Für 12,5 Millionen Euro wurde Barmstedts Zentrum saniert. Jetzt wird abgerechnet

Barmstedt. Land, Bund und Stadt haben seit 1987 die Innenstadt Barmstedts aufwendig saniert. Der Marktplatz wurde neu angelegt, das neue Rathaus geschaffen, der Verkehr beruhigt, viele Gebäude restauriert. Insgesamt sind 12,5 Millionen Euro in dieses Städtebauförderungs-Programm geflossen. Nun will das Land die Sanierung abschließen und fordert die 70 betroffenen Eigentümer zwischen Holstenring, Bahnhofstraße, Wiesengrund und Küsterkamp auf, für die durch die Sanierung erreichte Wertsteigerung ihrer Grundstücke zu zahlen. Etwa 60 Betroffene folgten jetzt dem Aufruf ins Rathaus, sich über das Abrechnungsverfahren zu informieren. Einigen schien es sehr kompliziert und willkürlich zu sein, was sie da erfuhren. „Das ist doch völlig unplausibel und spekulativ“, schimpfte ein Eigentümer.

Stefan Heesch vom Gutachterausschuss des Kreises und Sigrid Nieswandt von der BIG-Städtebau bemühten sich, die Rechtslage und ihr Vorgehen zu erläutern. So würden alle Grundstücke und Gebäude des Gebiets danach bewertet, wie sie vorher aussahen und was dort investiert wurde. Dabei gingen die Gutachter retrospektiv vor, erklärte Heesch. So sei aus der Bodenrichtwert-Ermittlung, die kreisweit alle zwei Jahre sämtliche Grundstücksverkäufe analysiere, ziemlich genau bekannt, wie hoch die Grundstückspreise zurzeit dort liegen. Das seien 250 Euro je Quadratmeter in der Geschäftslage. An den Randlagen sinke der Wert auf 150 Euro. Nach einem Punktesystem, das von null bis zehn reiche und sich am sogenannten Niedersachsen-Modell orientiere, werde nun bewertet, wie sich Struktur, Erreichbarkeit, Umfeld, Parkplatzsituation, Verkehrsberuhigung und weitere Kriterien durch die Sanierung verändert haben.

Im Höchstfalle könnte dabei eine Wertsteigerung von 40 Prozent herauskommen, sagte Heesch. Das hieße, dass bis zu 100 Euro je Quadratmeter abgeführt werden müssten. Dieser Betrag werde aber in den meisten Fällen nicht erreicht. Eine genaue Eingrenzung der Dimensionen wollte Heesch auf Nachfrage nicht vornehmen. Aber jedes einzelne Grundstück sei bereits untersucht worden. Und für 50 Eigentümer sei dabei eine Wertsteigerung festgestellt worden.

„Das ist ein sauberes Verfahren“, versicherte Heesch. Die Entwicklung der Marktpreise spiele dabei keine Rolle. Eine Aussage, die einige der Betroffenen im Rathaus bezweifelten. Warum seien dann die Grundstücke und Gebäude nicht vor Beginn der Sanierung 1987 bewertet worden, wunderten sie sich. Ein Versäumnis, das jetzt offenbar in Elmshorn, wo der Innenstadtbereich Vormstegen ebenfalls saniert werden soll, nachgeholt wird, wie Heesch im Abendblatt-Gespräch bekannte.

Jeder Eigentümer erhalte nach Beschluss der Stadtvertretung am 8. April, der die Sanierung für abgeschlossen erklärt, eine genaue Bewertung seines Grundstücks, führte Sigrid Nieswandt aus. Dann habe er die Möglichkeit, sich die ermittelten Zahlen erläutern zu lassen. Den Bescheid zur Zahlung des errechneten Betrages, den er bis Juli in der Post haben wird, werde er aber kaum verhindern können. Der Rechtsweg stehe natürlich jedermann offen.

Manchen erschloss sich das nicht. „Warum werden wir zur Kasse gebeten für Nutzungsverbesserungen, von denen alle Bürger profitieren?“, wunderte sich eine Anliegerin. „Das ist nicht sozial gerecht.“ Überrascht haben dürfte es aber niemanden, betonten Heesch und Nieswandt. Im Grundbuch war der Vorbehalt des Sanierungsgebietes und das Vorkaufsrecht der Stadt eingetragen. Diese könnten die Eigentümer, die bezahlt haben, dann löschen lassen.