In Wedel zeigt Akkordeonist Frank Grischek am 28. Februar die „unerhörten“ Seiten eines unterschätzten Instruments

Wedel. Wer mit dem Akkordeon vor allem Schunkelglück im „Schneewalzer“-Takt oder maritime Trivialromantik à la „Biscaya“ von James Last verbindet, kennt Frank Grischek nicht. Unter den Händen des Hamburger Vollblutmusikers verwandelt sich das Instrument von einer vermeintlich hausbackenen Quetschkommode in eine vielseitige Tastendiva, die sogar solo eine aufregende Figur macht.

Leichthändig entlockt der 42-jährige Grischek seiner mächtigen Borsini Super Star glutvolle Tangoweisen und freche französische Musettes, klassische Fugen und bodenständige irische Weisen. Und zwar nicht etwa bühnenfröhlich, sondern mit einer denkbar missmutigen Miene.

Die gekonnt-griesgrämige Flunsch ist zum Markenzeichen des Musikers geworden. Selbst Dieter Hildebrandt, Übervater des politischen Kabaretts, erlag Grischeks „hinreißend beleidigtem“ (Zitat Hildebrandt) Mienenspiel. Bundesweit bekannt ist der in Norderstedt aufgewachsene Musiker vor allem als notenfester Sparring-Partner der Kabarettisten Henning Venske und Jochen Busse. Zuvor tourte er bereits mit Götz Alsmann und Atze Schröder durch die Republik. Seinen Durchbruch schaffte er 1996, als er – allerdings als Pianist – mit Kabarettistin Käthe Lachmann den NDR-Comedypreis gewann.

Auf Einladung des Kulturforums Wedel gastiert der Akkordeon-Mann am Freitag, 28. Februar, mit seinem ersten Soloprogramm „unerhört“ im Theater am Rosengarten 9. Von 20 Uhr an will er seinem Publikum mit einem Mix aus überraschenden Tastenfiguren und ironischen Alltagsbetrachtungen zwischen Konzertsaal und Fußgängerzone den Charme seines Lieblingsinstruments nahe bringen.

Diese Mission verfolgt er seit Vorschultagen. Und das, obwohl der überehrgeizige Vater dem vierjährigen Frank den Anfang nicht gerade leicht machte. Trotzdem blieb Grischek seiner blütenweißen Lucia 4P von Hohner treu, übte fleißig. Er hatte schnell begriffen, dass ihn die Fingerübungen von ungeliebten häuslichen Pflichten entbanden. 1978, da war Grischek sechs, stand er zum ersten Mal mit dem Akkordeonensemble seiner Musikschule auf der Bühne der Kleinen Musikhalle im Gebäude der heutigen Hamburger Laeiszhalle. Ein Familienfoto zeigt das Kind, das hinter dem gewaltigen Instrument beinahe verschwindet.

Frank Grischek hatte schon früh klare Ziele. Er wollte so gut spielen wie seine jeweiligen Idole, anfangs war das der schottische Folkmusiker Phil Cunningham, heute ist es Richard Galliano, der Elemente aus Jazz und Musette zum eleganten New-Musette-Stil verschmilzt.

Seine eigentliche Passion für das als angestaubt geltende Stiefkind unter den Tasteninstrumenten entdeckte Grischek aber als Jugendlicher, bei den Ohlsdorfer Pfadfindern. „Wir haben viel gesungen, da bot sich das Akkordeon an.“ Doch beim Hamburger Wettsingen der Stämme im Audimax der Universität sollte ausgerechnet das Akkordeon nicht zugelassen werden. Anders als Geige, Gitarre und Mundharmonika galt Franks weiße Lucia nicht als fahrtentüchtiges Musikinstrument. „Ich sollte auf die Klangstäbe degradiert werden. Dagegen bin ich Sturm gelaufen.“

Er setzte sich durch. Es mag geholfen haben, dass er mit seiner ersten Folkband rund ums Akkordeon bereits bei den Pfadi-Zeltlagern für Stimmung gesorgt hatte. Mittlerweile hatte Grischek sich zum Multi-Instrumentalisten entwickelt. Er spielt auch Trompete, Klavier, Tuba, Querflöte und die irische Tin Whistle.

1990 gründete der Schüler die Band The Roving Bottles, mit der er unter anderem auch auf dem Wedeler Theaterschiff Batavia Stimmung machte. Dass er beruflich etwas mit Musik machen wollte, stand früh fest. Seit mehr als 20 Jahren verdient er das Brot für sich und seine Familie – seinen heute 13-jährigen Sohn aus erster Ehe, die Lebensgefährtin und die gemeinsame dreijährige Tochter – als Bühnenbegleiter und Studiomusiker für so unterschiedliche Künstler wie Sängerin Mireille Mathieu und die französische Spottdrossel Alfons, Annett Louisan, Karl Dall oder das Kabarettduo Alma Hoppe.

In deren Stammspielstätte, dem Lustspielhaus in Eppendorf, traf er Henning Venske. Der kannte Grischek von einem Auftritt mit dessen Folktruppe und engagierte ihn als Solo-Akkordeonisten. „Bei unserem ersten Auftritt in Henstedt-Ulzburg bin ich 1000 Tode gestorben“, sagt Grischek. Statt wie sonst mit ein paar Jungs für Musik zu sorgen, während das Kneipenpublikum sich unterhält, oder im Studio eine Tonspur einzuspielen, stand er zum ersten Mal mit seiner Borsini allein auf der Bühne vor einem konzentriert lauschenden Publikum. „Ich hatte das Gefühl, alle warten nur darauf, dass ich mich verspiele.“

Prompt traf er einen falschen Ton. „Eigentlich wollte ich sofort aufstehen, meinen Stuhl zusammenklappen, mich bei Henning Venske und dem Publikum entschuldigen und einfach verschwinden.“ Doch der Perfektionist biss die Zähne zusammen und blieb. Lernte, sich über Fehler nicht mehr so zu ärgern. Das Schlüsselerlebnis in dieser Hinsicht sei der Kommentar einer Zuhörerin gewesen, die ihm nach einem Konzert sagte: „Ich bin so froh, dass Sie sich verspielt haben. Ich dachte schon, das wäre Playback.“