„Eis-Enten“ aus Tornesch und Moorrege fliegen zu internationalen Wettkämpfen im Winterschwimmen am Polarkreis

Tornesch. Für ein erfrischendes Bad im See sägen sie schon mal ein Loch ins Eis. Petra und Uwe Schankin und Holger und Sabine Kriech aus Tornesch sowie Timm Mehrens aus Moorrege frönen einem Hobby, bei dem anderen Menschen schon beim Zuschauen der Atem stockt. Sie baden im Eis. In zwei Wochen verschlägt es die eingeschworene Truppe an den Polarkreis. Denn in der finnischen Stadt Rovaniemi, der Hauptstadt Lapplands, werden vom 20. bis 23. März die Weltmeisterschaften im Winterschwimmen ausgetragen. Die Fünf werden dort unter dem Namen „Glinder Eis-Enten“ mit anderen Hartgesottenen im zirka ein Grad kalten Wasser um die Wette schwimmen.

Vorbereitung mit Wechselduschen? Das geht dann doch zu weit. „Ich dusche nie kalt“, sagt Petra Schankin. Dafür springt sie mit ihren Mitstreitern vier bis fünf mal in der Woche im verlassenen Freibad Oberglinde in Moorrege ins momentan vier Grad kalte Wasser. Das härtet ab, stärkt Kreislauf und Immunsystem. „Wir sind fast nie erkältet“, sagt die DLRG-Schwimmtrainerin. Fit hält sie sich auch mit Triathlon. Beim Ostseeman in Glücksstadt schwamm sie im Sommer gemeinsam mit Sabine Kriech 3,8 Kilometer, fuhr 180 Kilometer Rad und lief 42 Kilometer.

Petra Schankin ist Vizeweltmeisterin auf der 25-Meter-Strecke im Eiswasser

Selbst bei einer Wassertemperatur von nur einem Grad kann Schankin auf 25 Metern im Brustschwimmen noch Tempo machen. Das hat sie 2013 bei den Weltmeisterschaften in der lettischen Hauptstadt Riga bewiesen, an denen 1000 Menschen teilnahmen. Mit 21,35Sekunden hängte sie die Konkurrenten in der Altersklasse 50 bis 54 Jahre ab und wurde Vizeweltmeisterin. Nur eine Finnin war schneller.

Zum ersten Mal ausgetragen wurden die „Winter Swimming World Championships“ 1999 im finnischen Jyväskylä. Bei Lufttemperaturen von minus zehn Grad wurde aus den 40 Zentimeter dicken Eis auf einem zugefrorenen See ein Bereich von von 25 Meter Länge und zwölfMeter Breite herausgesägt – das Schwimmbecken. Die Bahnen wurden mit Umwälzanlagen frei gehalten. Im folgenden Winter meldeten sich bereits 700 Teilnehmer an. Die meisten Eisschwimmer kamen aus Finnland und Russland. Im Laufe der Zeit ging es immer internationaler zu.

„Die Skandinavier und Russen sind immer noch stark vertreten“, sagt Holger Kriech. „Die Russen nehmen den Wettkampf sehr ernst, rücken sogar mit Pressesprechern an.“ Aber auch einige „Exoten“ aus eher sonnenverwöhnten Orten in Australien oder Brasilien nehmen teil. Die Disziplinen sind nicht offiziell festgelegt. Die Strecken werden in den Austragungsorten festgelegt. Meistens werden Freistil und Brust auf 25-Meter-Strecken ausgetragen. „Es gibt aber auch Eisschwimmen über 450 Meter“, sagt der 57-Jährige. Dafür ist ein ärztliches Attest notwendig. „Wir bleiben bei 25 Metern.“ Auch am Staffelschwimmen werden sie teilnehmen und dabei ihre schwarz-rot-goldenen Mützen tragen, die Schankins Tochter Franziska extra gehäkelt hat.

Mützen und Schwimmbrillen sind erlaubt, wärmende Hautpflegemittel, Handschuhe und Neoprenanzüge nicht. Für die offiziellen Wettkämpfe müssen die Teilnehmer Badehose oder -anzug tragen. „Wir starten stehend von einer Leiter aus“, sagt Petra Schankin. Die Schultern sind dann bereits im Wasser. Kopfsprünge sind strengstens verboten. Gestartet wird unterteilt nach Altersgruppen und Geschlecht.

Entdeckt haben die Eisbader ihre Leidenschaft vor drei Jahren. „Zuerst wollten wir bis Ende September schwimmen, dann bis Ende Oktober und im Jahr darauf hatten wir uns Weihnachten als Ziel gesetzt“, sagt Uwe Schankin, 55, der den DLRG Region Uetersen leitet. Mittlerweile hat sich der Kreis auf zehn Schwimmer erweitert.

„Am schönsten ist es mit Eis“, sagt Holger Kriech. „Dann hat man auch das Gefühl, es ist kalt.“ Wieder aus dem Wasser raus, durchströme ein warmes Gefühl den Körper, obwohl sich die Haut noch ganz kalt anfühle. Wer nun auf den Geschmack gekommen ist, sollte aber nicht mitten in der Saison mit dem Eisbaden anfangen. „Man sollte schon im September oder Oktober beginnen, um den Körper allmählich an die fallenden Temperaturen zu gewöhnen“, sagt Kriech. Wer herzkrank ist, sollte allerdings ganz auf das ungewöhnliche Vergnügen verzichten.

Der Spaß steht im Vordergrund, auch die Gegner werden angefeuert

Bei den Weltmeisterschaften stehe vor allem der Spaß im Vordergrund. Auf dem Programm stehen daher auch nicht ganz ernst gemeinte Disziplinen mit hohem Unterhaltungsfaktor wie Wasserballett, Baden in ausgefallenen Verkleidungen oder „Dip into the water“, was nichts anderes bedeutet, als unter dem Jubel von Schaulustigen schnell rein zu hüpfen und vermutlich noch schneller wieder raus. Auch Kinder dürfen mitmachen, aber höchstens fünf Minuten im Eiswasser bleiben.

In Lettland wärmten sich die Teilnehmer der Weltmeisterschaft in großen Holzbottichen mit warmem Wasser auf und tranken heißen Blaubeersaft. „Umziehen mussten wir uns dann aber in einem unbeheizten Container“, sagt Petra Schankin und lacht. Solche kleinen Unannehmlichkeiten würden von der tollen Atmosphäre allemal wieder gutgemacht. „Obwohl nicht jeder Englisch spricht, verstehen sich alle“, schwärmt Petra Schankin. Auch die Gegner würden angefeuert. Trotz allem Spaß und sportlicher Kameradschaft – den Titel will die Vize-Weltmeisterin in Lappland auf jeden Fall verteidigen.