Blaualgenalarm, Verschlammung, Gänsealarm – Barmstedter Freibad könnte diesen Sommer geschlossen bleiben

Barmstedt. Den Badefreunden in Barmstedt und Umgebung droht in diesem Sommer ein weiterer Rückschlag. Wegen der enormen Verschlammung des Rantzauer Sees, zu der vor allem die vielen Gänse und Enten beitragen, die sich hier jedes Jahr zu Hunderten tummeln, könnte der Badebetrieb in diesem Jahr ganz eingestellt werden. Schon im vergangenen Sommer war das Bad wegen Blaualgenalarms wochenlang geschlossen. Zwar folgte der städtische Werkausschuss nicht dem Vorschlag des Werkleiters Fred Freyermuth, das Freibad dieses Jahr nicht aufzumachen. Doch letztlich entscheidet der Werkleiter als Betriebschef des Freibades allein. Er sagt: „Ich gehe im Moment davon aus, dass wir dieses Jahr das Freibad nicht öffnen werden. Die Wasserqualität hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht verbessert.“

Dies wäre nach dem Abriss des Strandbades am Bokeler See vor einem Jahr die zweite herbe Enttäuschung für alle Badefreunde im Raum Barmstedt. 9000 zahlende Gäste zählte das Freibad Barmstedt 2013. Eine Hoffnung gibt es noch. So wird zurzeit der Schlamm des Rantzauer Sees nach Menge und Schadstoffen untersucht, um die möglichen Sanierungskosten für die Stadt einzuschätzen. Das Ergebnis soll im März vorliegen, kündigt Stadtsprecher Wolfgang Heins an. Etwa 15 Jahre lang sei der Schlamm nicht mehr entsorgt worden. Zudem wollen die Jäger jetzt mithilfe einer zumindest im Kreis Pinneberg bislang noch nie ausprobierten Vergrämungsaktion die Gänse vom See verscheuchen, kündigt Heins an, der im Ehrenamt Kreisjägermeister ist.

Ursprünglich sollte sogar auf das Federvieh geschossen werden, hatte Barmstedts Umweltausschuss vorgeschlagen. Doch das gehe aus rechtlichen und Sicherheitsbedenken nicht, erläutert Heins. So dürfe man Wasserwildvögel nur mit Stahlschrot schießen, der leichter als Blei sei. Die Reichweite solcher Geschosse betrage rund 300 Meter. „Das ist viel zu gefährlich für die vielen Besucher des Sees und der Schlossinsel, für alle Fußgänger und Kleingärtner im Uferbereich“, sagt Heins. Abgesehen davon, sei der genehmigte Zeitraum für die Gänsejagd längst vorbei, die zurzeit nur im November/Dezember möglich ist und erst künftig von August bis Mitte Januar erlaubt sein soll. Auch eine konzertierte Nestplünderung, wenn die 200 Gänse, die hier jedes Jahr den See bevölkern, käme nicht infrage, so der Stadtsprecher. Diese nisten im gesamten Umland und seien für den Menschen kaum auffindbar.

Darum habe sich die Kreisjägerschaft eine neue Variante überlegt, die in anderen Ländern erfolgreich gegen Gänse eingesetzt worden sei. So soll der Uferbereich mit lauten Angstschreien dieser Vögel beschallt werden. „Gänse sind enorm lernfähig. Darum bringen Vogelscheuchen gar nichts“, sagt Heins. „Aber wenn sie Schreie hören, die ihnen signalisieren, dass ihre Artgenossen in akuter Gefahr sind, können sie nicht anders und müssen sofort flüchten. Das ist in ihrem Triebinstinkt drin.“ Im April wollen die Jäger diese akustische Aktion einmal ausprobieren, um die Gänse zu verscheuchen. Wenn es den erhofften Effekt hat, soll die Anlage im Mai in Betrieb gehen. Eine weitere Alternative wären Modellflugzeuge, die als Verscheuchungsdrohnen gegen Gänse im Uferbereich eingesetzt werden könnten, sagt Heins. Ob das aber eine nachhaltige Vertreibung des Federviehs mit sich bringt, sei zweifelhaft.

Ohnehin habe sich die Kanadagans, die die einheimischen Wildgänse weitgehend verdrängt hat, in jüngster Zeit stark vermehrt. Die Populationen hätten sich seit 1999 in Schleswig-Holstein beinahe verzehnfacht, erklärt Kreisjägermeister Heins. Im Kreis Pinneberg wurde damals eine Handvoll gejagt, voriges Jahr waren es 71.

Eine erzieherische Maßnahme mit einem möglichen Langzeiteffekt wäre es, Schülern beizubringen, dass Enten und Gänse am See nicht gefüttert werden dürfen, sagt Heins. Dann würden ältere Leute, die dies gern täten, die entsprechenden Hinweisschilder eher beachten, wenn ihre Enkel sie darauf aufmerksam machten, wie kontraproduktiv die Fütterung für die Wasserqualität des Sees ist, so der Stadtsprecher.

Werkleiter Fred Freyermuth glaubt nicht, dass diese Maßnahmen sofort greifen. „Selbst wenn wir die Gänse von heute auf morgen verscheucht bekämen: Die Wasserqualität bleibt immer noch schlecht.“ Nachhaltiger wäre aus seiner Sicht, in diesem Jahr das Freibad geschlossen zu halten, den Schlamm zu entsorgen und die Badewiese regenerieren zu lassen. Dann würde das Baden im See nächsten Sommer endlich wieder Spaß machen. Die ständige Ungewissheit, ob das Bad auf hat oder nicht, wie im vorigen Jahr könne er weder seinen Mitarbeitern noch den Badegästen zumuten. „Ein Ende mit Schrecken ist besser als ein Schrecken ohne Ende.“