Untere Naturschutzbehörde kritisiert Arbeit des preisgekrönten Robustrindervereins im Liether Moor

Klein Nordende. Die Robustrinder weiden friedlich im Liether Moor. So schnell bringt sie nichts aus der Ruhe. Schon gar nicht das Kompetenz-Gerangel zwischen Unterer Naturschutzbehörde, Robustrinderverein und Betreuungsverein Liether Moor.

Dieter Wichmann, Erster Vorsitzende des Vereins für Robustrinderhaltung im Liether Moor, hatte 2010 die Idee, Highland-Cattle als Landschaftspfleger für die hiesige Moorlandschaft einzusetzen. Er pachtete vom Betreuungsverein Liether Moor ein Stück Land, auf dem die Rinder durch Verbiss und Tritt Mosaike aus Weiderasen, Hochstaudenfluren, offenen Böden, Gebüschen und Wäldern schaffen.

Die Mitglieder des Robustrindervereins ergänzten die naturnahe Beweidung durch klassische Biotoppflege und Pflege eines Rundwanderwegs durchs Moor. Zudem versuchen sie, die hiesige Natur den Menschen nahe zu bringen. In der sogenannten Kuhschule, in einem Bauwagen, erfahren Kinder aus Schulen und Kitas der Umgebung, was da vor ihrer Nase so kreucht und fleucht. Das ehrenamtliche Engagement des Vereins wurde im vergangenen Jahr sogar mit dem ersten Preis des Hanse-Umweltpreises für Natur- und Umweltschutz ausgezeichnet und war zuvor Preisträger im Wettbewerb „365 Orte im Land der Ideen“. 500 Besucher kamen an zwei Tagen, um die Auszeichnung feiern – mit Genehmigung der Behörden.

Das beeindruckt die Untere Naturschutzbehörde des Kreises wenig. Sie findet, Wichmann gehe zu weit, entscheide eigenmächtig und verstoße gegen Auflagen. Im vergangenen Sommer erhielt Wichmann daher ein Schreiben vom Fachdienst Planen und Bauen des Kreises mit der Aufforderung, unzulässige bauliche Anlagen zu beseitigen. Gemeint sind der Bauwagen und ein transportables Toilettenhaus sowie einige Holzbänke, die angeblich das Gleichgewicht der sensiblen Natur stören. Auf dem gleichen Flurstück, nur ein paar Schritte weiter, steht die Werkstatt des Verpächters. An dieser stößt sich in der Naturschutzbehörde allerdings niemand. Zudem stand der Bauwagen seit sieben Jahren im Liether Moor, nur 200 Meter vom jetzigen Standort entfernt, ohne dass sich darüber jemand beklagte. Um einer „gebührenpflichtigen Beseitigungsanordnung“ zu entgehen, lagerte Wichmann über den Winter seine „baulichen Anlagen“ ein. Doch mit dem Frühling soll der Betrieb an der Kuhschule wieder aufgenommen werden.

Die Vermittlungsversuche des Bürgermeisters Hans-Barthold Schinckel führten bislang noch nicht zu einer Lösung. Drei Gespräche zwischen Kreis und Gemeinde blieben ergebnisoffen. „Es gibt noch keinen neuen Sachstand“, sagt Andreas Köhler, Leiter des Fachbereichs Bürgerservice, Recht und Bauen. „Die Erurierungsgespräche laufen.“

Bisher allerdings ohne Wichmann. Er sei ausdrücklich nicht erwünscht gewesen, sagt dieser. „Ich habe außerdem die Kreispolitiker und Mitarbeiter des Bauamtes mehrere Male eingeladen, sich die Arbeit vor Ort anzuschauen“, sagt Wichmann. Doch niemand sei erschienen. Dabei wolle er doch nur, dass sie ihm zeigen, wogegen er verstoße und was er besser machen könne. Zumindest die Gemeindevertreter von Klein Nordende und des Umweltausschusses werden Anfang April seiner Einladung folgen und sich vor Ort von den Gegebenheiten ein eigenes Bild machen.

„Grundsätzlich begrüßen wir die Robustrinderhaltung im Liether Moor und auch die Öffentlichkeitsarbeit des Robustrindervereins“, sagt Jörg Kastrup von der Unteren Naturschutzbehörde auf Anfrage des Abendblattes. Allerdings kritisiert er den Alleingang Wichmanns. „Ich hätte mir gewünscht, dass wir im Vorfeld mehr eingebunden und nicht vor vollendete Tatsachen gestellt worden wären.“ Gespräche mit Wichmann seien zäh verlaufen, deswegen habe man sich zunächst mit Bürgermeister Schinckel und seinem Vertreter allein beraten, um eine Lösung zu finden. Diese könnte sein, die Gemeinde stärker in das Projekt einzubinden, indem beispielsweise ein Rastplatz für Wanderer dichter an die Kuhschule verlagert und so ein öffentlicher Charakter geschaffen wird.

Wichmann hält an seinen Plänen fest. Auf der Hauptversammlung am vergangenen Freitag im Töverhuus haben die Mitglieder des Vereins festgelegt, jeden ersten Sonntag im Monat von 14 Uhr an in der Kuhschule abwechselnd Vorträge zum Naturschutz zu halten. Am Sonntag, 25. Mai, lädt Wichmann ein, das Gebiet mit ihm zu durchwandern. Dabei wird er viel zu den Kühen und dem Moor erklären. Treffpunkt ist um 11 Uhr in der Kuhschule, Liether Moor 1, in Klein Nordende. Und am Sonntag, 17. August, 11 bis 18 Uhr plant er wieder den Tag der offenen Weiden. Es gehe in der Sache nicht um ihn, so Wichmann. Am Ende seien es vor allem die Kinder, die unter der ausufernden Bürokratie zu leiden hätten.