Glosse von Manfred Scholz über die Frage aller Fragen

Ein guter Mann, mit dem ich kürzlich ins Gespräch kam: Interessante Ansichten, vielseitig interessiert. „Seien wir doch glücklich“, meinte er, „dass zu unserer Zeit so fantastische Popmusik gemacht wurde.“ Alles sei ehrliche Handarbeit gewesen. Fröhlich listete er die Helden von einst auf und erwähnte unter anderem Led Zeppelin, Kinks oder The Who. „Heutzutage“, knurrte er, „wird doch nur austauschbarer Computermist produziert.“ Die Besten seien für ihn allerdings die Beatles gewesen. Ich erstarrte. Vor mir tat sich von einer Sekunde zur anderen ein Abgrund auf. Ich bin Stones-Fan.

Es gibt Konflikte, die überdauern Jahrzehnte. Beatles oder Rolling Stones? Das war früher eine Grundsatzentscheidung. Diese Frage spaltete die Schulhöfe. Zwei Lager standen sich unversöhnlich gegenüber. Nett und adrett wie die blitzsauberen Pilzköpfe oder frech und ungepflegt wie die rollenden Steine? Und: Wer schrieb die besseren Songs und wer war lässiger? Und welche Musiker waren die besseren Rampensäue? Über so etwas diskutierten wir damals mit aller Leidenschaft.

Auch die Fans sind in die Jahre gekommen. Längst haben die Pop-Experten ihr Urteil gefällt. Beatles und Stones waren Stil prägende Bands, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Beide lieferten Jahrhundertsongs ab, aber auch weniger tolle Sachen. Mit dem Beatles-Fan hab ich übrigens noch ein Bier getrunken. Eigentlich ein ganz netter Kerl.