Innenminister Andreas Breitner weiht die modernste Ausbildungsstätte der Landespolizei in Norderstedt ein. Praxisnahe Schulung für die Beamten

Kreis Pinneberg/Norderstedt . Die Polizeidirektion Bad Segeberg verfügt jetzt in Norderstedt über die modernste Einsatz-Trainingsstätte der gesamten Landespolizei Schleswig- Holstein. Innenminister Andreas Breitner überzeugte sich selbst von den technischen und personellen Möglichkeiten, die dieses neue Ausbildungszentrum den 780 Beamten der Schutz- und den 93 Beamten der Kriminalpolizei innerhalb der Direktion bietet, die für die Sicherheit der 570.000 Bürger in den beiden Kreisen Pinneberg und Segeberg verantwortlich sind.

„Dies ist die mit Abstand modernste der sieben Übungsstätten, die der Polizei in Schleswig-Holstein jetzt zur Verfügung stehen“, lobte Minister Breitner die Räumlichkeiten am Kösliner Weg in Norderstedt.

Dort, in einer 750 Quadratmeter großen Halle, die lange leer stand und in der bis vor wenigen Jahren ein Druckmaschinenhersteller produzierte, der dann pleite ging, können jetzt bis zu 18 Polizeibeamte gleichzeitig für alle möglichen Sicherheitslagen praxis- und realitätsnah ausgebildet werden. Eine Polizeiwache, zwei Gefängnisräume und eine Wohnung seien hier in leichter Sperrholzweise aufgebaut und könnten jederzeit für andere Zwecke umgebaut werden, erklärt Dirk Peters, einer der einsatzleitenden Beamten.

So kann hier das richtige Verhalten der Polizeibeamten gezeigt und nachgestellt werden, wenn ein Betrunkener in die Arrestzelle abgeführt werden muss oder Polizeibeamte zu einem Einsatz wegen häuslicher Gewalt um Hilfe gerufen werden. Auch Fahrzeuge aller Art können in der großen Halle stehen und fahren, sodass die Absicherung bei einer routinemäßigen Verkehrskontrolle ebenso geübt werden kann wie die Festnahme eines flüchtigen bewaffneten Räubers nach einem Überfall.

In einem beeindruckende Beispiel zeigte Einsatzleiter Siegfried Wilken mit seinem Team, wie ein psychisch kranker Mann, der schreiend mit zwei Messern rumfuchtelt, gefahrlos entwaffnet und mit dem sogenannten ballistischen Schild mühelos von einer Beamtin zu Boden geworfen und fixiert werden kann. Bei diesen Übungen gehe es insbesondere darum, das richtige Verhalten im Verhältnis zu Einsatz und Lage so zu trainieren, dass es bei den Beamten ins Unterbewusstsein übergeht. So könnten sich Automatismen bilden, die den eigenen Einsatz absichern und zugleich den größtmöglichen Effekt bei geringstmöglichem Aufwand und Einschränkungen für den Betroffenen nach sich ziehen, erläutert Peters.

Innenminister Breitner, früher selbst Polizeibeamter, war so beeindruckt, dass er sich kurzerhand als Opfer zur Verfügung stellte. Auf einer Trainingsmatte spielte er den betrunkenen Gast einer Wirtschaft, der sich mit Händen und Füßen dagegen wehrt, von zwei Polizeibeamten abgeführt zu werden. In Sekundenschnelle und problemlos packten Alexandra Peters und Holger Lüthje mit dem Armstreck-Hebelgriff ihren obersten Dienstherrn am Schlafittchen und warfen ihn zu Boden. „Das wollen viele gerne“, lachte Breitner.

Die Qualität der Aggressionen gegen Polizeibeamte nimmt zu

Die Idee für diese Übungsräume, die für 175.000 Euro mit modernster Technik, Kameras und Bildschirmen ausgestattet sind, damit jede Übung auf Videoaufzeichnung überprüft werden kann, hatte der vor einem Jahr pensionierte Polizeidirektor Heinz Parchmann, der viele Jahre die Inspektion Pinneberg leitete. „Unser Übungsraum im Keller des Dienstgebäudes in Bad Segeberg war voll Wasser gelaufen und somit unbrauchbar geworden“, erklärte Parchmann, der auch in Norderstedt dabei war. Darum suchte die Direktion nach einer Alternative und wurde in der ehemaligen Gewerbehalle in Norderstedt fündig.

Gerade die zunehmende Gewalt gegen Polizeibeamte mache solche alltagsnahen Trainingsmöglichkeiten notwendig, sagte Parchmanns Nachfolger als Polizeidirektor, Andreas Görs. Knapp 1200 Gewalttaten gegen Polizisten gab es voriges Jahr in Schleswig- Holstein. Dabei wurden 354 Beamte verletzt.

Zwar sei die Zahl der Straftaten und der verletzten Beamten zurückgegangen, gleichwohl nehme die Qualität der Gewalt gegen Beamte zu, sagte Breitner. „Die Aggression gegen Polizeibeamte ist teilweise sehr groß“, so der Minister. Es komme nicht nur zu Pöbeleien und Beleidigungen, häufig würden die Angriffe mit Schlägen und Tritten, aber auch mit Stich- und Schlagwaffen ausgeführt.

„Dafür habe ich überhaupt kein Verständnis und keine Akzeptanz. Es gibt keinen Grund, mit Pflastersteinen auf Polizeibeamte zu werfen, selbst wenn sie einen Demonstrationszug anhalten müssen“, spielte Breitner auf die jüngste Eskalation im Hamburger Schanzenviertel an.