23-jähriger Elmshorner gesteht, mit verbotenen Anabolika gehandelt zu haben. Er gehört zu einem Dopingring, der Ende 2012 aufflog

Elmshorn. „Was haben sie denn noch für monatliche Kosten?“ fragte Richterin Renate Päschke-Jensen den Angeklagten „Fitnessstudio“ kam es wie aus der Pistole geschossen zurück. „Aber ich trainier jetzt woanders. Und ohne diese Mittel“, ergänzte Anil D.. Die Mittel – das waren Anabolika. Etwa Testosteron Enantat oder Testosteron Propionat. Mittel, die in der Bodybuildingszene mal gerne unter dem Tresen verkauft werden. Mittel, die den 23-Jährigen jetzt vor dem Schöffengericht Elmshorn eine Bewährungsstrafe von 20 Monaten und eine Geldbuße von 1000 Euro einbrachten.

Denn der Elmshorner hatte die Mittel nicht nur selbst konsumiert, sondern den teuren Konsum auch durch den Weiterverkauf der Anabolika finanziert. Gewerbsmäßigen Handel mit verbotenen Substanzen, das verbotene Inverkehrbringen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und den Besitz von Dopingmitteln warf Staatsanwältin Sandra Nehlep Anil D. vor.

Der war Stammgast in der Athletenschmiede an der Max-Planck-Straße, nahm laut Anklageschrift einen Teil seiner Mittel von Studio-Betreiber Hans-Jürgen B. ab. Den halten die Ermittler für den Kopf eines Dopingringes, der mit Anabolika in nicht geringen Mengen sowie verschreibungspflichtigen Medikamenten handelte. Die Anklageerhebung gegen den ehemaligen Deutschen Seniorenmeister, dem 117 Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz zur Last gelegt werden, soll unmittelbar bevorstehen. Sein Studio Athletenschmiede wurde Ende 2012 von der Stadt geschlossen, weil es ohne Genehmigung betrieben worden war.

Am 1. November 2012 durchsuchten 230 Fahnder 41 Objekte in Schleswig-Holstein sowie in fünf weiteren Bundesländern. Auch das Kinderzimmer des damals 21-jährigen Angeklagten in der elterlichen Wohnung nahmen die Ermittler unter die Lupe – und trugen kartonweise verschiedene Testosteron-Präparate sowie verschreibungspflichtige Arzneimittel heraus. Teilweise waren sie bereits angebrochen, teilweise noch ungeöffnet.

Anil D. soll einer der 35 Helfershelfer von Hans-Jürgen B. gewesen sein. Seine Geschäfte wickelte der Elmshorner laut Anklageschrift konspirativ ab. So übergab er die illegalen Lieferungen gerne spätabends an menschenleeren Orten, etwa auf dem Gelände der KGSE oder dem Parkplatz des Max-Bahr-Marktes an der Lise-Meitner-Straße.

Vor Gericht machte Anil D. reinen Tisch. „Die Vorwürfe in der Anklageschrift treffen zu“, erklärte Verteidiger Sascha Böttner, nachdem Staatsanwältin Nehlep detailreich 18 Geschäfte, die der Angeklagte abwickelte, vorlas. Dank einer Telefonüberwachung konnten die Ermittler haarklein nachvollziehen, was der heute 23-Jährige an wen geliefert hat, welchen Preis er dafür erzielte und wo die Dopingmittel an die Käufer übergeben wurden.

Hinsichtlich der bei dem Angeklagten gefundenen und von ihm verkauften Mittel handele es sich „um das typische Spektrum von Dopingsubstanzen, die im Bodybuilding üblich sind“, heißt es in einem Gutachten der Deutschen Sporthochschule Köln. Anil D. konsumierte nicht nur verschiedene Testosteron-Präparate und Zusatzmittel wie Insulin und Clenbuterol, sondern unterdrückte die auftretenden Nebenwirkungen wie Akne oder gesteigerte Aggressivität wiederum mit verschreibungspflichtigen Medikamenten. „Das führt zu ganz gravierenden negativen Auswirkungen“, so Staatsanwältin Nehlep. Und Verteidiger Böttner ergänzte: „Der Beikonsum wird mitgenommen, dessen sind sich die jungen Leute auch bewusst. Dass Leberschäden oder Leberkrebs im Alter auf sie warten, wird ausgeblendet.“

Er zeichnete von Anil D. das Bild eines jungen, psychisch ungefestigten Menschen, der Sport treibt und neidisch auf die Erfolge der Mitsportler ist. „Man fragt den anderen, wie er das geschafft hat. Der erzählt von den Mitteln, die er genommen hat. Und so gerät man Stück für Stück in die Maschinerie hinein.“ Jetzt habe sich der Angeklagte jedoch gefangen.

Das erkannte das Schöffengericht an. Der 23-Jährige hat die Hauptschule abgeschlossen, eine Lehre erfolgreich beendet und ist von seinem Lehrbetrieb in Festanstellung übernommen worden. Zudem hat er dem Gericht durch sein Geständnis eine lange Beweisaufnahme erspart. „Sie wussten, was sie taten. Das ist ein Teufelskreis, und ich hoffe für sie, dass sie da raus sind“, so Richterin Päschke-Jensen.