Eine Glosse von Michael Bellmann

In der Halstenbeker Wohnmeile allerdings stehen sie bereits in voller Pracht. Hübsch ausgerichtet, rund sieben bis neun Meter hoch, säumen sie zu beiden Seiten den Straßenrand. In allen Farben, mehr oder weniger originell, treiben sie ihre merkwürdigen Blüten.

Bei Sonnenschein flattern sie fröhlich im Wind, bei Regen und Flaute hängen sie traurig herunter, und an stürmischen Abenden jagen ihre Geräusche einem den kalten Schauer über den Rücken. Dafür sie brauchen sie keinen grünen Daumen, werden nicht größer und werfen im Herbst kein Laub ab –pflegeleicht und nahezu kostenneutral. Vor kurzem hat man „aufgeforstet“, nun sind es schon 96 Ganzjahresblüher und ganze 14 „echte“ Jungbäume.

Eigentlich dachte ich immer, ich wohne in der „Wiege des Waldes“. Hat sich da was geändert? Warum nutzt das größte Baumschulengebiet Europas die viel besuchte Wohnmeile nicht als Chance, um für sich zu werben? Man könnte den Besuchern zeigen, dass man erst einmal Bäume braucht, um vernünftige, nachhaltige Möbel zu bauen. Und dass Bäume nicht nur hübsch anzusehen sind, sondern eine wichtige ökologische Funktion haben. Man könnte einen Baumlehrpfad anlegen, mit Info-Tafeln für die unterschiedlichsten Bäume, die man sich in den Garten pflanzen kann. Man könnte? Man sollte!

Bevor wir demnächst den 100. Flatterbaum feiern, setze ich mich lieber in den Garten und lese Gedichte von Eduard Mörike. Da blüh’ ich auf!