Schleswig-Holstein Musik Festival: Mit 14 Konzerten gibt sich die Weltelite der Zunft im Kreis Pinneberg die Ehre

Lieber romantische Sonaten in Vollendung oder freches Tastenkabarett? Internationale Stars wie die britischen King’s Singers oder experimentierfreudige Ensembles wie etwa Spark? Am liebsten einfach alles. 14 Mal macht das Schleswig-Holstein Musikfestival im Sommer 2014 im Kreis Pinneberg Station. Und was zwischen dem 10. Juli und dem 28. August in den Kirchen, Scheunen, Hallen und Bootsschuppen zwischen Düpenau und Krückau geboten wird, dürfte nicht nur Klassikliebhabern die Auswahl schwer machen.

Ins Auge fällt vor allem die ungewöhnliche Konzerthäufung in Haseldorf. Statt wie sonst üblich drei, maximal vier Abende lang verwandelt sich der ehemalige Rinderstall satte sechs Mal in einen rustikalen Konzertsaal. An keinem der anderen vier Festivalorte gibt es so viel Musik. Und nur hier tritt auch der Star dieses Festivalsommers auf, die argentinische Edel-Cellistin Sol Gabetta. Um sie und um das Werk des Großkomponisten Felix Mendelssohn Bartholdy dreht sich in diesem Jahr das komplette Programm.

Im Kreis Pinneberg gestaltet Gabetta den Festivalauftakt mit einem ausgesprochen romantischen Programm. Am Donnerstag, 10. Juli, spielt sie mit ihrem langjährigen Klavierpartner Bertrand Chamayou Mendelssohns Sonate für Klavier und Cello D-Dur, op.58, sowie Werke von Beethoven und Chopin. Überhaupt ist die dörfliche Festivalzentrale 2014 eine gute Adresse für Fans von Geige, Bratsche und Cello. Unter den dicken Balken gibt sich die allererste Garde der Saitenzauberer den Bogen in die Hand: Unterstützt von Schauspieler Christian Brückner, der deutschen Synchronstimme von Robert de Niro, zelebriert das Fauré Quartett Mendelssohns Klavierquartette, das Artemis Quartett widmet sich Mozart und – natürlich – Mendelssohn. Und auch die Karten für das Gastspiel von Geigenstar Daniel Hope dürften rasch knapp werden.

Aber Haseldorf wäre nicht Haseldorf, wenn dort nicht auch die jungen Querdenker und Spaßvögel der Branche auftrumpfen dürften. So bringt das recht spezielle Ensemble Spark mit seinem Mix aus Blockflöten, Streichinstrumenten und Klavier eine schillernde, rhythmisch-groovende Version des Mendelssohn-Klassikers „Lieder ohne Worte“ aus der Feder des türkisch-amerikanischen Komponisten Kamran Ince auf die Bühne. Laut und lustig dürfte auch der Auftritt der Formation tenThing werden: Zehn junge Blechbläserinnen nehmen mit Trompeten, Posaunen und Tubas die musikalischen Geistesblitze von Bizet bis Piazolla auseinander.

Die herausragende Akustik der Rellinger Kirche ist der perfekte Rahmen für Weltstars wie Klarinetten-Ikone Sabine Meyer und die beste Boygroup der Klassik, die britischen King’s Singers. Kein Wunder, dass sich das barocke Achteck in fast 30 Festivaljahren zu einer Art Wohnzimmer dieser Musiker gemausert hat. Wer mitfeiern möchte, sollte sich sputen: Erfahrungsgemäß sind die Konzerte dieser Publikumslieblinge im Handumdrehen ausverkauft. Vom Feinsten ist auch das dritte und letzte Rellinger SHMF-Konzert 2014. Begleitet von Pianist Christian Zacharias holt Geigenvirtuose Frank Peter Zimmermann die Sterne vom Sonatenhimmel. Und gönnt dem Publikum mit einem reinen Beethoven-Programm eine Pause vom allgegenwärtigen Mendelssohn.

In der nach Pferd und Sägespänen duftenden Luft der Elmshorner Reithalle kommt vielleicht nicht das Beste zum Schluss – das ist ja immer Geschmackssache –, aber eindeutig der namhafteste unter den Gästen des Festivalsommers. Bariton Matthias Goerne bringt im Verbund mit den virtuosen Routiniers des Ensemble Resonanz Lieder von Mendelssohn und Bach zu Gehör. Deutlich entspannter dürften die ironischen „Klaviersdelikte“ des Tastenkabarettisten Bodo Wartke ausfallen. Er hinterfragt die „swingenden Notwendigkeiten“ von Zeitgeist und Alltag auf poiniert-amüsante Weise. Musikalischen Humor beweisen zum Auftakt der Elmshorner SHMF-Trilogie auch die beiden Sängerinnen Simone Kermes und Vivica Genaux, die unter dem Motto „Barocke Rivalitäten“ die Schlammschlacht der gefeierten Diven Faustina Bordoni und Francesca Cuzzoni nachempfinden, indem sie die schönsten der Arien und Duette singen, die die Großkomponisten jener Zeit den Streithennen auf die Stimmbänder schneiderten.

Wer nach so viel Klassik und Mendelssohn mal eine Pause braucht, dem seien die beiden Konzerte in Wedel und Schenefeld empfohlen. Zum zweiten Mal nach 2012 macht der Festivalzirkus Station im Wedeler Bootsschuppen 1. Vor maritimer Kulisse zeigt „Tatort“-Kommissar Axel Prahl mit dem Inselorchester dort seine sängerischen Qualitäten. Und auch Schenefeld ist in diesem Jahr nach einer Pause erneut dabei. Sängerin Etta Scollo und Schauspieler Christian Redl wollen mit sizilianischen Liedern und Texten süditalienisches Flair im Forum verbreiten. Begleitet werden sie dabei von Cellistin Susanne Paul, Akkordeonistin Cathrin Pfeifer und dem Multi-Instrumentalisten Hinrich Dageför.