründet werden. Personelle Alternativen werden auch in Zukunft nicht veröffentlicht.

Der von den Rebellen gewünschte „closed shop" mit extremer Vorfeldsicherung scheint in heutiger Zeit, die Transparenz auf allen Ebenen fordert, soweit nicht die Sicherheitsbelange eines Staates berührt werden, irgendwie merkwürdig und aus ihr gefallen.

Deshalb könnte die Vorsitzende des Kulturausschusses des Kreistages Gelassenheit zeigen und sollte im übrigen Reisende nicht aufhalten. Besser wären es zehn statt der neun in der Abfahrt: nämlich den bisherigen Jury-Vorsitzenden gleich hinterher schicken.

Personelle Erneuerung kann nicht schaden, wenn man den Preis wirklich aufwerten will. Gerade die neuen Vergaberichtlinien, die Klarheit in der Wohnsitzfrage gebracht haben, ermöglichen es, auch Namen von national und international bekannten Künstlern einzubeziehen. Mit Mut zu neuen Ufern und dabei die mitnehmen, die Reformen wollen, ist das Gebot der Stunde.

Peter Schmidt, Wedel

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