In Regio-Einrichtungen gilt ein strenger Hygiene-Standard. 265 Patienten waren 2013 mit resistenten Erregern infiziert

Kreis Pinneberg. Die Hygiene spielt in Krankenhäusern eine immer größere Rolle. Wie wichtig diese ist, zeigte sich vor drei Jahren, als das Darmbakterium Ehec beinahe eine Epidemie auslöste. Innerhalb von nur vier Wochen waren im Kreis Pinneberg 250 Menschen erkrankt. Regio-Kliniken und Kreisverwaltung planten schon, eine Ehec-Notfallstation in der Marseille-Kaserne einzurichten, berichtete später der Ärztliche Direktor Thorsten Wygold. Dann entspannte sich die Lage, die Quarantäne-Station war nicht mehr notwendig. Doch 15 Menschen aus dem Kreis litten an dem durch Ehec ausgelösten HU-Syndrom, sodass sie zur Dialyse mussten. Eine Seniorin starb im Juni 2011 im Klinikum Pinneberg an einer Ehec-Infektion.

Diese gefährliche Entwicklung von sich schnell übertragenden Krankheitserregern war nicht direkt dafür verantwortlich, betont Regio-Klinik-Sprecher Sebastian Kimstädt. Dennoch greift seit 2012 in dem Krankenhausbetrieb mit seinen 960 Betten, der in den Kliniken Pinneberg, Elmshorn und Wedel 36.600 Patienten im Jahr behandelt, ein systematisches Hygiene-Management. Dafür sind klinikübergreifend die Hygiene-Fachkräfte Martina Richter und Heidrun Groten-Schweitzer verantwortlich. Zwar hatte zuvor bereits Krankenschwester Grazyna Sawiel ein Hygiene-Regime installiert, das beim Ausbruch der Ehec-Epidemie mit dafür gesorgt habe, dass die Ausbreitung relativ schnell eingedämmt werden konnte.

Aber seit 2012 folgt das Hygiene-Management bei den Regio-Kliniken einem genau festgelegten Ablaufplan. So müssen Risiko-Patienten innerhalb von 36 Stunden auf Krankheitserreger untersucht werden. Dazu gehören alle Patienten aus Seniorenheimen sowie alle, die offene Wunden haben, an Druckgeschwüren leiden, Blasenkrankheiten oder den sogenannten diabetischen Fuß haben, erläutert Martina Richter. Von ihrem Büro in Elmshorn aus überwacht sie über das interne Kommunikationssystem, ob sich alle strikt daran halten.

Zehn Prozent der infizierten Patienten haben sich im Krankenhaus angesteckt

Jeder Patient mit dem Bakterium Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA), das Muskelerkrankungen, Lungenentzündungen oder toxische Schocksyndrome auslösen kann, oder multiresistenten gramnegativen Erregern (MRGN), die Darmkrankheiten verursachten und in ihrer schwersten Form gegen alle vier Hauptgruppen von Antibiotika immun sind, wird sofort isoliert. Allein im vergangenen halben Jahr gab es bei den Regio-Kliniken 2018 Isolierungstage. Kein anderer Patient darf wegen der Ansteckungsgefahr in die Nähe dieser Patienten kommen. Angehörige dürfen nur mit Kittel und Mundschutz ins Zimmer. Zudem müssen sie vor und nach dem Besuch ihre Hände desinfizieren.

Im vorigen Jahr gab es bei den Regio-Kliniken 230 Fälle von MRSA- und 35 schwerere Fälle von MRGN. Beide Erreger gelten als typische Krankenhauskeime, was aber nicht richtig sei, betont Martina Richter. „In den meisten Fällen sind die Patienten bereits vor ihrer Einlieferung ins Krankenhaus mit diesen Keimen infiziert. Sie tragen die Keime schon mit sich, wenn sie zu uns kommen.“ Das lässt sich auch an Zahlen belegen. So wurden von den 230 MRSA-Fällen bei den Regio-Kliniken lediglich 23 erst zwei Tage oder später nach ihrer Aufnahme entdeckt. In 90 Prozent der Fälle seien die Keime demnach in das Krankenhaus mitgebracht worden. Durch das Screeningverfahren seien sie sofort entdeckt worden.

Der Wert von zehn Prozent an nosokomialen Fällen, wie die Krankenhauskeime in der Fachsprache genannt werden, sei im Vergleich zum Bundesdurchschnitt aller Krankenhäuser, der 13 Prozent beträgt, relativ gut, sagt Kliniksprecher Kimstädt. Allerdings liegen die deutschen Kliniken weit hinter Skandinavien oder den Niederlanden, wo der Wert nur drei Prozent beträgt.

Während der MRSA-Keim seit rund 40 Jahren bekannt sei und die Kliniken dies relativ gut im Griff hätten, mache der Darmkeim MRGN der Medizin zunehmend das Leben schwer. Vor allem die Fleischindustrie würde dazu beitragen, sagt Heidrun Groten-Schweitzer und nennt Zahlen. So verbrauchen alle deutsche Kliniken zusammen 40 Tonnen Antibiotika, die Tierzucht dagegen 750 Tonnen im Jahr. Über den Fleischverzehr gelängen viele dieser Erreger in den menschlichen Körper. Denn der übermäßige Gebrauch von Antibiotika gilt als Ursache der Keimvermehrung.

In jedem der drei Regio-Krankenhäuser werden viermal im Jahr Ärzte und Schwestern im Hygiene-Management ausgebildet. Inzwischen verfügen die Kliniken über 80 Hygiene-Schwestern und 13 Hygiene-Ärzte. Zudem gibt es Standardveranstaltungen, die jeder Mitarbeiter, der Kontakt zu Patienten hat, absolviert haben muss. Dabei erfährt er zum Beispiel, wie er sich richtig desinfiziert und dass das Tragen von Ringen bei der Arbeit verboten ist.

Die internen Daten laufen in München beim Chef-Hygiene-Arzt zusammen

Jeden Monat liefern die Regio-Kliniken ihre Daten zu den Krankenhauskeimen an Heinrich Geiss nach München, dem Chef-Hygiene-Arzt des Sana-Klinikkonzerns, bei dem alle Daten zusammenlaufen. Diese zusätzliche interne Kontrollstelle sei ein weiterer Baustein in der Gesundheitsvorsorge, meint Martina Richter. Und Heidrun Groten-Schweitzer, die wie ihre Kollegin seit vielen Jahren auch für Gesundheitsbehörden und externe Labors in Sachen Krankenhaushygiene arbeitet, sagt voller Überzeugung: „Der Hygiene-Standard in den Regio-Kliniken ist vorbildlich und sehr hoch.“