Kaum bekannt in Rellingen: Otto Hoge hat die Union wegen Merkels Politik verlassen

Rellingen. Die Rellinger Christdemokraten haben eines ihrer bekanntesten und profiliertesten Mitglieder verloren: Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, trat der langjährige Gemeindevertreter Otto Hoge aus der Partei aus. Sein Kündigungsschreiben an den Rellinger CDU-Chef Steffen Böhm-Rupprecht schickte Hoge bereits am 15. Dezember vergangenen Jahres ab. Einen Tag, nachdem die Sozialdemokraten in einem Mitgliederentscheid der Bildung einer Großen Koalition mit der CDU auf Bundesebene zugestimmt hatten.

Trotz des Parteiaustritts nach fast 40-jähriger Mitgliedschaft in der CDU hat der 70 Jahre alte Kommunalpolitiker seine Ämter behalten. Hoge ist weiterhin – wie bereits seit dem 1. April 1998 – Gemeindevertreter und auch Vorsitzender des Finanzausschusses. Der CDU-Fraktion gehört er ebenfalls noch als parteiloses Mitglied an.

Für Hoge ist das kein Problem: Der selbstständige Betriebsberater begründet seinen Parteiaustritt ausschließlich mit Kritik an der Bundeskanzlerin und CDU-Bundesvorsitzenden: „Angela Merkel hat mit der Bildung der Großen Koalition einen neosozialistischen Kurs in der innerdeutschen Politik eingeschlagen“, sagt der gebürtige Helgoländer und legt noch einen persönlichen Vorbehalt nach: „Ich habe Angela noch nie gemocht.“

Die erste Große Koalition nach der Wahlniederlage Gerhard Schröders hat Hoge noch hingenommen. Doch mit der Neuauflage sei die Bundes-CDU mit Merkel an der Spitze den falschen Weg gegangen: „Neuwahlen wären richtig gewesen“, meint der Finanzexperte, der ansonsten mit Merkels Europa- und Weltpolitik zufrieden ist.

In der örtlichen CDU wie auch beim Kreisvorsitzenden Ole Schröder seien seine Vorhalte bekannt, sagt Hoge. Man habe auch auf Ortsebene versucht, ihn vom Parteiaustritt abzubringen, doch darauf habe er sich nicht eingelassen.

Um so mehr freut sich der Ex-Christdemokrat, dass er seine Funktionen auf Gemeindeebene weiterhin in der CDU-Fraktion als Parteiloser wahrnehmen kann. In der Kommunalpolitik spiele die Parteizugehörigkeit ohnehin keine so große Rolle, da es vorwiegend um Sachfragen gehe. Eine erneute Kandidatur bei der nächsten Kommunalwahl komme allerdings für ihn schon aus Altersgründen nicht in Betracht.

Dass sein Parteiaustritt bisher nicht öffentlich bekannt wurde, findet Hoge in Ordnung: „Ich wollte das nicht an die große Glocke hängen. “ Gemeindliche Gremien und die Verwaltung seien aber informiert worden.

Für Außenstehende ist die Veröffentlichung der Gemeinde im Internet unter www.rellingen.de allerdings missverständlich: Unter der Rubrik Politik war der Gemeinderat Otto Hoge bis gestern noch der CDU zugeordnet – ohne Hinweis auf dessen Parteilosigkeit.

Das soll nun flugs geändert werden, wie Rellingens Bürgermeisterin Anja Radtke, parteilos, versicherte, nachdem sie vom Abendblatt auf diese fehlerhafte Parteizuordnung hingewiesen worden war. Radtke bestätigte, dass sie von Hoge über dessen Parteiaustritt informiert worden sei. „Ich habe dies zur Kenntnis genommen. Es ist jedoch nicht meine Aufgabe, damit in die Öffentlichkeit zu gehen“, sagt die Bürgermeisterin. Die Kündigung der Parteimitgliedschaft sei ein Problem der CDU. Laut Gemeindeordnung sei es zulässig, dass ein gewählter Gemeindevertreter auch nach dem Austritt aus einer Partei sein Mandat behalte, so Radtke. Sie verwies auf das Beispiel Wedel, wo mehrere Fraktionsmitglieder der SPD aus der Partei austraten und eine neue Gruppierung im Rat bildeten.

So weit ist es allerdings in Rellingen nicht gekommen. Otto Hoge gehört trotz des Austritts der CDU-Fraktion an, mit der er auf örtlicher Ebene auch keine Probleme habe, wie er betont. Doch das war nicht immer so: Nach der Kommunalwahl im Mai 2013 wurde Hoge, damals noch Parteimitglied, überraschend per Kampfabstimmung als Kandidat für den Posten des Ersten stellvertretenden Bürgermeisters Rellingens gewählt. Der langjährige Amtsinhaber Eckhard Schlesselmann, CDU, unterlag. Wegen Kritik aus der Mitgliedschaft über das per Zufallsmehrheit zu Stande gekommene Ergebnis, stimmte Hoge jedoch einer Neuwahl zu, bei der er nicht mehr antrat und Schlesselmann als einziger Bewerber wiedergewählt wurde. Zwar habe das Verhältnis zu Schlesselmann etwas gelitten, so Hoge. In der politischen Zusammenarbeit sei man sich aber weiterhin einig.